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Tiere und Pflanzen

Schutz der Heimat darf in Bayern kein Etikettenschwindel werden

Bund Naturschutz legt Forderungskatalog vor

10.10.2013

Der BUND Naturschutz hofft, dass Ministerpräsident Horst Seehofer und der neue Minister für Finanzen und Heimat, Markus Söder, ihren Worten zum „Schutz der Heimat und Bewahrung der Schöpfung“ gerade im neuen „Heimatministerium“ und im Landwirtschaftsministerium glaubwürdige Taten folgen lassen. Das Heimatministerium dürfe nicht zum „Etikettenschwindel“ werden. „Die Staatsregierung kann nun Nägel mit Köpfen machen und die Weichen stellen für ein Ende des Bauernhofsterbens, für den Stopp des Flächenraubbaus und für die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe gerade im ländlichen Raum“, fordert BN-Landesvorsitzender Hubert Weiger. Zum Prüfstein für einen „neuen bayerischen Weg“ werde die nächste Sonderkonferenz aller deutschen Landwirtschaftsminister in Bayern. Dort müssten sich die Staatsregierung und Landwirtschaftsminister Helmut Brunner für die Förderung von bäuerlichen Familienbetrieben, für den Ökolandbau sowie eine tierschutzgerechte, bodengebundene Tierhaltung einsetzen und die Subventionierung von Großbetrieben und Agrarfabriken beenden.

„Wenn Bayern sein Gesicht als Heimat behalten soll, darf es nicht weiter zerstückelt und zubetoniert werden“, fordert BN-Landesbeauftragter Richard Mergner. Konkret müsse sich das Heimatministerium als erstes für ein Moratorium beim Straßen- und Flughafenneubau und die Verschärfung des Landesentwicklungsprogramms einsetzen, um das Bauen „auf der grünen Wiese“ zu erschweren.

Die bayerische Heimat ist entscheidend geprägt von der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung. 50 Prozent der Landesfläche wird noch von Bauern bewirtschaftet. Politik für die Heimat muss daher auch Politik für bäuerliche, ökologische und gentechnikfreien Landwirtschaft, für Verbraucher- und Tierschutz sein. Kernforderungen für eine bessere Politik für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum sind:

Stopp des Bauernhofsterbens in Bayern

Sicherung bäuerlicher Strukturen durch Umverteilung von Agrarsubventionen auf kleinere Betriebe. Im Rahmen der aktuellen EU Agrarreform können 30 Prozent der Direktzahlungen auf die ersten 30 Hektar jeden Betriebs umverteilt werden. Dies stärkt die kleineren Betriebe und macht Hoffnung auf Existenzsicherung. Bis zum Ende der Legislaturperiode darf die Grenze von 100.000 Betrieben, die mehr als zwei Hektar haben nicht unterschritten werden. Derzeit gibt es laut Agrarbericht 2012 in Bayern noch 98.000 Betriebe mit mehr als fünf Hektar Fläche. Die Statistik hat die kleineren Betriebe schon verschwinden lassen. 

Wiesen und Weidelandschaften sichern

In Bayern wurden 46.214 Hektar Wiesen und Weiden  zwischen den Jahren 2005 und 2012 in Ackerland umgepflügt. Damit gingen Hochwasserschutzraum und Artenvielfalt verloren. Bodenverluste durch Erosion, Maismonokulturen und Eintrag von Chemikalien in Bäche und Flüsse sind oft die Folgen. Der grundsätzliche Schutz von Wiesen auf erosionsgefährdeten Hängen, in Überschwemmungsgebieten, auf Standorten mit hohem Grundwasserstand und auf Moorstandorten durch das Bayerische Naturschutzgesetz  muss strenger vollzogen werden. Auch das strikte Grünlandumbruchverbot des Wasserhaushaltsgesetzes für Überschwemmungsgebiete ist ins Bayerische Wassergesetz aufzunehmen. Schutzgebietsflächen, wie z.B. Wiesen in FFH-Gebieten, die ohne Genehmigung in Acker umgepflügt wurden, müssen rückumgewandelt werden. In Flurbereinigungsverfahren darf keine Verschlechterung hinsichtlich der Quantität, aber auch der Qualität von Wiesen stattfinden. Die freiwilligen Programme zur Erhaltung der Kulturlandschaft und zum Vertragsnaturschutz  müssen finanziell attraktiv ausgestattet werden. Ein großes Problem beim notwendigen weiteren Ausbau und  der Ausgestaltung der freiwilligen Maßnahmen sind die drohenden Finanzmittelkürzungen durch die EU-Agrarreform in der Förderperiode 2014 bis 2020. Nach Berechnungen von  BUND Naturschutz und Euronatur drohen Kürzungen in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr, die für die Förderung von artenreicher Grünlandnutzung, Landschaftspflege, Ökolandbau und Beweidung in Bayern fehlen würden. Der BN fordert daher die Umschichtung von EU-Fördermitteln und appelliert an das neue bayerische Kabinett, sich für die ausreichende Finanzierung der Programme für den ländlichen Raums in den Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene einzusetzen.

