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Sechs-spuriger Ausbau der Autobahn A 8 zwischen Rosenheim und Landesgrenze

Bund Naturschutz (BN) kritisiert Planungen als völlig überdimensioniert und klimapolitisch nicht vertretbar

13.08.2008


Angesichts der immer konkreter werdenden Planungen zum Ausbau der A 8 Ost, forderte der BN die Einstellung des Vorhabens und stattdessen die ernsthafte politische Diskussion einer bestandorientierten Alternative. „Dies ist die einzige akzeptable Lösung, die bei entsprechenden Vorgaben auch möglich und für das Verkehrsaufkommen sowie zur Verbesserung der Verkehrssicherheit geeignet ist“, betonte Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN und Sprecher des BUND-Arbeitskreises Verkehr. Er appellierte zugleich an die verantwortlichen Politiker und Behörden jetzt keinesfalls vollendete Tatsachen zu schaffen und deshalb die laufenden Planungen zu stoppen. „Es muss endlich ein Umdenkprozess stattfinden und die sich selbst ständig aufschaukelnde Spirale durchbrochen werden, die immer mehr und breitere Straßen, mehr Autoverkehr, mehr Stau, mehr Schadstoffe und wachsende Umweltbelastungen zur Folge hat“, so der Verkehrsexperte. Der BN ist der Auffassung, dass gerade beim Ausbau der relativ harmonisch in die Voralpenlandschaft integrierten Trasse der A 8 dafür ein Signal gesetzt werden muss. „Die angeblichen Zwänge für einen 6-spurigen Ausbau sehen wir nicht. Ein bestandsorientierter Ausbau muss genügen - man muss es nur wollen!“ stellte Ernst Böckler, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Rosenheim, fest. Und Hermann Eschenbeck, stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Traunstein, kündigte an, dass die BN Kreisgruppen vor Ort ihre Zusammenarbeit mit den betroffenen Menschen, Bürgerinitiativen und anderen Verbänden intensivieren und mit aller Kraft versuchen werden, die geplante „Monsterautobahn“ durch den Chiemgau doch noch zu verhindern.

Stand der Planungen

Die Autobahn A 8 zwischen Rosenheim und der Landesgrenze soll sechsspurig und mit zwei Standstreifen ausgebaut werden. Die direkte Trassenbreite würde dann über 35 Meter betragen. Hinzu kämen massive Aufschüttungen und Geländeabtragungen, d.h. im Klartext eine Verdopplung des Flächenverbrauchs und eine drastische technische Überprägung des betroffenen Voralpenraums. Die Folgen der geplanten Eingriffe wären massive Landschafts- und Naturzerstörungen sowie eine enorme Verstärkung der Zerschneidungseffekte. Die mit dem vorgesehenen Ausbau auch direkt induzierte Verkehrssteigerung und die höheren Geschwindigkeiten, bedeuten außerdem eine drastische Zunahme der Lärm- und Schadstoffbelastungen für die Menschen in der betroffenen Region, was auch für den Tourismus in den Gemeinden entlang der Strecke sicher nicht förderlich wäre.

Für den ersten Abschnitt (Rosenheim-Raubling) soll angeblich noch heuer das Planfeststellungsverfahren beantragt werden und für den anschließenden Bereich bis zum Bernauer Berg liegen bereits genehmigte Vorentwürfe vor. Dieses insgesamt 16 km lange Teilstück der A 8 Ost ist im gültigen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) als vordringlicher Bedarf klassifiziert. Für den Abschnitt Felden bis zur Landesgrenze besteht Planungsrecht im Rahmen des so genannten „weiteren Bedarfs“. Das Bayerische Innenministerium rechnet mit der Fertigstellung des gesamten Ausbaus der A 8 Ost bis zum Jahr 2018, also bis zu den Olympischen Winterspielen, falls es mit der Bewerbung klappen sollte.

Diesen Ausbauwahnsinn will der Bund Naturschutz verhindern und wird dabei intensiv mit den betroffenen Anwohnern, den schon bestehenden Bürgerinitiativen und anderen Verbänden zusammenarbeiten. Primär erforderlich ist jetzt, dass die politische Diskussion über die Planungen noch einmal eröffnet wird und keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden. Als nächster Schritt soll, noch im August, ein gemeinsames Flugblatt von BN und Landesbund für Vogelschutz (LBV) an die Bevölkerung verteilt werden, um die Wählerinnen und Wähler kurz vor den Landtagswahlen über die Auswirkungen des geplanten Ausbaus der A 8 zu informieren.

