Kritik an Jagdgesetz-Novelle: Abschussplanungen für Rehwild sollen teilweise abgeschafft werden - Abschuss geschützter Arten aber ausgeweitet werden
Mit großer Sorge sieht der BUND Naturschutz einer Novelle des Bayerischen Jagdgesetzes entgegen. Auf der Internetseite des Bayerischen Jagdverbandes ist ein entsprechender Referentenentwurf des zuständigen Wirtschaftsministeriums aufgetaucht (siehe hier). „Sollte der Entwurf tatsächlich so umgesetzt werden, wäre das ein absoluter Dammbruch beim Artenschutz und bei der im Klimawandel so wichtigen Waldverjüngung, die durch Aiwangers Pläne noch stärker unter Druck kommt“, erklärt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. „Das Papier ist von einer Brisanz, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann und ein absoluter Tiefpunkt des von Tiefpunkten nicht gerade armen Wirkens von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Wir fordern Ministerpräsident Markus Söder auf, diese Novelle zu stoppen und die Aushebelung des Artenschutzes und des von der Staatsregierung unterschriebenen Waldpaktes nicht zuzulassen.“
Der Entwurf sieht vor, dass europarechtlich streng und vor Entnahme geschützte Tierarten vom Artenschutz in die alleinige Zuständigkeit des Jagdrechts übertragen werden. Für sie sollen rechtlich fragwürdige und fachlich problematische weitreichende Möglichkeiten für eine Bejagung eingeführt werden - der Schutz würde damit deutlich abgeschwächt. Das betrifft sowohl etliche neue, als auch einige schon im Jagdrecht enthaltene, aber ganzjährig geschonte Arten. „Minister Aiwanger will offenbar zum Generalangriff auf geschützte Arten blasen, anstatt Einzellösungen für tatsächliche Probleme zu unterstützen, die auch mit dem Naturschutzrecht vereinbar sind“, so die stellvertretende BN-Vorsitzende Beate Rutkowski. „Europarechtlich geschützte Arten haben nichts im Jagdrecht zu suchen. Die meisten Arten wie Luchs, Wildkatze, Feldhamster, Goldschakal oder viele Vogelarten brauchen überhaupt kein Management und schon gar keine Jagd. Auch ein Herr Aiwanger kann das Naturschutzgesetz nicht einfach aushebeln!“
Nicht minder problematisch sind die Pläne zur Bestandsregulierung von Rehwild. Jagdminister Hubert Aiwanger plant, die Abschussplanungen teilweise abzuschaffen, d.h. die behördlichen Vorgaben bezüglich der zu erreichenden Abschusszahlen würden wegfallen. Möglich werden soll dies auch für Jagdreviere mit einer zu hohen Verbissbelastung. Dies ist in etwa der Hälfte der bayerischen Jagdreviere der Fall, in denen die in der Klimakrise dringend notwendige Waldverjüngung praktisch aufgefressen wird. In diesen „roten“ Jagdrevieren werden die gesetzlichen Ziele zur Waldverjüngung klar verfehlt, oft schon seit vielen Jahren. „Wir kritisieren, dass der Freistaat sich hier aus der Verantwortung stiehlt“, so der BN-Wald- und Jagdexperte Ralf Straußberger. „Die Situation der Waldverjüngung wird nicht besser, wenn in roten Jagdrevieren der Staat die Hauptverantwortung künftig auf diejenigen Waldbesitzer und Jäger abschiebt, die die gesetzlichen Ziele schon jetzt nicht erreichen.“
Stattdessen müssen die Jagdbehörden für rote Jagdreviere die Abschussvorgaben erhöhen und deren Umsetzung muss kontrolliert werden (z.B. durch Fotobeweis: körperlichen Nachweis). Als zentrale Grundlage für die Abschussplanung müssen für alle Jagdreviere sogenannte „Revierweise Aussagen“ erstellt werden (Detaillierte Forderungen zu Jagdrecht und Waldverjüngung finden Sie im Anhang).
Eine Regulierung des Rehwildes liegt im Übrigen nicht nur im Interesse der Waldbesitzer, sondern auch im Interesse des Gemeinwohls. Nur ein gesunder klimaresilienter Wald, kann seine vielfältigen Schutzfunktionen erfüllen. Nämlich: Schutz vor Lawinen und Erdrutschen, vor Hochwasser sowie Trinkwasser-, Klima- und Biodiversitätsschutz. Es werden zudem in erheblichem Umfang Steuermittel für die finanzielle Förderung von Pflanzmaßnahmen und Wildschutzmaßnahmen eingesetzt.
Anhang:
BN-Forderungen zu Jagdrecht und Waldverjüngung
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Felix Hälbich,
Pressesprecher, Referent für Medien und Kommunikation
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