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Tiere und Pflanzen

Rettet die Landschaft im Rotmaintal bei Melkendorf

Bund Naturschutz legt Klage beim Verwaltungsgerichtshof in München ein

12.03.2010

Die rechtliche Auseinandersetzung um die vom Staatlichen Bauamt Bayreuth geplante Ortsumfahrung von Melkendorf (St 2190) geht in eine weitere Runde.

 

Weil der Bau riesige Eingriffe in Natur und Landschaft mit sich bringen würde, kämpfen eine Melkendorfer Bürgerinitiative und der Bund Naturschutz (BN) seit Jahren gegen das Projekt. Eine Klage des BN vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth gegen den Planfeststellungsbeschluss war jedoch 2009 abgewiesen worden. Damit bestünde nun Baurecht, würde die Klage nicht vor dem VGH weiterverfolgt.

 

"Hier geht es neben dem massiven Flächenverbrauch, dem Ausbau des klimaschädlichen Autoverkehrs und den Beeinträchtigungen europäisch geschützter Arten wie Weißstorch, Rebhuhn, Bekassine oder Kiebitz auch um landesweit bedeutsame Rechtsfragen. Deshalb haben der BN-Landesvorstand und die BN-Kreisgruppe Kulmbach entschieden, gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Bayreuth bei der nächsten Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof in München Berufung einzulegen", so Tom Konopka, Regionalreferent für Oberfranken.

 

"Wir wollen es nicht akzeptieren, dass staatliche Behörden Gesetze missachten dürfen und sich vor Gericht darauf berufen, der Bund Naturschutz habe sie ja nicht im Detail darauf hingewiesen. Wir haben sie rechtzeitig auf die gesetzlichen Pflichten hingewiesen, aber wir haben nicht ihre Arbeit übernommen. Für einen ehrenamtlich tätigen Verein gibt es weder eine Pflicht, die Behörden zu ordentlicher Arbeit aufzufordern noch ihre Arbeit zu machen. Tun müssen das die Behörden schon noch selbst", so Konopka.

 

"Die Generalversammlung der UNO hat 2010 zum Internationalen Jahr der Biodiversität, erklärt. Soeben erst hat Bundeskanzlerin Merkel alle Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, den Erhalt der Artenvielfalt genauso entschieden anzugehen wie den Klimaschutz. Wir wollen mit der Klage auch ein Zeichen setzen, dass der Schutz gefährdeter Tiere und Pflanzen ernst genommen werden muss", so Wolfgang Schenker, Vorsitzender der Kreisgruppe Kulmbach.

 

Die Vertreter der Bürgerinitiative Melkendorf, Dr. Bernd Matthes und Dieter Stübinger: "Wir wollen keine zweifelhafte und geringfügige Entlastung der Hauptstraße auf Kosten schönster und artenreicher Landschaft. Wir wollen unsere Heimat nicht verlieren. Wir appellieren an alle Grundstückseigentümer, dem Staatlichen Bauamt weder Flächen für die neue Straßentrasse noch für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu verkaufen oder Auflagen dafür zu akzeptieren."

 

"Natürlich kostet so eine Klage Geld und macht viel Arbeit. Wir bitten deshalb alle, die am Erhalt des Rotmaintales bei Melkendorf interessiert sind, um Spenden für das Klageverfahren", so Tom Konopka.

 

Umstrittene Planung

Der BN und die Bürgerinitiative lehnen die Umfahrung von Melkendorf ab, weil mit der geplanten 2,8 km langen Neubautrasse ein weiterer enormer Landschaftsverbrauch einherginge. Gigantische Brückenbauwerke östlich und westlich von Melkendorf würden das Landschaftsbild verunstalten. 4,7 Hektar landwirtschaftlich genutztes Land gingen dabei unter Asphalt und weitere 6,8 Hektar unter Einschnitten und Böschungen verloren. Riesige Flächen würden der Landwirtschaft zusätzlich für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen entzogen. Angesichts nicht vermehrbaren Bodens sehen sich hier der BN und die BI in ihrer Ablehnung durch die Umweltschutzgesetze gestützt. Auch die Position der Bayerischen Staatsregierung im Bündnis zum Flächensparen, nach der der Flächenverbrauch in Bayern (derzeit 16,4 ha/Tag!) dringend reduziert werden müsse, steht hier den Umweltschützern zur Seite.

