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Rettet die Landschaft im Rotmaintal bei Melkendorf!

Verwaltungsgerichtshof in München lässt BN-Beschwerde nicht zu - "Jetzt kommt es auf die Grundstückseigner an"

20.05.2011

In der rechtlichen Auseinandersetzung um die vom Staatlichen Bauamt Bayreuth geplante Ortsumfahrung von Melkendorf, einem Ortsteil von Kulmbach (St 2190) hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits am 19.4.11 ohne mündliche Verhandlung entschieden, dass die Beschwerde des Bundes Naturschutz (BN) nicht zugelassen wird. Dem BN wurde die Entscheidung vor wenigen Tagen zugeleitet. Damit sind die rechtlichen Möglichkeiten des BN gegen den Bau der Ortsumfahrung mit den gigantischen Viadukten, Kreisverkehren, Dämmen und Einschnitten erschöpft. Die Beschwerde des BN richtete sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Bayreuth, in dem der Bau für rechtens erklärt worden war, obwohl die Landschaftseingriffe enorm wären, wichtige Belange nicht geprüft worden waren und vom BN vorgeschlagene Alternativen sogar nach Amtsangaben wesentlich preisgünstiger und flächensparender wären.

"Wir bedauern die Entscheidung des VGH sehr, zumal wir nicht mal angehört worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat leider seine bisherige Linie nicht überprüft, nach der Gerichte nur das prüfen, was der BN in seiner Stellungnahme im Planungsverfahren im Detail kritisiert hat. Das führte hier dazu, dass sogar vom Staatlichen Bauamt Bayreuth zugegebene Fehler wie die nicht durchgeführte spezielle artenschutzrechtliche Prüfung nicht mehr verfolgt wurden", so Tom Konopka, BN-Regionalreferent für Oberfranken.

"Jetzt kommt es auf die vielen von dem Straßenbau und den Ausgleichsmaßnahmen betroffenen Grundeigentümer an. Sie können den Bau noch aufhalten, wenn sie ihre Grundstücke nicht verkaufen und gegen die Enteignung klagen. Das kostet sie praktisch nichts, weil das Bauamt den Rechtsanwalt bezahlen muss", so Konopka.

"Wir sind bestürzt, dass trotz der guten Argumente gegen den Bau der Ortsumfahrung durch diese schöne Landschaft keinerlei Abstriche an den Planungen vorgenommen werden müssen. Wir sind weiterhin nicht überzeugt, dass der Bau notwendig und in dieser Dimension sinnvoll ist", so Dr. Bernd Matthes von der Bürgerinitiative Melkendorf. "Besser wäre es, der Freistaat würde die maroden Staatsstraßen sanieren statt immer Neue zu bauen."

Weil der Bau riesige Eingriffe in Natur und Landschaft mit sich bringen würde, kämpfen die Melkendorfer Bürgerinitiative und der Bund Naturschutz (BN) seit Jahren gegen das Projekt. Eine Klage des BN vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth gegen den Planfeststellungsbeschluss war jedoch 2009 abgewiesen worden. Nach dem Abweisen der Beschwerde durch den VGH Mitte April 2011 besteht nun Baurecht. Allerdings benötigt das Staatliche Bauamt dafür noch diverse Grundstücke und das zum Bauen nötige Geld.


Umstrittene Planung

Der BN und die Bürgerinitiative lehnen die Umfahrung von Melkendorf weiterhin ab, weil mit der geplanten 2,8 km langen Neubautrasse ein weiterer enormer Landschaftsverbrauch einherginge. Gigantische Brückenbauwerke östlich und westlich von Melkendorf würden das Landschaftsbild verunstalten. 4,7 Hektar landwirtschaftlich genutztes Land gingen dabei unter Asphalt und weitere 6,8 Hektar unter Einschnitten und Böschungen verloren. Riesige Flächen würden der Landwirtschaft zusätzlich für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen entzogen. Angesichts nicht vermehrbaren Bodens sehen sich hier der BN und die BI in ihrer Ablehnung durch die Umweltschutzgesetze gestützt. Auch die Position der Bayerischen Staatsregierung im Bündnis zum Flächensparen, nach der der Flächenverbrauch in Bayern (derzeit 16,4 ha/Tag!) dringend reduziert werden müsse, steht hier den Umweltschützern zur Seite.

