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Trassenwahl B2-Ortsumfahrung Kissing ohne Rücksicht auf Natur

Bund Naturschutz (BN), Bayerische Botanische Gesellschaft und Landesbund für Vogelschutz (LBV) verfassen offenen Brief an Politiker der Region

14.07.2009

Das staatliche Bauamt Augsburg hat sich ohne Raumordnungsverfahren auf eine ökologisch äußerst sensible Variante der B2 Umgehung bei Kissing festgelegt. Die Festlegung erfolgte, obwohl die dazu notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung und FFH-Verträglichkeitsstudie nach Auskunft des Amtes noch nicht fertig gestellt sind. Damit wird der Verdacht hervorgerufen, dass sich die Planungen nicht an ökologischen Kriterien orientiert, sondern die entsprechenden Umweltprüfungen an die Straßenbauplanungen angepasst werden. „Der Naturschutz wird bei einer solchen Vorgehensweise mit Füßen getreten“ kritisiert Helmut Schenke, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Aichach-Friedberg.

Die vom Bauamt ausgewählte Variante schneidet das europaweit bedeutsame Naturdenkmal Bahngruben vom Naturschutzgebiet Kissinger Heide und den Lechauen ab. Erst in den letzten Jahren hat man sehr erfolgreich versucht, diese Schutzgebiete mittels Ausgleichsflächen wieder zu verknüpfen. Die Verbindung dieser Lebensräume ist für den mittelfristigen Erhalt dieser Naturjuwele essentiell wichtig.

Die auch als europäisch bedeutsames FFH-Gebiet geschützten Bahngruben haben einen außerordentlichen Orchideenbestand und anderer streng geschützter Arten aufzuweisen: Spinnen-Ragwurz, Hummel-Ragwurz, Sumpf-Gladiole, Kleines Knabenkraut, Brand-Knabenkraut sind nur einige der floristischen Perlen dieses Gebiets. So ist dort beispielsweise 1/3 des bayerischen Bestandes des Spinnen-Ragwurz zu finden. Weitere in Bayern vom Aussterben bedrohte Schmetterlings- und Insektenarten haben dort Ihren Lebensraum.

Um die Biotopvernetzung zwischen Bahngruben und Kissinger Heide/Lechauen zu erreichen, wurden entsprechende Sukzessionsflächen als Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen des viergleisigen Ausbaus der Bahnstrecke München-Augsburg eingerichtet. Diese haben sich sehr gut entwickelt, weshalb sie auch teilweise als FFH-Gebiet unter Schutz gestellt wurden. Diese wertvollen Verbindungsflächen werden durch die Trasse teilweise überbaut. Eine angedachte Grünbrücke mag für Großtiere eine geeignete Option bieten, für die in diesem Fall wertbestimmenden typischen Arten der Kalkmagerrasen ist sie jedoch ungeeignet.

Der durch den Verkehr zusätzlich entstehende Staub- und Stickoxideintrag würden die Flora auf den dortigen Magerrasenstandorten stark beeinträchtigen. Zahlreiche Tierarten (v.a. verschiedene geschützte Insektenarten) sind in Ihren Populationen durch einen Straßenbau auch mit Grünbrücke gefährdet. Der bisher unzerschnittene Bereich zwischen Lech und Bahnlinie stellt einen wichtigen Rückzugsraum für bedrohte Ackervögel dar. So liegen sowohl für Kiebitz als auch für Feldlerche, Wachtel und Rebhuhn Brutnachweise vor.

In kurzer Entfernung am Weitmannsee befindet sich zudem ein Trinkwasserschutzgebiet der Stufe 2. Wasser benötigt dort nur ca. 20 Tage, bis es als Grundwasser in den Trinkwasserbrunnen fließt. Damit sich Oberflächenwasser von Schadstoffen befreien kann, rechnet man mit einer Frist von mindestens 50 Tagen. Gülle Ausbringen ist deshalb verboten, selbst ein Abschuss von geschützten Graugänsen wurde genehmigt, damit der Kot der Gänse nicht das Trinkwasser belastet. Der Verkehr mit seinen Emissionen würde erhebliche Risiken für die Trinkwasserversorgung mit sich bringen.

Die vorliegende Straßenbauplanung konterkariert alle in der bayerischen Biodiversitätsstrategie aufgestellten Ziele! Sie ist Hohn für alle ehrenamtlich im Naturschutz engagierten Menschen, die sich mit großem Zeitaufwand für den Erhalt des uns anvertrauten Naturerbes einsetzen.

Die bis 2015 prognostizierte Verkehrsstärke von knapp 10.000 Fahrzeugen entspricht im bayernweiten Vergleich keiner überdurchschnittlichen Verkehrsbelastung. Der erst kürzlich eingeführte 15-Minuten Takt der Bahn zwischen Augsburg und Mering stellt eine äußerst attraktive Alternative dar, die durch den Straßenbau wieder geschwächt würde. Für einen Bruchteil der prognostizierten Kosten von minimal 21 Mio. Euro könnte in den Orten ein wirkungsvoller Lärmschutz finanziert werden. Der Flächenverbrauch für den Straßenbau liegt bei mindestens 7 ha Fläche.

„Der Bund Naturschutz fordert einen Stopp dieser Trassenvariante und die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens, in dem auch andere verkehrsplanerische Maßnahmen untersucht werden, die Belastungen reduzieren, aber den Naturraum erhalten“ so Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN.

Der Bund Naturschutz sieht in den Planungen einen überregional bedeutsamen Eingriff und behält sich alle auch juristisch zur Verfügung stehenden Mittel vor.

Der Brief wurde auch von der Bayerischen Botanischen Gesellschaft (Prof. Dr. Jörg Pfadenhauer) und dem Landesbund für Vogelschutz (Brigitte Kraft) unterzeichnet.

gez. Richard Mergner            
BN-Landesbeauftragter        
                    
gez. Helmut Schenke
Vorsitzender BN-Kreisgruppe Aichach-Friedberg

Für Rückfragen:

Thomas Frey
Regionalreferent für Schwaben
Tel:089-548298-64, Mobil: 0160-95501313
thomas.frey@bund-naturschutz.de

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Offener Brief
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