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Tiere und Pflanzen

Bauern und Naturschützer wollen Initiative für gentechnikfreie Region im Landkreis Lichtenfels auf den Weg bringen

Gentechnikgesetzesnovelle bietet zu wenig Schutz

30.07.2007

Im Landkreis Lichtenfels hat sich eine Initiative gegründet, um auf Basis von Selbstverpflichtungserklärungen  die landwirtschaftlichen Anbauflächen im Landkreis frei von Gentechnik zu halten. Für mehr als 6000 Hektarlandwirtschaftlicher Nutzfläche liegen solche Erklärungen im Landkreis Lichtenfels bereits vor, das sind bereits mehr als 25% der Landwirtschaftsfläche im Landkreis.

Bayernweit hat sich in den letzten Jahren eine großer Widerstand in der städtischen und ländlichen Bevölkerung gegen die schleichende Verseuchung der Nahrung mit gentechnisch veränderten Bestandteilen herausgebildet. So liegen 42 der 164 bundesdeutschen Initiativen für gentechnikfreie Regionen in Bayern und umfassen mit 485.000 Hektar (ha)
15 % von Bayerns landwirtschaftlich genutzter Fläche(3,25 Mio. ha).

Der Bund Naturschutz sieht mit Sorge, dass über die Novellierung des deutschen Gentechnikgesetzes (GenTG) der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft und Natur nicht gewährleistet sein wird, sollte es zu einer Ausweitung des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen in Bayern kommen. Denn Abstandsregelungen bei Mais von 150 Meter reichen nicht aus, um eine Auskreuzung zuverlässig zu verhindern. Die 300 Meter Abstand zu Biomaisflächen machen gentechnikfreien Bioanbau zum Roulettespiel. Der BN kritisiert, dass Landwirte über kostspielige Prozesse Schadenersatz einklagen müssen, wenn in ihren Ernteprodukten gentechnisch veränderte Organismen (GVO) gefunden werden, ihre Abnehmer jedoch GVO freie Produktion fordern. Auch die Kostenübernahme für Analysen und getrennte Erfassungswege wird im Gesetz nicht angesprochen.

Bei der künftigen Ausgestaltung des GenTG, über die das Bundeskabinett am 8. August eine Vorentscheidung trifft, ist es deswegen von elementarer Bedeutung, dass die Interessen von Verbrauchern, Landwirten und Imkern besser berücksichtigt werden.

In Bezug auf die Kritikpunkte, die der BN im Zusammenhang mit der GenTG-Novellierung vorgetragen hatte, stellt sich der Sachstand derzeit folgendermaßen dar:

 

1. Der Haftungsanspruch für die konventionelle Landwirtschaft soll nicht ausgehebelt werden, da die ursprünglich geplante Streichung eines rechtsrelevanten Begriffs in Paragraphen 36 a, der die Haftungstatbestände beschreibt, im vorliegenden Entwurf nicht realisiert wurde.

 

2. Das Standortregistersoll nicht beschnitten werden. Somit bleibt die Transparenz erhalten und Vorsorgemaßnahmen bleiben möglich.

Der allgemein zugängliche Teil des Standortregisters umfasst bisher den GVO, das Grundstück der Freisetzung und des Anbaus sowie die Flächengröße. Dies soll so bleiben.

 

Dass Haftungsregelungen und Standortregister unverändert bleiben sollen, ist dem breiten Widerstand zahlreicher Umwelt-, Landwirtschafts- und Verbraucherverbände gegen eine massive Deregulierung des GenTG  zu verdanken.