Die Regierung von Oberfranken hatte 2009 Alternativplanungen zum Anschlussknoten Melkendorf-Ost vorgelegt, wie es das Verwaltungsgericht gefordert hatte. Demnach wäre ein geländegleicher Kreisverkehr statt der bisher vorgesehenen Viadukte, Rampen und Einschnitte nicht nur Flächen sparender, sondern auch 929.000 € billiger. Der laufende Unterhalt der Brücken ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Dies bestätigte die vor Gericht vorgetragene Position des BN. Allerdings folgte das VG Bayreuth der BN-Argumentation nicht und überließ es den staatlichen Planern, die Trasse nach eigenem Gutdünken zu gestalten.

BN und BI befürchten durch den Bau der Ortsumfahrung und ähnlicher Vorhaben den Bau eines weiteren Autobahnzubringers von Kulmbach zur A 70 durch die Hintertür.

Die Lebensräume streng- und besonders geschützter Arten, unter dem Schutz der europäischen Vogelschutz-Richtlinie und der Flora-Fauna-Richtlinie der EU stehender Arten wie Rebhuhn, Weißstorch, Bekassine, Kiebitz, Wachtelkönig, Braunkehlchen, Rohrweihe, Zauneidechse, Sumpfschrecke oder Storchschnabel-Bläuling würden beeinträchtigt. Allein die Aufzählung dieser Arten zeigt den besonderen Wert des Gebietes.

Auch der Hochwasserraum des Roten Mains müsste verkleinert werden.

Rechtlicher Hintergrund

Im Fall Melkendorf geht es um das Artenschutzrecht und die Pflicht der planenden Behörde Bauamt und der Aufsichtsbehörde Regierung, eine Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (SaP) durchzuführen. Nach Ansicht des BN kann es nicht rechtens sein, dass die Behörden eine gesetzlich vorgeschriebene SaP unterlassen.

Der BN fühlt sich in seiner Sichtweise bestätigt, weil das Staatliche Bauamt nach der Klageeinreichung gegen den Planfeststellungsbeschluss eine Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung nachreichte und die Regierung dies mit einem Ergänzenden Planfeststellungsbeschluss noch unterstützte. Damit wurde implizit zugegeben, dass die Pflicht zur SaP bestand und man fürchtete, die Klage vor dem VG Bayreuth zu verlieren.

Es ist leider rechtlich übliche Praxis, dass staatliche Behörden in laufenden Verfahren ihre Fehler "heilen" können, während dies Umweltverbänden und Privatklägern verwehrt bleibt. Diese Ungleichheit der Waffen ist vom Gesetzgeber so gewollt.

Die Behörden hatten ihre SaP aber auf die zwei europäisch geschützten Arten Weißstorch und Rebhuhn beschränkt. Sie argumentierten vor dem Gericht in Bayreuth, der BN habe in seiner ablehnenden Stellungnahme zur Planung der Straße nur diese beiden Arten explizit erwähnt, weshalb man weitere Arten nicht untersuchen müsse. Sie berufen sich dabei auf die sog. "Präklusion", die besagt, dass vor Gericht nur die Belange zu prüfen seien, die in der Einwendung im Anhörungsverfahren vorgebracht wurden.

In den öffentlich ausgelegten Planungsunterlagen waren aber neben Weißstorch und Rebhuhn noch viele weitere Arten benannt, deren Beeinträchtigung ebenfalls detailliert hätte untersucht werden müssen, darunter die Bekassine, ein gefährdeter und geschützter Watvogel, der Wachtelkönig, die Wachtel, der Kiebitz, die Zauneidechse u.v.a..

Der BN beruft sich dabei auf seine Aussagen in der schriftlichen Einwendung und die gesetzlichen Pflichten der Behörden, unabhängig davon, ob alle Arten im Detail mit ihren Beeinträchtigungen vom BN aufgeführt wurden.

 

Kosten der Klage

Der Bund Naturschutz finanziert als ehrenamtlich tätiger Verein seine Verbandstätigkeiten aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Er ist von staatlichen Zahlungen oder Sponsoring der Wirtschaft völlig unabhängig.

BN-Spendenkonto: Bund Naturschutz, Bank für Sozialwirtschaft,
Kto. 9300 000 050, BLZ 700 205 00, Stichwort: Klage Melkendorf

 

für Rückfragen:
Tom Konopka, Regionalreferent für Oberfranken, Tel. 0911/81 87 8-14
Fax 0911/86 95 68, Mail tom.konopka(at)bund-naturschutz.de

Dr. Bernd Matthes, BI Melkendorf, Tel. 09221/66715, bernd_matthes@web.de