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STOPP FÜR WEITERE FÖRDERUNG EINER AGRARINDUSTRIELLEN LANDWIRTSCHAFT

BUND Naturschutz warnt vor drastischen Folgen der drohenden Fördermittelkürzung in Millionenhöhe für Bayerns Bauern und Landschaft

 

02.08.2013

Imker, Entwicklungsverbände und der BUND Naturschutz fordern eine neue Agrarpolitik zu Gunsten von Umwelt und Bauernhöfen in Bayern und zur Bekämpfung von Armut und Hunger in den Ländern des Südens. Gleichzeitig warnen sie vor Verlusten von 370 Millionen Euro in den kommenden sieben Jahren für naturverträglicher wirtschaftende Bauern und die ländliche Entwicklung in Bayern.

„Jetzt schlägt die Stunde der Wahrheit“, so Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern, „denn nun bietet die Reform der europäischen Agrarpolitik endlich die Möglichkeit in Deutschland wie Bayern umzusteuern und Milliarden Steuergelder für eine umwelt- und sozialverträglichere Landwirtschaft statt für die Förderung der Agrarindustrie auszugeben.“ „Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, ihr bayrischer Amtskollege Helmut Brunner und der bayrische Bauernverband müssen endlich ihre Blockadehaltung gegenüber einer „grüneren und gerechteren Agrarpolitik“ aufgeben“, forderte Weiger.

Die konventionelle landwirtschaftliche Produktion belaste vielfach durch intensiven Pestizid- und Düngemitteleinsatz, Futtermittelimporte mit gentechnisch veränderten Pflanzen, schweren Erntemaschinen und immer größeren Stallanlagen Bayerns Böden, Umwelt und Artenvielfalt. Gleichzeitig führten die Maximalerträge und industriellen Tierhaltungsformen zur Entwertung der bäuerlichen Arbeit und zur Verdrängung  bäuerlichen Familien im Süden der Welt. Immer mehr kleine und mittlere Betriebe, die Säulen einer gesunden regionalen Wirtschaftsstruktur müssten in Bayern ebenso wie in Entwicklungsländern aufgeben.

„Die Förderung bäuerlicher Landwirtschaft ist weltweit ein wichtiger Ansatz zur Hungerbekämpfung. Die Agrarpolitik in Bayern wie in Europa  stellt sich ihrer internationalen Verantwortung dafür bisher nicht“, kritisiert Angela Müller von „Mission EineWelt“, der evangelischen Entwicklungsorganisation in Bayern. „Unsere Futtermittelimporte verursachen im Süden der Welt nicht nur Abholzungen sondern sind auch Ursache von Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen.  Deshalb muss die Erzeugung von Eiweißfuttermitteln in Bayern und Europa anstelle von Importen aus Monokulturen wie in Südamerika in der deutschen Agrarpolitik endlich durchgesetzt  werden“, so Müller.

 „Wir Imker fordern von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner, dass auf den künftigen ökologische Vorrangflächen in Deutschland keine Agrargifte eingesetzt werden, damit es endlich wieder zu einer Verbesserung des Blütenangebots in der Agrarlandschaft kommt“, so der Vorsitzende des Nürnberger Zeidlervereins, Franz Mages. Pestizide, die Bienen und Hummeln gefährden, müssten sofort verboten werden.

Bäuerliche Landwirtschaft besser stellen

Die aktuelle Reform der EU-Agrarpolitik biete den Mitgliedstaaten so viel Möglichkeiten wie nie zuvor, die bäuerliche Landwirtschaft in Bayern gezielt und aktiv gegenüber den zunehmend industrialisierten Formen der Agrarwirtschaft zu stärken. Die nationale Umsetzung dieser Reform entscheide über die weitere Entwicklung der bayerischen Landwirtschaft.

