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Westumfahrung Würzburg - ein Anschlag auf das "Grüne Herz" Mainfrankens

Pressefahrt zu zentralen Konfliktpunkten der Planung

12.04.2011

Zahlreiche Sachargumente sprechen gegen die autobahnähnlich geplante „Westumgehung Würzburg“.

Das haben der BN und die regionale BI in den vergangenen Jahren bei zahlreichen Terminen und Veranstaltungen immer wieder verdeutlicht.

Trotzdem hat die Regierung von Unterfranken Mitte Februar das Raumordnungsverfahren für die 49 km lange Trasse zwischen der Anschlussstelle Werneck an die A7 und des geplanten Anschlusses an die A3 bei Helmstadt eingeleitet.

Schon eine erste Sichtung der amtlichen Planunterlagen hat die schlimmsten Befürchtungen voll bestätigt und deutlich gemacht, dass es sich bei diesem völlig verfehlten Großprojekt um einen Anschlag auf das „Grüne Herz“ Mainfrankens und die Wohn-, Freizeit- und Lebensqualität seiner BewohnerInnen handelt.

Dass das Vorhaben sich mit übergeordneten politischen Zielaussagen und zentralen raumordnerischen Zielvorgaben nicht vereinbaren lässt, ist unübersehbar.

Bund Naturschutz und Bürgerinitiative appellieren deshalb an die Regierung von Unterfranken, Sachargumente und gesetzliche Vorgaben über politisches Wunschdenken zu stellen und dieser Fehlplanung die Rote Karte zu zeigen.

Gleichzeitig ermutigen wir alle Betroffenen vor Ort, die letzte Chance zu nutzen und bis 15. April von ihrem Einwendungsrecht Gebrauch zu machen.

 

Den Dörfern und Städten gehen die Menschen aus

Lt. Bevölkerungsprognosedaten vom November 2010 schrumpft bis 2025 die Elterngeneration in den ländlichen Gebieten von Rhön und Spessart. Damit geht die Planung einer autobahnähnlichen Schnellstrasse aber an den  tatsächlichen Bedürfnissen der Region und ihrer BewohnerInnen vorbei und  droht eine gigantische Steuergeldverschwendung in Zeiten ohnehin leerer  Staatskassen.

Verkehrsbelastung statt Verkehrsentlastung!

Es ist zu befürchten, dass die B26n nach einem positiven Abschluss des Raumordnungsverfahrens in 2 Abschnitten (Werneck/A7 bis Karlstadt und  Karlstadt bis Helmstadt) genehmigt (und gebaut?) werden wird.

Der Zubringer Lohr, von dem  zumindest eine gewisse Erschließungs- und Entlastungswirkung erhofft werden könnte, ist nicht Bestandteil des Bundesverkehrswegeplanes. Er wurde deshalb auch nur „aushilfsweise“ in den 7. Ausbauplan für Staatsstrassen des Landes Bayern aufgenommen – allerdings auch nur in die 2. Dringlichkeitsstufe.

Für die Stadt Karlstadt, ihre Ortsteile und viele Umlandgemeinden bedeutet dies: die Verkehrsbelastung wird durch den Bau der B26n nicht abnehmen, sondern ganz im Gegenteil tlw. sogar immens wachsen und sich über die Zubringer weit über den eigentlichen Trassenbereich hinaus bemerkbar machen.

Unter dem Lärmteppich einer unsinnigen Transitautobahn („überflüssig wie ein Bootshafen in der Wüste Gobi“!) soll eine ganze Region begraben werden.

Totschlagargument Arbeitsplätze

Zukunftsträchtige Unternehmen (u. a. UNTHA Recyclingtechnik, GMS CNC-Technik) haben sich in der Region angesiedelt, die Arbeitslosenquote (ca. 2,7%) liegt deutlich unter dem bayerischen Durchschnittswert (4,8%) – trotz oder gerade wegen der (noch) nicht gebauten Westumgehung. Schon heute sind die Firmen in der Region bestens an das überregionale Fernstraßennetz angeschlossen, werden doch von Lohr oder Karlstadt zur A3 / A7 keine 30 Minuten benötigt.

Dass eine noch kürzere Autobahnanbindung den Erhalt von Arbeitsplätzen nicht garantieren kann, zeigt sich im Einzugsbereich der erst vor wenigen Jahren eröffneten A71: in Bad Neustadt  baute Siemens massiv Arbeitsplätze ab, in Schweinfurt sind dies u. a. Bosch-Rexroth, SRAM und Husquarna.