Ökolandbau voranbringen

Biobauern in Bayern sollten für ihre umweltfreundliche Produktion angemessen entlohnt werden. Dazu muss die Agrarförderung endlich gerechter werden, sowohl auf EU Ebene wie auch im bayerischen Kulturlandschaftsprogramm. Am Ende der Legislaturperiode in fünf Jahren sollen - wie in Österreich schon Realität -  20 Prozent der bayerischen Agrarfläche ökologisch bewirtschaftet werden. Die Staatsregierung hat bislang nur als Ziel eine Verdopplung  von derzeit 6 auf 12 Prozent versprochen.

Bayerns Lebensmittel müssen gentechnikfrei werden und die Landschaft gentechnikfrei bleiben

Auf landeseigenen Flächen dürfen keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut oder freigesetzt werden. Bei der Kennzeichnung „Qualität aus Bayern“ müssen Gentechnikfreiheit von Lebensmitteln und Futtermitteln verankert werden. Solange der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen EU-rechtlich nicht verboten werden kann, muss sich der Freistaat für größtmögliche Sicherheitsabstände und ein Moratorium bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU einsetzen, um die gentechnikfreie Landwirtschaft, Imkerei und Natur zu sichern.

Stopp für Massentierhaltungsanlagen in Bayern

Der BUND Naturschutz warnt vor der zunehmenden industriellen Fleischerzeugung, die mit immer weniger Betrieben im Fleischsektor einhergeht. Die zehn größten Fleischkonzerne in Deutschland erzielen inzwischen mit geschätzten 18 Milliarden Euro im Jahr mehr Umsatz als alle handwerklichen Fleischverarbeitungsbetriebe und Metzger in Deutschland zusammen, die auf rund 16 Milliarden Euro jährlichen Umsatz kommen. Diese Marktkonzentration muss endlich gestoppt werden. Bäuerliche Tierhaltung und regionale Schlachtstätten gehören zusammen und dürfen nicht zum Auslaufmodell in Bayern und Deutschland werden. Auch in Bayern geht der Trend in Richtung industrielle Tierhaltung, wie die geplanten Anlagen mit 3000 Muttersauen und 9000 Ferkeln eines holländischen Investors im Landkreis Donauwörth oder ein bestehender Milchviehstall für über eintausend Milchkühe im Landkreis Aichach Friedberg zeigen. Die Kapazitäten für Masthähnchenställe wurden in den letzten drei Jahren um 62 Prozent erhöht, von 5,2 auf 8,4 Millionen Masthühnchenplätze. Die bayerische Staatsregierung muss sich endlich für strengeren Tierschutz und den Stopp flächenunabhängiger Tierfabriken einsetzen, um den weiteren Trend zur industrialisierten Hühnerhaltung zu stoppen. Die Bindung der Tierhaltung an die Fläche muss zentrales Beurteilungskriterium für landwirtschaftliche Stallneubauten werden. Alternativen wie Ökolandbau oder das „Neuland“-Fleischkonzept sind aus Sicht des BN sinnvolle Alternativen, die Landwirten und Metzgereibetrieben mit handwerklicher Fleischverarbeitung eine höhere Wertschöpfung bieten.

Bienen brauchen Nahrung, Artenvielfalt muss in der Landschaft sichtbar bleiben

Tourismusgebiete in Bayern leben von blühenden Wiesen und artenreichen Landschaften mit Lebensraum für Biene, Rebhuhn und Feldlerche. Deswegen dürfen die guten Ansätze der EU Agrarreform von der Staatsregierung nicht weiter verwässert werden. Pestizid und Düngerausbringung auf ökologischen Vorrangflächen darf es nicht geben. Gerade in den durch falsche Flurbereinigungsmaßnahmen verarmten Agrarlandschaften in den Gunstlagen Unterfrankens oder Niederbayerns müssen wieder Hecken, Feldgehölze und Blühflächen geschaffen werden.

 Für Rückfragen

Richard Mergner, BN Landesbeauftragter, Tel. 0171-6394370
Marion Ruppaner, BN Agrarreferentin, Tel. 0911-8187820