„Das erfolgreiche bayrische Kulturlandschaftsprogramm wird völlig ausbluten, wenn Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner,  ihr bayerischer Kollege Helmut Brunner und der bayerische Bauernverband ihre Blockade gegenüber einer anderen Förderpolitik nicht aufgeben“, so Weiger. Nach Berechnungen von  BUND Naturschutz  und Euronatur drohen in Bayern im Zeitraum von 2014 bis 2020 Kürzungen allein bei den EU Mitteln von über 370 Millionen Euro, das sind 25 Prozent der jetzigen Zahlungen. Sollten der Bund und das Land Bayern wie in der Vergangenheit ihre Kofinanzierung an die EU Mittel anpassen, würden sich die Kürzungen auf fast 700 Millionen Euro summieren; damit würden pro Jahr 100 Mio € fehlen. Die Berechnungen des Landwirtschaftsministeriums, wonach zukünftig nur 9,5 Prozent weniger Mittel zur Verfügung stünden, seien „massive Schönfärbereien“. In dieser Situation sei es vom Land unverantwortlich, weil unrealistisch, nur an den Bund zu appellieren, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. „Bayern muss dem Beispiel der „grün“ regierten Bundesländer und Meckenburg-Vorpommern folgen und sich für die Umschichtung von Mitteln aus der 1. in die 2. Säule einsetzen“, forderte Weiger. Dies sei die einzige realistische Möglichkeit,  ausreichend Mittel für das KULAP Programm zu bekommen.

„Wenn in den nächsten sieben Jahren 25 Prozent weniger an Förderung für Landschaftspflege, Ökolandbau und Beweidung in Bayern Realität werden, wird das bisherige Herzstück der bayerischen Agrarpolitik geschädigt. Insbesondere Landwirte in den Mittelgebirgsregionen Frankens, der Oberpfalz und dem bayerischen Wald sowie im Alpenraum wären dann existenziell bedroht“, warnt  der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner.

Enttäuschend seien die von Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner vorgestellten Vorschläge aber nicht nur im ökologischen Bereich. Auch bei den möglichen sozialen Maßnahmen handle Aigner gegen bayrische Interessen. So könne Deutschland selbst entscheiden, bis zu 30 Prozent der Direktzahlungen als Sonderprämie für kleinere Betriebe einzuführen. Nach Ansicht bäuerlicher Organisationen und des BUND Naturschutz sei dies ein gutes Instrument, um die Übersubventionierung von Großbetrieben zu stoppen und damit mehr Wettbewerbsgerechtigkeit zwischen den Betrieben zu erreichen. Denn in Deutschland fließe bisher ein Viertel der Brüsseler Milliardenzahlungen an nur ein Prozent der Betriebe.

Während Ministerpräsident Horst Seehofer in der landwirtschaftlichen Fachpresse behaupte, er  würde „sofort die EU-Direktzahlungen für kleine und mittlere Betriebe massiv erhöhen und für industrielle Betriebe massiv zusammenstreichen“, passiere auf politischer Ebene in Berlin genau das Gegenteil. Denn Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner (CSU) wolle nicht 30 Prozent, sondern lediglich das vorgegebene Minimum von 5 Prozent der Direktzahlungen umwidmen.

Die Landwirtschaft in Deutschland erhält derzeit pro Jahr rund 5 Milliarden Euro Direktzahlungen für die Agrarflächen von der EU. Würde man davon 30 Prozent, also rund 1,5 Milliarden Euro auf die ersten 50 Hektar aller Betriebe verteilen, ergäbe dies eine Sonderprämie von etwa 175 Euro pro Hektar. Nach Aigners Vorschlag soll dagegen für die ersten 15 Hektare 50 Euro und 30 Euro für die nächsten 15 Hektare ausbezahlt werden. Dies ändere damit nichts an der ungerechten Verteilung von Steuergeldern und der Förderung von Großbetrieben. Auch in diesem Punkt würde die bayerische Staatsregierung nur „mit stark angezogener Handbremse“ agieren, da sie sich nur für eine Zusatzzahlung von 60 bis 80 € einsetzen würde.

 

Für Rückfragen:

Richard Mergner, BN Landesbeauftragter, 0171- 6394 370