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Wir brauchen Klimaschutz, keinen Klimaschmutz! Den Klimawandel nicht noch beschleunigen.

Bund Naturschutz lehnt geplante Skihalle in Bischofsgrün (Lkr. Bayreuth) ab

02.03.2007

Im oberfränkischen Bischofsgrün im Fichtelgebirge (Lkr. Bayreuth) ist ein Freizeit-Millionenprojekt geplant. Für geschätzte 25 Mio. Euro soll neben einem Campingplatz, einem Restaurant, einem Biathlon-Gelände auch eine 300 m lange, 60 m breite Skihalle am Hang gebaut werden. Ein Freibad und eine Tennishalle sollen aus vorhandenen Komplexen neu errichtet werden. 2009 soll der neue "Nordic Parc" fertig gestellt sein. Dazu soll auch eine neue Straße durch die Fichtelgebirgslandschaft gebaut werden.

Der Bund Naturschutz lehnt den Bau insbesondere der Skihalle und der Straße als unverantwortlich für das Klima und als schädlich für das Landschaftsbild ab und fordert, die Planung dazu einzustellen.

Auf keinen Fall dürfen Zuschüsse aus öffentlichen Geldern für diese Klimaschmutzaktion ausgegeben werden. Die Befürworter rechnen mit 50% Zuschüssen aus LEADER Plus-Mitteln der EU.

Wer im dünnbesiedelten, von massiver Abwanderung betroffenem Fichtelgebirge von einer Auslastung von 800 - 1000 zahlenden BesucherInnen pro Tag ausgeht, rechnet mit völlig überzogenen Werten. "So etwas mag im Ruhrgebiet funktionieren, wo es kaum Berge gibt. In schneereicheren Wintern als 2006/2007 würde doch niemand im Fichtelgebirge in die Halle gehen. Offenbar haben hier die Planer des Hofer Flughafens Pate gestanden, die ebenfalls irrwitzige Nutzerzahlen in den Raum stellten, um eine Zustimmung für den Pleite-Airport zu erhalten", so Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter. "Nach dem Motto, je aberwitziger, umso mehr Leute glauben es zunächst."

 

Wer das vom Klimawandel gebeutelte Fichtelgebirge mit Energieverschwendenden Anlagen für die Zukunft fit machen will, hat aus der Diskussion um Energiesparen nichts gelernt. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass derzeit mit dem Argument Fotovoltaikanlage oder Geothermienutzung das Projekt schöngeredet werden soll.

 

"Es kommt doch darauf an, wofür wir die knappen Ressourcen - und dazu gehören auch installierte Solarstromanlagen oder Anlagen für Geothermie - zukünftig nutzen können. Eine Sommerskihalle ist so ziemlich das letzte, was hier auf der Agenda steht", so der Vorsitzende der Kreisgruppe Bayreuth, Helmut Korn.

Der BN will Bayerns Schönheit bewahren: Das Fichtelgebirge hat schöne Landschaft zu verlieren und setzt zu Recht auf Tourismus. "Eine Art Gewerberümpelgebiet mit Skihalle braucht das Fichtelgebirge jedoch nicht. Die großen Skigebiete in den französischen Alpen reißen soeben ihre in den siebziger Jahren gebauten Klötze ab, weil die Landschaftsverschandelung keiner mehr sehen will", so Mergner.

 

Energiesparen und Klimaschutz sind aktuelle Schlagwörter in Politik und Gesellschaft. Inzwischen wagt keiner mehr, den Klimawandel oder seine anthropogenen Ursachen zu leugnen. Das Fichtelgebirge gehört schon heute zu den besonders betroffenen Gebieten des Klimawandels. Hier ändert sich das Klima nach einer Studie der Uni Bayreuth besonders rapide. Seit Jahren sterben die Fichtenwälder reihenweise ab, nachdem sie von Trockenstress, Saurem Regen und Borkenkäfer den Todesstoß bekommen haben.

