„Schwarzbuch Wald“ zeigt Missstände in Forstwirtschaft und Waldnaturschutz
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat zusammen mit dem Bund Naturschutz Bayern (BN) in einem „Schwarzbuch Wald“ erhebliche Fehlentwicklungen in der deutschen Waldwirtschaft nachgewiesen. In 15 Fallstudien aus elf Bundesländern werden Verstöße der den letzten Jahre gegen geltende europäische, nationale und regionale Naturschutzgesetze und -richtlinien dokumentiert. Dies waren Kahlschläge, Fällungen wertvoller Biotop- und Altbaumbestände sowie erhebliche Bodenschäden durch Holzerntemaschinen. Mehrfach ist auch die Brut besonders geschützter Arten zerstört worden, ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz. Oft wurde die Verkehrssicherungspflicht als Begründung für verheerende Eingriffe missbraucht. Aus Bayern sind auch zwei Kahlschläge aus dem Staatswald im Spessart und im Landkreis Regensburg aufgeführt.
Die beiden Fälle aus den Bayerischen Staatsforsten zeigen erstaunliche Parallelen und Begründungsmuster zu Vorfällen in anderen Bundesländern. So führte eine völlig überzogene Umsetzung der Verkehrssicherungspflicht aus dem Jahr 2007 im Naabtal im Landkreis Regensburg dazu, dass bis zu 150 Meter entfernt von einer Straße ein Laubwald flächig und nahezu vollständig geräumt wurde. Die Vorfälle mit Kahlschlag, massiven Bodenschäden und Fällung von zahlreichen Höhlenbäumen am Winterende 2008 im Spessart zeigen, dass bei staatlichen Forstbetrieben offenbar noch Defizite in der Umsetzung des schon vor drei Jahren verkündeten Naturschutzkonzeptes wie auch der Waldbaurichtlinien bestehen. „Die offene Diskussion derartiger Probleme hat inzwischen in den staatlichen Forstbetrieben zu Konsequenzen und Verbesserungen geführt“, so Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND und des BN Bayern. „Forstminister Helmut Brunner muss aber nun auch als Aufsichtsratsvorsitzender der Bayerischen Staatsforsten wie als Chef der Forstverwaltung dafür sorgen, dass der Waldnaturschutz auf ganzer Fläche umgesetzt wird“, so Weiger. Hierfür müssen die nötigen Gelder bereitgestellt und die Rahmenbedingungen der Forstwirtschaft verbessert werden. Die Forstreform muss bei der anstehenden Evaluierung umfassend und kritisch überprüft werden. Die heutige Waldwirtschaft genügt noch längst nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das Bundeswaldgesetz muss novelliert werden, damit es den Naturschutz fördert und nicht gefährdet.
Zum Schutz der Artenvielfalt ist es dringend erforderlich, mittelfristig fünf Prozent der Waldfläche als Naturwaldreservate oder Kernzonen von Großschutzbieten vollständig aus der Nutzung zu nehmen. Diese Flächen sollten langfristig um sogenannte Trittsteine auf weiteren fünf Prozent der Waldfläche ergänzt werden. Derzeit sind gerade mal 0,5 Prozent der Wälder forstlich ungenutzt. Deshalb fordert der BN, die Flächen und die Anzahl der Naturwaldreservate in Bayern deutlich zu vergrößern und im Steigerwald einen Nationalpark auszuweisen.
Der BN appelliert an die Bayerische Staatsregierung, sich für eine Änderung der Waldgesetze auf Bundes- und Landesebene einzusetzen. In einem neuen Waldgesetz müssen die Standards der sogenannten „guten fachlichen Praxis" verbindlich definiert werden. Dazu gehört das Verbot von Kahlschlägen, das Gebot der Nachhaltigkeit in der Holzbewirtschaftung sowie das naturschutzfachlich kompetente Management von Natura 2000-Gebieten.
Besondere Verantwortung tragen Deutschland und Bayern für den Erhalt der Buchenwälder. Ursprünglich ist ein Viertel der weltweiten Buchenwaldbestände in Deutschland beheimatet gewesen, wovon jedoch der größte Teil abgeholzt oder in Nadelholzforste umgewandelt wurde. „Nur wenn die Bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung im eigenen Land den Schutz der Wälder ernst nehmen, ist deutsche Politik auch internationalen glaubwürdig“, so Weiger, „so sind wir beim Waldschutz doppelt in der Pflicht.“ Ansonsten werden die berechtigten deutschen Forderungen zum Schutz der Regenwälder und des Klimas von betroffenen Ländern nicht ernst genommen.
Unter www.bund.net/schwarzbuch-wald finden Sie das BUND-Schwarzbuch Wald zum Herunterladen.
Für Rückfragen: Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent, Tel. 0911/81878-22