 

Leider wurden aber andere Forderungen der Verbände nicht gebührend berücksichtigt:

 

3. Die Kosten für die Sicherung der gentechnikfreien Landwirtschaft werden nach wie vor ignoriert

Diejenigen, die gentechnikfrei wirtschaften wollen, werden bereits jetzt mit zusätzlichen Kosten in Form von Analysen auf Gentechnikfreiheit und den Aufbau getrennter Erfassungs- und Handelssysteme belastet: Der Einsatz der Gentechnik verteuert die gentechnikfreie Produktion, und die Kosten tragen nicht etwa die GVO-anbauenden Verursacher, sondern die Betroffenen.Der BN fordert, dass Gentechnikbetreiber verpflichtet werden müssen, die Vorsorgekosten der Nichtanwender zu übernehmen

 

4. Freisetzungensollen erleichtert und damit Umweltbedingungen und Bürgerrechte ignoriert werden.

Das so genannte vereinfachte Verfahren soll zum Standard der Genehmigungsverfahren werden. Damit würde nur noch für die erste Freisetzung eines neuen GVO ein Genehmigungsverfahren inklusive einer Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung nötig sein, alle anderen Freisetzungen würden nur noch nachgemeldet. Eine Prüfung der Umweltbedingungen für die einzelnen Freisetzungsstandorte entfiele. So könnten auch die Belange des Naturschutzes, etwa die Nähe zu einem Natura 2000-Gebiet, nicht ausreichend in die Bewertung eines Freisetzungsstandortes eingehen. Auf der Strecke blieben Umwelt und Bürgerrechte. Der BN fordert: Vereinfachte Verfahren darf es nicht geben, und es muss für jede einzelne Freisetzung ein Monitoring durchgeführt werden, das die Betreiber nach staatlichen Vorgaben auf eigene Kosten umsetzen.

 

5. Der Abstandswert für Gentech-Mais zu herkömmlichem Mais soll
150 Meter und zu biologischem 300 Meter betragen. Eine Verunreinigung der Ernten wird sich mit diesen Abstandswerten nicht verhindern lassen.

Die genannten Werte liegen viel zu niedrig. Die 2006 veröffentlichte Studie des Joint Research Center der EU-Kommission zur Koexistenz rechnet bei 300 m mit einer Einkreuzung von 0,1 Prozent. Diese Daten basieren auf Untersuchungen in Frankreich und lassen sich nur bedingt auf deutsche Verhältnisse übertragen.

Die Einkreuzung in Nachbarflächen hängt von zahlreichen Variablen ab wie Temperatur, Windrichtung, Windstärke, Größe der Felder und topographischen Gegebenheiten. GVO-Anteile nehmen nicht linear mit der Entfernung ab, sondern steigen in Entfernungen von 100 – 150 m zur Pollenquelle teilweise sogar an.

Der Abstandwert von 150 Metern würde dazu führen, dass dauerhaft Gentech-Einträge in nicht gentechnisch verändertem Mais zu finden sein werden. Damit wäre das Schutzgut gentechnikfreie Landwirtschaft abgeschafft.

Der Entwurf legt außerdem keine Abstände zu Saatgutvermehrungsflächen und zu Naturschutzgebieten fest. Dies ist fahrlässig und gefährdet die Reinheit des Saatguts und schutzwürdige Gebiete. Laut der Joint Research Studie lässt sich bei einer in Hauptwindrichtung liegenden Saatgutvermehrungsfläche nur dann ein GVO-Anteil von 0,1 % im Saatgut einhalten, wenn diese Fläche mindestens 10 Hektar umfasst und sich im Abstand von 1000 m zu GVO-Anbauflächen befindet.

 

6.Durch private Absprachen können Koexistenzmaßnahmen ausgehebelt werden.

Damit können sich GVO-Anbauer von Verpflichtungen der guten fachlichen Praxis freikaufen, was zur Intransparenz und Gefährdung anderer Nachbarflächen führt. Dem umstrittenen Anbau von Mais als Biomasse wird so Vorschub geleistet.

 

7. Forschungsfreisetzungen sollen begünstigt werden, indem nicht zugelassene GVO als Verunreinigungen in Nachbarflächen und –produkten auftreten dürfen.