Position des BN zum Ausbau der A 8

Der BN-Landesverband hat zusammen mit den BN-Kreisgruppen Rosenheim. Traunstein und Berchtesgadener-Land in den vergangenen Wochen den geplanten Ausbau der A 8 Ost diskutiert und folgenden Beschluss gefasst:

Der Bund Naturschutz fordert die Einstellung der laufenden Planungen für den 6-spurigen Ausbau der A 8 Ost und stattdessen eine bestandsorientierte Lösung an diesem Autobahnabschnitt. Ein Tempolimit mit begleitenden Maßnahmen und der Anbau von Standstreifen sind nach Ansicht des BN dafür geeignet und ausreichend.

Die Bayerische Staatsregierung fordert der BN daher auf, die dafür notwendigen Maßnahmen umgehend einzuleiten und sich auf Bundesebene für die entsprechenden Änderungen der gesetzlichen Vorgaben einzusetzen, die einer vernünftigen, umweltschonenden Lösung im Wege stehen.
Die verantwortlichen Politiker auf Bundes- und Landesebene dürfen nicht länger jedes in Aussicht stehende Ereignis, wie hier die Olympiabewerbung für 2018 nutzen, um nach Straßenausbau zu rufen und vor den Verkehrsprognosen der Straßenplaner insgesamt kapitulieren. Es müssen stattdessen endlich wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Der ständige Ausbau des Straßennetzes führt in die Sackgasse und ist kontraproduktiv für die längst überfällige Weichenstellung in eine zukunftsfähige, Klima schonende Verkehrspolitik.

Ein zentraler Aspekt ist in diesem Zusammenhang eine flächensparende und nachhaltige Dimensionierung von Fernstraßen und Autobahnen. Wenn dabei geringere Geschwindigkeiten angesetzt werden, sind nicht nur höhere Leistungen auf schmäleren Fahrbahnen, sondern auch ein besserer Lärmschutz möglich.

Dringend erforderlich ist aber auch die Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene. Der  Ausbau und die Verbesserung der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing muss daher, auch im Hinblick auf die Verkehrsprognosen für die A 8 Ost, vorrangig in Angriff genommen und viel schneller als bisher umgesetzt werden.


Forderungen des BN zum bestandsorientierten Ausbau

1. Aus Gründen der Verkehrsicherheit wird der durchgehende Anbau von Standstreifen an der A 8 von Rosenheim bis zur Landesgrenze vom BN akzeptiert.

2. Unabhängig vom Ausbaukonzept sind für die betroffene Bevölkerung wirksame Lärmschutzmaßnahmen entsprechend den Vorgaben der EU Lärmschutzrichtlinie durchzuführen, wobei die Einführung eines Tempolimits ein wesentlicher Bestandteil sein muss.

3. Der Ausbau ist auf der vorhanden Trasse und im wesentlichen unter Beibehaltung der bestehenden Kronenbreite zu realisieren.

4. Die Politik auf Bundes- und Landesebene muss dafür schnellst möglich die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Bis dahin sind die laufenden Planungsarbeiten einzustellen und die Autobahndirektion (ABD) Süd vom Bayerischen Innenministerium entsprechend anzuweisen.

5. Auf keinen Fall darf das Planfeststellungsverfahren für den ersten Abschnitt (Rohrdorf) in der vorgesehenen Ausbau-Form eingeleitet werden, weil durch die präjudizierende Wirkung die Gefahr besteht, dass die Realisierung der bestandsorientierten Alternative erschwert wird.


Konkret und im Einzelnen sind nach Ansicht des BN folgende Maßnahmen erforderlich:

- Einführung eines dem bestandsorientierten Ausbau entsprechenden Tempolimits und Beauftragung der ABD Süd auf der Grundlage einer generellen Geschwindigkeitsbeschränkung ihre Planungen umzuarbeiten.

- Auf dieser Basis eine Reduzierung des Mittelstreifens auf das Mindestmaß und die Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Verringerung der Fahrstreifenbreiten bei den niedrigeren Geschwindigkeiten.

- Verwendung der dadurch gewonnenen Flächen für den Anbau der Standstreifen.

- Etablierung eines Verkehrsleitsystems (Beispiel A99 bei München) zur fallweisen Einbeziehung der Standstreifen als Fahrspuren.


Für Rückfragen:

Richard Mergner,
Landesbeauftragter
Tel.: 0171/6394370
E-mail: richard.mergner@bund-naturschutz.de

Kurt Schmid
Regionalreferent
Tel.: 089/548298-88
E-mail: kurt.schmid@bund-naturschutz.de