 

Die Regierung von Oberfranken hatte 2009 Alternativplanungen zum Anschlussknoten Melkendorf-Ost vorgelegt, wie es das Verwaltungsgericht gefordert hatte. Demnach wäre ein geländegleicher Kreisverkehr statt der bisher vorgesehenen Viadukte, Rampen und Einschnitte nicht nur Flächen sparender, sondern auch 929.000 € billiger. Der laufende Unterhalt der Brücken ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Dies bestätigte die vor Gericht vorgetragene Position des BN. Allerdings folgte das VG Bayreuth der BN-Argumentation nicht und überließ es den staatlichen Planern, die Trasse nach eigenem Gutdünken zu gestalten.

 

BN und BI befürchten durch den Bau der Ortsumfahrung und ähnlicher Vorhaben den Bau eines weiteren Autobahnzubringers von Kulmbach zur A 70 durch die Hintertür.

 

Die Lebensräume streng- und besonders geschützter Arten, unter dem Schutz der europäischen Vogelschutz-Richtlinie und der Flora-Fauna-Richtlinie der EU stehender Arten wie Rebhuhn, Weißstorch, Bekassine, Kiebitz, Wachtelkönig, Braunkehlchen, Rohrweihe, Zauneidechse, Sumpfschrecke oder Storchschnabel-Bläuling würden beeinträchtigt. Allein die Aufzählung dieser Arten zeigt den besonderen Wert des Gebietes.

 

Auch der Hochwasserraum des Roten Mains müsste verkleinert werden.

 

Rechtlicher Hintergrund

Im Fall Melkendorf geht es um das Artenschutzrecht und die Pflicht der planenden Behörde Bauamt und der Aufsichtsbehörde Regierung, eine Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (SaP) durchzuführen. Nach Ansicht des BN kann es nicht rechtens sein, dass die Behörden eine gesetzlich vorgeschriebene SaP unterlassen.

 

Der BN fühlt sich in seiner Sichtweise bestätigt, weil das Staatliche Bauamt nach der Klageeinreichung gegen den Planfeststellungsbeschluss eine Spezielle artenschutzrechtliche Prüfung nachreichte und die Regierung dies mit einem Ergänzenden Planfeststellungsbeschluss noch unterstützte. Damit wurde implizit zugegeben, dass die Pflicht zur SaP bestand und man fürchtete, die Klage vor dem VG Bayreuth zu verlieren.

 

Es ist leider rechtlich übliche Praxis, dass staatliche Behörden in laufenden Verfahren ihre Fehler "heilen" können, während dies Umweltverbänden und Privatklägern verwehrt bleibt. An diese Ungleichheit der Waffen haben wir uns ja schon gewöhnt, ärgerlich ist es trotzdem.

 

Die Behörden hatten ihre SaP aber auf die zwei europäisch geschützten Arten Weißstorch und Rebhuhn beschränkt. Sie argumentierten vor dem Gericht in Bayreuth, der BN habe in seiner ablehnenden Stellungnahme zur Planung der Straße nur diese beiden Arten explizit erwähnt, weshalb man weitere Arten nicht untersuchen müsse. Sie berufen sich dabei auf die sog. "Präklusion", die besagt, dass vor Gericht nur die Belange zu prüfen seien, die in der Einwendung im Anhörungsverfahren vorgebracht wurden.

 

In den öffentlich ausgelegten Planungsunterlagen waren aber neben Weißstorch und Rebhuhn noch viele weitere Arten benannt, deren Beeinträchtigung ebenfalls detailliert hätte untersucht werden müssen, darunter die Bekassine, ein gefährdeter und geschützter Watvogel, der Wachtelkönig, die Wachtel, der Kiebitz, die Zauneidechse u.v.a..

 

Der BN beruft sich dabei auf seine Aussagen in der schriftlichen Einwendung und die gesetzlichen Pflichten der Behörden, unabhängig davon, ob alle Arten im Detail mit ihren Beeinträchtigungen vom BN aufgeführt wurden.

 

Internationales Jahr der Biodiversität 2010

Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens. Die Vielfalt des Lebens lässt sich auf drei Ebenen beschreiben: Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume wie Wasser, Wald), Vielfalt der Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen), Vielfalt der Gene (Rassen oder Sorten von wildlebenden und genutzten Arten).

 

Kosten der Klage

Der Bund Naturschutz finanziert als ehrenamtlich tätiger Verein seine Verbandstätigkeiten aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Er ist von staatlichen Zahlungen oder Sponsoring der Wirtschaft völlig unabhängig.

 

BN-Spendenkonto: Bund Naturschutz, Bank für Sozialwirtschaft,
Kto. 9300 000 050, BLZ 700 205 00, Stichwort: Klage Melkendorf

 

für Rückfragen:

Tom Konopka, Regionalreferent für Oberfranken, Tel. 0911/81 87 8-14

Fax 0911/86 95 68, Mail tom.konopka(at)bund-naturschutz.de