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Vogelschutzgebiet „Nördliches Erdinger Moos“ soll Flughafen-Ausbau sichern

Bayerische Behörden bereiten Zerstörung des Erdinger Mooses weiter vor / BN kritisiert Verfahren als skandalös

23.06.2008

Wer denkt, dass sich Vogelschutz und Flugbetrieb oder gar der Bau einer neuen Start- und Landebahn am Flughafen München ausschließen, wird derzeit eines besseren belehrt. Das Bayerische Umweltministerium hat für das potentielle Vogelschutzgebiet „Nördliches Erdinger Moos“ den Entwurf einer Verordnung erlassen und die Verbände um Stellungnahme gebeten. Gleichzeitig (!) wurde das Vogelschutzgebiet in den örtlichen Amtsblättern aber schon als rechtskräftig veröffentlicht. Offenbar wird für dieses Gebiet eine besondere Eile an den Tag gelegt, um das Verfahren für die 3. Start- und Landebahn nicht zu verzögern. „Es entbehrt nicht eines gewissen Zynismus, dass das Gebiet ausgerechnet jetzt in Zusammenhang mit der Planung der 3. Start- und Landebahn offiziell gemeldet wird.“ kritisiert Dr. Christine Margraf, Artenschutzreferentin des BN für Südbayern. „Damit soll die hohe Hürde eines faktischen Vogelschutzgebietes umgangen werden. Dieser Schutz hätte dem Gebiet jedoch bereits seit 1979 zugestanden – der Wert des Nördlichen Erdinger Mooses ist nicht wegen, sondern trotz des Flughafens gegeben, auch wenn die Behörden dies noch so beharrlich ignorieren.“

Besonders empört hat den BN, dass in der Erläuterung zum Verordnungsentwurf dem Flughafenausbau quasi vorab eine Vereinbarkeit mit dem Vogelschutzgebiet mehr oder weniger direkt attestiert wird – man will wohl auf Nummer ganz sicher gehen. Und zu eventuell nötigen Schutzmaßnahmen für die Vögel liest man dort tatsächlich: „… können notwendige Maßnahmen für die Flächen der FMG bereits als Auflagen in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommen werden.“. Ganz abgesehen davon, ob dies fachlich überhaupt möglich wäre, wird hier also in der Begründung zur Vogelschutzgebiets-Verordnung bereits ein Planfeststellungsbeschluss erwähnt, zu dem derzeit erst das Verfahren, d.h. die Prüfung durch die Genehmigungsbehörde läuft. „Das ist ein Skandal, denn offensichtlich wird hier von einem Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau ausgegangen.“ so Manfred Drobny, Geschäftsführer des BN Freising. „Denn in einem ablehnenden Bescheid gegen die 3. Bahn könnten keine Maßnahmen für die Flächen der FMG festgesetzt werden.“

Dazu kommt noch, dass in dem Verordnungsentwurf auch nicht alle im Nördlichen Erdinger Moos tatsächlich vorkommenden Vogelarten aufgeführt sind. Dies ist aber erstens formal nötig und zweitens auch fachlich wichtig, um den Artenreichtum vollständig zu erhalten.

Es zeigt sich wieder einmal: das Vogelschutzgebiet hätte längst ausgewiesen werden müssen, doch erst unter dem Diktat der 3. Startbahn wurde dies realisiert, um dem Ausbau formal so wenig wie möglich in den Weg zu stellen. Der Bund Naturschutz hat dies in einer ausführlichen Stellungnahme scharf kritisiert und auch die Unvereinbarkeit von Eingriffen mit dem Vogelschutz verdeutlicht: „Auch ein formal gemeldetes Vogelschutzgebiet ist beileibe kein Freibrief für Zerstörungen.“ so der BN. Denn in einem ausgewiesenen Vogelschutzgebiet kann ein Eingriff nur zugelassen werden, wenn „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ vorliegen und Alternativen fehlen. Und für die 3. Bahn trifft beides nicht zu, dafür gibt es genügend gute Argumente (vgl. BN-Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren: www.bund-naturschutz.de/fakten/verkehr/flughafen-muenchen.html). Dieses geltende Recht muss auch für die FMG gelten. Der BN geht also nach wie vor davon aus, dass eine 3. Bahn nicht mit den Zielen eines Vogelschutzgebietes – ob faktisch oder gemeldet – vereinbar ist und wird dies vor Gericht und wenn nötig auch bei der EU vorbringen.
Der Widerstand gegen die 3. Bahn wird sich also durch dieses Vorgehen weder verunsichern noch entmutigen lassen!

Und übrigens: war da nicht vor kurzem noch etwas anderes? Haben nicht in Bonn fast 190 Länder der Welt beraten, wie der dramatische Rückgang der Artenvielfalt gestoppt werden kann, um unsere Lebensgrundlagen zu bewahren? Es redet sich offenbar leicht um den Schutz brasilianischer Regenwälder und den Artenschutz in der Welt, während die bayerische Staatsregierung die Zerstörung eines artenreichen Moores im Erdinger Moos, den Donauausbau oder die Zerstörung des Isentales mit einer Autobahn vorbereitet …


gez. Dr. Christine Margraf    
Artenschutzreferentin Südbayern

Tel.: 089/548298-89
christine.margraf@bund-naturschutz.de