Auf Krautschau in die Stadt
Wildwuchs zwischen Gehwegplatten ist für viele Menschen ein Graus. Dabei sind dieser Lebensraum und die hartgesottenen Pflanzen, die ihn erobern, enorm wichtig für unsere städtischen Ökosysteme. „In den Pflasterritzen und Mauerfugen unserer Stadt- und Siedlungsbereiche wachsen jede Menge Wildpflanzen, die helfen, die Folgen des Klimawandels ein Stück weit abzumildern“, erklärt Martina Gehret, die für den BN das Projekt begleitet. Außerdem sind die grünen Fugen nicht nur schön, sie nehmen auch Regenwasser auf und binden Staub. Jede Pflanze trägt zur Artenvielfalt bei und ihre Blüten liefern Nektar und Pollen für Insekten. Die Pflanzen schaffen Mikrohabitate, in denen Asseln, Würmer, Weberknechte, Spinnen, Käfer und Schnecken leben, die wiederrum Nahrung für Vögel und Igel sind.
Aus diesem Grund ruft der BN auch in diesem Jahr wieder zur #Krautschau auf. „Die Aktionswoche ist eine hervorragende Möglichkeit, unsere Wildpflanzen im Siedlungsbereich kennenzulernen, die Vielfalt wertzuschätzen und diese außergewöhnlichen Pflanzen-Lebensräume sichtbar zu machen“, so Gehret.
Und so geht’s: Bei einem Spaziergang werden die entdeckten Wildkräuter und Fugen-Pflanzen bestimmt und mit Kreide beschriftet. Bei der Erkennung der Pflanzenart können Bestimmungsbücher oder kostenlose Bestimmungs-Apps helfen. Wer dazu noch einen wissenschaftlichen Beitrag leisten möchte, kann Fotos entdeckter Arten über die App ObsIdentify auf die Naturbeobachtungsplattform Observation.org hochladen. Die Fotos liefern eine Datengrundlage für die Forschung, stehen für die Erstellung Roter Listen, Atlasprojekte oder auch für die Naturschutzarbeit vor Ort zur Verfügung.
„Ziel der Aktion ist, die Pflanzen beim Namen zu nennen und sie sichtbar zu machen. Die Menschen müssen sich bewusst darüber werden, dass jedes Grün in der Stadt gebraucht wird. Und das Beste daran: Es macht nicht nur Spaß, man wird bereits nach kurzer Zeit zum richtigen Artenkenner“, so Gehret. Aber Achtung: Sicherheit geht vor. Der BN bittet alle Teilnehmer*innen, keine Pflanzen an befahrenen Straßen oder auf Radwegen zu bestimmen.
Hintergrund: Um mehr Bewusstsein für Wildpflanzen auf Gehwegen zu schaffen, hatte der französische Botaniker Boris Presseq 2019 dein Einfall, Mauerritzen- und Pflasterfugenpflanzen zu bestimmen und deren Namen mit Kreide auf die Straße zu schreiben. In Deutschland hat die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung die Aktion #Krautschau aufgegriffen und erstmals 2021 gemeinsam mit der Universität Freiburg zu einem bundesweiten Aktionstag aufgerufen. In Bayern setzt sich der BUND Naturschutz dafür ein, dass viele Menschen von der Mitmachaktion erfahren. Über die sozialen Netzwerke verbreitet sich die Idee unter dem Hashtag #morethanweeds in ganz Europa. Als #Krautschau ist sie in Deutschland bekannt.