„Grünes Kapital“ - geopfert einem Spekulationsobjekt

Großflächige unzerschnittene und unverlärmte (Nah-)Erholungsgebiete, noch dazu im Einzugsbereich von Siedlungsschwerpunkten (z.B. Würzburg / Karlstadt) und mit erheblichem touristischem Entwicklungspotenzial, sind das unersetzliche „Grüne Kapital“ dieser Region.

Wer dieses „Grüne Kapital“ leichtfertig auf dem Altar eines mehr als fragwürdigen Verkehrsprojektes opfert, betrügt eine ganze Region und ihre BewohnerInnen um ihre Zukunft und ihre Lebensqualität, die mehr wert ist als eine 8-minütige Fahrzeitverkürzung für eine handvoll Autofahrer von Karlstadt zur nächsten Autobahn.

Milan, Hamster, Schmetterling – wertlos Ding?

Eine Region, in der sogar Raritäten von europäischem Rang wie Feldhamster, Rotmilan, Wiesenweihe oder Bechsteinfledermaus bis heute überleben konnten, erscheint förmlich als Arche Noah. Eine solche – trotz aller Bemühungen um Eingriffsreduzierung – großflächig naturzerstörerische Planung verbietet sich dort quasi von selbst, werden die Vorgaben des Europäischen Naturschutzrechtes ernst genommen.

Selbst die offizielle Umweltverträglichkeitsstudie zeigt überdeutlich, dass sich bei allen Trassenvarianten eingriffsbedingte Konflikte wie Perlen an einer Schnur aneinander reihen.

Von einer wirklich umweltverträglichen Trassenführung mit auch nur annähernd ausgleichbaren Eingriffen kann deshalb nur auf dem Papier die Rede sein.

Dies aber auch nur dann, wenn Eingriffsbilanz schön gerechnet und unkalkulierbare Eingriffsrisiken bewusst ignoriert werden.

Recht muss Recht bleiben

Dass die geplante „Westumgehung Würzburg“ gegen zahlreiche übergeordnete politische Zielaussagen ebenso verstößt, wie gegen raumordnerische und rechtliche Vorgaben, wird in den Raumordnungsunterlagen mehr als deutlich:

Nur einige Beispiele: 

# Eine verkehrliche Rechtfertigung fehlt, es gibt Natur verträglichere Alternativen.
Die geplante B26n ist damit als vermeidbarer Eingriff im Sinn von §15 Bundesnaturschutzgesetz einzustufen und somit zu unterlassen.

# Aufgrund massiver Beeinträchtigung und unkalkulierbarer Risiken für Vorkommen etlicher europaweit geschützter Arten (z.B. Hamster, Wiesenweihe, Mittelspecht, Rotmilan), des nicht gewährleistbaren Ausgleichs und praktikabler Alternativen ist das Projekt mit den landes- wie europarechtlichen Verpflichtungen ausder europäischen FFH-Richtlinie nicht vereinbar.

# Die geplante Transitautobahn verstößt gegen die in Art. 141 Bay. Verfassung verankerten Verpflichtung des Staates zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, des Waldes sowie der heimischen Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensräume und kennzeichnender Landschaftsbilder.

# Der bei Realisierung der „Westumgehung Würzburg“ drohende Verlust wertvoller Lebensräume, die Gefährdung der Vorkommen zahlreicher seltener Arten und die Zerschneidung wichtiger Biotopvernetzungsachsen wäre auch mit der

Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung unvereinbar.

Dort wird nicht nur die Erhaltung der natürlichen Artenvielfalt, sondern ausdrücklich auch die Sicherung eines landesweiten Biotopverbundnetzes gefordert.

Woher nehmen und nicht stehlen?

# Der geplanten „Westumgehung Würzburg“ sollen  hunderte Hektar wertvollstes Ackerland geopfert werden -je nach Variante liegt der Flächenverbrauch bei
1.000 ha. Unverantwortlich ist dies nicht nur in Hinblick auf die rasant wachsenden Wüstenareale in der Welt, sondern ebenso angesichts der v. a. auch zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels auch bei uns überfälligen Umstellung der Lebens- und Futtermittelerzeugung auf ökologischen Anbau.

Resümée und Forderungen

Nach Auffassung von BI und BN ist dieses überdimensionierte Eingriffsprojekt mit zentralen raumordnerischen Zielvorgaben nicht vereinbar – schon deshalb fehlen zentrale Voraussetzungen für eine Genehmigungsfähigkeit.

Wir fordern stattdessen die Entwicklung eines Gesamtverkehrskonzeptes unter Einbeziehung aller Verkehrsträger für die Region.

Unsere fränkische Kulturlandschaft ist gerade in dieser Region zu wertvoll und zu schade, um einem fragwürdigen politischen Prestigeprojekt von gestern geopfert zu werden!

gez. Richard Mergner
Landesbeauftragter des Bundes Naturschutz und Verkehrsreferent