Derartige, nicht für das Inverkehrbringen zugelassene GVO sollen nichts desto trotz industriell, z. B. als Nachwachsender Rohstoff, verwertet werden dürfen, wenn auch nicht wie ursprünglich vorgesehen als Futter- und Lebensmittel. Zahlreiche GVO-Kontaminationsfälle zeigen aber, dass eine klare Trennung der Lebensmittelkette von anderen Produktionsketten illusorisch ist.

 

8. Die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) soll nur aus einem Gremium bestehen.

Bei der Zusammenführung des für gentechnische Arbeiten im geschlossenen System und des für Freisetzungen und Inverkehrbringen zuständigen Ausschusses wird ökologischer Sachverstand, der für die Beurteilung von Umwelteffekten durch GVO erforderlich ist, nicht angemessen berücksichtigt.

 

 

 

für Rückfragen:

Anton Reinhardt

1.Vorsitzender der BN Kreisgruppe Lichtenfels

Tel. 09571 - 56 19

 

 

Marion Ruppaner

BN Referentin für Landwirtschaft

Tel. 0911/81 87 8-20
E-Mail: marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

 

 

Anlage 1 :

 

Forderungen

des Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft :

 

von EU-Parlament und EU-Kommission:

·        ein gesetzlich garantiertes Selbstbestimmungsrecht der europäischen Staaten für ein Verbot des Anbaus von genmanipulierten Pflanzen und der Sicherung der gentechnikfreien Regionen,

·        die Wiederherstellung eines Moratoriums für die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU,

·        die Kennzeichnungspflicht für Milch, Fleisch, Eier etc. von Tieren, die mit genmanipuliertem Futter ernährt wurden,

·        das Reinheitsgebot für Saatgut – mit der Festlegung der Nachweisgrenze als einzig akzeptablem Wert,

 

von Bundeslandwirtschaftminister Horst Seehofer:

·        Sicherung der gentechnikfreien Produktion, Wahlfreiheit und Transparenz im deutschen Gentechnikgesetz

·        die vollständige Haftungs- und Risikoübernahme durch Gentechnikkonzerne und Gentechnikbauern,

·        Beibehaltung des Zugangs zum Anbauregister, damit die Informationsrechte der Öffentlichkeit gesichert werden.

·        den Schutz sensibler Gebiete im Gentechnikgesetz,

·        Rücknahme der Sortenzulassungen für gentechnisch veränderten Mais

 

von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber

·        Einsatz für Bayern als gentechnikfreie Region

·        Kein Versuchsanbau mit genmanipulierten Pflanzen auf bayerischen Staatsgütern

·        Keine Steuergelder für Pro-Agro-Gentechnik-Kampagnen in bayerischen Schulen, Universitäten und der Öffentlichkeit

 

Mitglieder des Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft: Stand: 22.4.2005

-          Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Bayern/Arbeitsgemeinschaft evangelischer Haushaltsführungskräfte im Deutschen Evangelischen Hausfrauenbund/Arbeitsgemeinschaft noch produzierender Landwirte in Ostbayern/Arbeitsgruppe Ökolandbau im Bayerischen Bauernverband/Biokreis/Bioland, Fachgruppe Imker/Bioland, Landesverband Bayern/Bioring Allgäu/Bund Naturschutz/Demeter/Der Krisenstab/Deutscher Berufs- und Erwerbs-Imker-Bund/Förderkreis für Umweltgesundung/Freisinger Land/Friends of the Earth7Initiative Nahrungskette/Interessengemeinschaft Milchviehhalter Oberbayrn/Interessengemeinschaft Mischfruchtanbau/Hermanndorfer Landwerkstätten/Katholische Landjugendbewegung München-Freising/Katholische Landvolkbewegung (KLB) Bayern/Kein Patent auf Leben/Landesbund für Vogelschutz/Landesverband Bayerischer Imker/ Bezirksverband Imker Oberbayern/Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e. V./Naturland/Naturkost Südbayern/Ökologischer Ärztebund/Region aktiv (Chiemgau)/Tagwerk-Förderverein/Unser Inn-Land/Weilheim-Schongauer-Land Solidargemeinschaft