 

Die Schneesicherheit in einstmals blühenden Skigebieten wie am Ochsenkopf ist dahin. Dass einige Betreiber von Skipisten 2006 Schneekanonen installiert haben, geht bereits in die falsche Richtung: Weil es den Gastronomen und Sportverbänden im Fichtelgebirge über Jahre nicht gelungen ist, aus dem Klimawandel Lehren zu ziehen, kommt man nun - am Ende eines weiteren Jahrhundertklimaereignisses mit völligem Winterausfall - auf die Idee, den Winter zukünftig künstlich herzustellen. Aber auch Schneekanonen beschleunigen durch ihren enormen Energieverbrauch den Klimawandel.

 

 Skihallen: Energieverbrauch enorm

 Vergleichbare Skihallen benötigen jährlich ca. 4,5 Mio. Kilowattstunden Strom und produzieren beim üblichen Strommix 2.400 t CO2 pro Jahr. Das entspricht dem Stromverbrauch von ca.1.200 Familien pro Jahr.

 Trotz des hohen Energieaufwandes für das Betreiben des geplanten Skihallenkomplexes, versuchen die Befürworter das Projekt als für das Klima unbedenklich darzustellen. Sie versuchen die BürgerInnen zu beschwichtigen, der riesige Skikomplex würde zu keiner bemerkenswerten Klimabelastung führen. Vom lokalen Klima aus betrachtet ist das sicher richtig. Global gesehen wäre es ein weiterer Baustein hin zu mehr Klimawandel.

 Der Bürgermeister von Bischofsgrün, Stephan Unglaub, geht davon aus, dass der Energieverbrauch durch eine Fotovoltaikanlage, Erdwärme und Strom aus anderen erneuerbaren Ressourcen gedeckt werden könne. Aber die dafür nötigen Investitionen und das dafür vorhandene Material (insbesondere die derzeit am Markt kaum verfügbaren Fotovoltaikzellen) müssen zunächst in klimafreundliche Maßnahmen gesteckt werden.

 

 Tourismus, auch Skitourismus braucht originales Naturerleben und keine Kunstwelt

 Berge, Sonne und eine traumhafte Landschaft gehören zu einem gelungenen Skiurlaub. Skifahren ist ein naturverbundener Sport. In der geplanten Skihalle würde das Skifahren von der Natur getrennt.

 Hier hätte Skifahren nichts mehr mit Natur zu tun. Kinder können in einer Skihalle keine wirklichen Naturerfahrungen machen. Stattdessen bekämen sie eine künstlich geschaffene Welt als die reale präsentiert. Sie werden in eine Scheinwelt eingeführt, ohne die heimatliche und natürliche Umgebung kennenzulernen. Von einem kitschig inszenierten „Naturerlebnis“ zum nächsten.

 

Sinnvoller wäre es Kindern den bewussten Umgang mit der Natur in der Natur beizubringen.

 

 Finanzierung fragwürdig

 Die Pläne zur Finanzierung dieses Millionenprojekts sind ebenfalls fragwürdig. Geplant ist eine Public Private Partnership (PPP). 50% Zuschüsse, 25% Darlehen der Hausbank, 25% Privatanteile eines bislang unbekannten Generalunternehmers.

 Der BN fragt daher: Wer wird der Generalunternehmer sein? Wird er halten, was er verspricht?

 Woher kommen die Zuschüsse und an welche Konditionen sind sie gebunden? Welche Kosten kommen wirklich auf die Gemeinde zu?

 Wer finanziert Ver- und Entsorgung? Wer bezahlt die Erschließungskosten (die neue Straße)?

 

 Besucherprognosen völlig überzogen

 In Deutschland gibt es seit Jahren einen Boom bei Großkomplexen im Freizeit- und Kulturbereich.

 Kaum eine Stadt, die nicht über zu niedrige Besucherzahlen in den Musicaltheatern der 90er Jahre klagt. Etliche Konkurse sind bereits durch die Presse gegangen. Auch das gegen die Kritik des Naturschutzes erbaute Musicaltheater unterhalb Neuschwanstein am Ufer des Forggensees in Füssen musste bereits einmal Konkurs anmelden.

 Auch die seit zehn Jahren boomenden Spaßbäder und Thermen wie in Bad Windsheim oder Hersbruck erreichen nicht annähernd die prognostizierten Nutzerzahlen, den Kommunen geht langsam das Geld aus, mit teuren Werbekampagnen will man nun den Konkurrenten die BesucherInnen abwerben.

