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„Schützt das Waldschutzgebiet vor den Sägen!“

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof erörtert Klage gegen die Aufhebung des Schutzgebietes im Steigerwald am 12. Mai

Über 6000 kartierte Starkbäume belegen hohen ökologischen Wert

 

03.05.2016

Auf einer Pressefahrt in den "Hohen Buchenen Wald" setzen sich der BUND Naturschutz in Bayern (BN) und der Verein Nationalpark Nordsteigerwald gemeinsam für den Schutz des aufgehobenen Waldschutzgebietes bei Ebrach ein. Aktuelle Ergebnisse des Kartierungs-Projektes von BN und WWF belegen dort eine beeindruckende Anzahl an Starkbäumen: Auf einer kartierten Fläche von 500 Hektar wurden mehr als 6000 Starkbäume gefunden. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN: "Wir fordern die Bayerische Staatsregierung auf, dieses wertvolle Waldgebiet wieder unter Schutz zu stellen. Auch Bayern muss wie alle anderen Bundesländer das völkerrechtlich bindende Ziel umsetzen und mehr Raum für eine natürliche Waldentwicklung und damit für mehr Artenschutz schaffen. Wir werden dem Verwaltungsgerichtshof am 12. Mai die Kartierungsergebnisse vorlegen, welche eindrucksvoll dokumentieren, dass das Waldgebiet "Der Hohe Buchene Wald" besonders schutzwürdig ist, weshalb die Aufhebung dieses wertvollen Waldschutzgebietes rückgängig gemacht werden muss. Wir fordern auch die Bayerische Staatsregierung auf, die von ihr initiierte Änderung des Naturschutzgesetzes zurück zu nehmen." Martin Mößlein, Vorstand des Vereins Nationalpark Nordsteigerwald: "Immer mehr Menschen im Steigerwald wenden sich gegen die starken Hiebsmaßnahmen im Staatswald und betrachten sie als einen fortschreitenden Ausverkauf des größten Naturschatzes in unserer Heimat. Der Nordsteigerwald würde von einem geeigneten Schutzgebiet weit mehr profitieren als von der Holznutzung, deren Erlöse in die Bilanz der Konzernzentrale nach Regensburg abfließen." Georg Sperber, BN-Waldexperte aus dem Steigerwald freut sich, dass die im Trockensommer 2015 vom Forstbetrieb Ebrach schon fast totgesagten Buchen bei Handthal wieder voll ausgeschlagen haben: "Die Buche ist eine äußerst robuste und sehr vitale Baumart. Im Steigerwald sind die Buchenwälder eng verzahnt mit anderen Waldtypen und es wird spannend sein zu beobachten, ob die heute sehr dominanten Buchen auf einigen Grenzstandorten von Eichen und anderen heimischen Laubbaumarten ersetzt werden. Vorbedingung für das Funktionieren eines natürlichen Baumartenwechsels wäre eine deutliche Verminderung des nach wie vor zu hohen Wildverbisses an den Mischbaumarten durch die zu vielen Rehe."

Hervorragende Ausganglage für einen künftigen Naturwald

Seit 2014 kartiert der BN die über 60 cm dicken Bäume (Brusthöhendurchmesser gemessen bei 1,30 m Höhe) im ehemaligen Schutzgebiet. Die beeindruckende Zahl von über 6000 Starkbäumen im aufgehobenen Waldschutzgebiet belegt dessen hohes Potential: Die dicken und alten Bäume bieten eine gute Ausgangslage, so dass sich hier rascher als in den meisten anderen Wäldern ein Naturwald von morgen als optimaler Lebensraum für Specht und Co. entwickeln kann. Günther Oltsch, der die Kartierungen leitet, schwärmt von den seit Jahrzehnten nutzungsfreien Naturwaldreservaten Waldhaus und Brunnstube, die durch das vormalige Waldschutzgebiet verbunden wurden: "So schöne Wälder bekommt man in Deutschland sonst kaum zu Gesicht. Beim Kartieren im ehemaligen Waldschutzgebiet haben wir eine für Wirtschaftswälder ungewöhnlich hohe Anzahl dicker Bäume festgestellt, zum Teil mit Baumhöhlen, Horsten oder seltenen Pilzarten. Entscheidend ist jetzt, dass diese Altbaum-Anwärter stehen bleiben, richtig alt und dick werden dürfen. Wenn das Schutzgebiet aber aufgehoben bleibt, würde der größte Teil der heute festgestellten Starkbäume in den nächsten Jahren gefällt."

Hohe Vitalität heimischer Wälder

Letztes Jahr prognostizierte der Forstbetrieb einem Großteil der Steigerwälder Buchen in Zeiten des Klimawandels das Aus durch Wassermangel und Krankheiten. Im Rahmen der Pressefahrt wurde festgestellt, dass es sich dabei nur um weitgehend unbegründete Schreckensszenarien handelt. Im aktuell frisch ausgetriebenen Wald kann man die Stärke und Vitalität der Buchenwälder bewundern. Die Buche gilt in Fachkreisen als eine der Zukunftsbaumarten für die meisten Standorte im Steigerwald im Falle einer Klimaerwärmung. Georg Sperber weist aber darauf hin, dass es den Bäumen in einem nutzungsfreien Schutzgebiet besser erginge: "Waldbäume müssen heute nicht nur mit dem Klimawandel fertig werden, auch die Waldbewirtschaftung macht ihnen zu schaffen: Tonnenschwere Maschinen verdichten die Böden und schädigen so auch den Wasserspeicher auf bis zu 20 % der Staatswaldfläche. Zusätzlich fließt über die vielen Maschinenwege das Niederschlagswasser schneller aus dem Wald ab: Den Bäumen wird in Zeiten des Klimawandels buchstäblich das Wasser abgegraben.

Verbände fordern: Schützt das Waldschutzgebiet vor den Sägen!

"Allein die Tatsache, dass der Forstbetrieb argumentiert, das Gebiet sei ja nur ein normaler Wirtschaftswald und deshalb nicht schutzwürdig, beweist, dass den Verantwortlichen die Unterschiede zwischen Wirtschaftswald und Naturwald durchaus bewusst sind", sagt Weiger. "Es zeigt auch, dass das wertvolle Waldgebiet dringend unseren Schutz braucht. Sobald Holzerntemaschinen wieder rollen, werden die meisten der kartierten Bäume fallen."

Martin Mößlein, Verein Nationalpark Nordsteigerwald, Tel: 09382 / 315848

Stefan Schäffer, BUND Naturschutz, Tel. 0173 / 44 66 553