 

Anlage 2

 

Fehlender Nutzen und Risiken

 

Die gentechnische Veränderung von Pflanzen birgt Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt: Neu in transgenen Pflanzen gebildete Stoffe und Eiweiße können toxisch oder allergen wirken, wie am Beispiel eines in Erbsen gebildeten Bohneneinweißes gezeigt wurde, das zu Immunreaktionen bei Mäusen führte. Ein durch den Einbau der Fremdgene möglicherweise veränderter Stoffwechsel kann Qualität und Verträglichkeit der aus transgenen Pflanzen hergestellten Lebensmittel beeinflussen.

Vielfältige Effekte von Gentech-Pflanzen auf die Umwelt werden diskutiert, angesichts der Komplexität der Ökosysteme sind sie aber kaum abzuschätzen. Pflanzen mit neuen Resistenzeigenschaften und Inhaltsstoffen wirken sich auch auf andere Organismen aus, die nicht getroffen werden sollen (Nichtzielorganismen). So gefährden die in insektenresistentem Bt-Mais gebildeten Giftstoffe Schmetterlinge wie Schwalbenschwanz und Tagpfauenauge, Effekte auf Nützlinge und das Bodenleben sind nicht ausgeschlossen. Der Anbau von herbizidresistenten Pflanzen beeinträchtigt die Artenvielfalt von Wildpflanzen und der davon lebenden Tiere, wie Studien in England gezeigt haben. Der Herbizidverbrauch nimmt mit dem Anbau derartiger Pflanzen nicht ab sondern zu, nicht zuletzt bedingt durch das Auftreten herbizidresistenter Unkräuter, die mit höheren Dosen und zusätzlichen Spritzmitteln bekämpft werden. Überdies sind gentechnisch veränderte Pflanzen, einmal freigesetzt, praktisch nicht mehr rückholbar, da Wind und Insekten (und auch der Mensch) für die Verbreitung von Pollen und Samen sorgen.

 

Gentechnik trägt zur Industrialisierung der Landwirtschaft bei und begünstigt intensive Monokulturen. Statt auf einfache Rezepte zu setzen, wie ausgewogene Fruchtfolgen oder Unterpflügen von Ernteresten, um Schädlingsbefall zu vermeiden, werden gänzlich neue Risiken geschaffen. Erfahrungen aus den USA und Kanada belegen, dass über das Patentrecht Farmer immer weiter entrechtet werden, der soziale Zusammenhalt in den Dorfgemeinschaften untergraben wird, und private Konzernpolizeien die Landwirte ausspionieren und unter Druck setzen, Saatgut, Dünger und Pestizidprogramm im Paket abzunehmen, was einer Art moderner Leibeigenschaft entspricht. GVO-Kontamination gefährdet die gentechnikfreie Landwirtschaft, bürdet der traditionellen Landwirtschaft neue Kosten auf und verweigert den VerbraucherInnen echte Wahlfreiheit.

 

Falsche Versprechungen

 

Die Versprechungen der Agrogentechnik, zu höheren Erträgen und geringerem Pestizideinsatz zu führen, haben sich als hohl entpuppt, ebenso wenig wird sich die Vorstellung, ein komplexes Problem wie der Hunger in der Welt lasse sich durch eine technologische Lösung beheben, bestätigen.

Nichtsdestotrotz sollen mit vermehrtem Aufwand an Steuermitteln Informationskampagnen über Potentiale der so genannten neuen Generation von transgenen Pflanzen gestartet werden. So werden Steuergelder verschleudert, statt auf Förderung und Ausbau umwelt- und gesundheitsverträglicher Landwirtschaft zu setzen.