 Die "Jever Skihalle" in Neuss erreichte seit ihrer Eröffnung ca. 2.300 BesucherInnen pro Tag.

 Neuss liegt in Nordrhein-Westfalen im Regierungsbezirk Düsseldorf, hat über 150.000 EinwohnerInnen und kann das gesamte Ruhrgebiet als größten Ballungsraum Deutschlands mit etwa 5,3 Millionen Einwohnern als direkten Einzugsbereich ansehen. In der Metropolregion Rhein-Ruhr leben über 10 Millionen Einwohner auf einem Gebiet von fast 10.000 Quadratkilometern.

 Nimmt man einen Umkreis von 60 km um Bischofsgrün (das entspricht einer Fläche von 11.300 Quadratkilometern) liegen darin die Städte Bayreuth, Kulmbach, Kronach, Lichtenfels, Hof, Wunsiedel, Marktredwitz oder Weiden und eine geschätzte Gesamtbevölkerung von unter 1 Mio. EinwohnerInnen (Stand 2005: Oberfranken-West 605.000, Oberfranken-Ost 500.000). Selbst wenn als Einzugsgebiet ein weit größerer Radius von 100 km (!) angenommen werden könnte, wären darin mit der Industrieregion Mittelfranken (1.293.000) und Südsachsen sowie ein Teil Westtschechiens kaum mehr als 2,5 Mio. EinwohnerInnen zu finden.

 Man müsste schon tägliche Sonderzüge aus ganz Europa nach Bischofgrün lotsen (die Bahnlinie vorausgesetzt), um auf BesucherInnenzahlen von 800 - 1.000 pro Tag zu kommen. Die Züge müssten wohl auch gratis fahren, damit sich Leute aus Berlin oder dem Ruhrgebiet nach Bischofsgrün verirren.

 

 Bayerns Schönheit bewahren

 

Trotz gegenteiliger Zielaussagen auf höchster politischer Ebene ist Bayern mit einem täglichen Verlust von über 22 Fußballfeldern (15,8 Hektar = 158.000 Quadratmeter; akt. Stand 2005) nach wie einer der Spitzenreiter unter den Bundesländern beim Flächenverbrauch. Dabei wird meist landwirtschaftlich genutzter Boden in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt. Jeweils in eineinhalb Jahren summiert sich der bayerische Landschaftsverbrauch auf die Fläche der Stadt Nürnberg. Vor allem durch die Ausweisung neuer Gewerbegebiete im Außenbereich, dazu gehören auch Freizeitkomplexe, verliert Bayern Stück um Stück sein Gesicht.

 

Zusätzlich soll der Skihallenkomplex durch eine neue Zubringerstraße, welche von der Panoramastraße abzweigt, erschlossen und damit weiterer Landschaftsverbrauch vorgenommen werden.

 

 Arbeitsplätze im Tourismus

 Natürlich ist es wünschenswert, dass der Tourismussektor im Fichtelgebirge wieder wächst, aber hierzu braucht man nachhaltige und langfristige Lösungen. Vor allen Dingen braucht man Planer, die Wörter wie „ökologisches Bewusstsein“, „Naturerbe“, „Kulturerbe“, „Nachhaltigkeit in ökonomischer und soziologischer Hinsicht“ nicht nur benutzen, weil sie „in“ sind, sondern weil sie es ernst damit meinen.

 

Schneekanonen, Skipisten mit Rodungsschneisen und immer leistungsfähigere esselbahnen können beim besten Willen nicht als umweltfreundlich bezeichnet werden. Eine Skihalle wäre die Krönung.

 

 Trinkwasserverbrauch

 In der "Jever Skihalle" bei Neuss wird reines Trinkwasser zur Kunstschneeproduktion verwendet. Vermutlich würde das auch in der neuen Skihalle in Bischofsgrün der Fall sein. Es wäre eine Verschwendung einer der wichtigsten Ressourcen, die es in Deutschland gibt, unser Lebensmittel Nummer 1. Etwa 13.000 Kubikmeter Trinkwasser werden in ähnlichen Projekten veranschlagt. Wasser ist ein kostbares Gut und sollte als solches behandelt werden.