Pauschale Biberabschussgenehmigung im Oberallgäu sachlich nicht sinnvoll und rechtlich nicht haltbar
Die alte und neu-geplante Biber-Allgemeinverfügung zur Tötung von Bibern umfasst erneut pauschal einen Gültigkeitsbereich von 30 m entlang von Bundes-, Staats und Kreisstraßen sowie Bahnlinien in einer Länge von ca. 620 km. Daraus ergibt sich ein Gültigkeitsbereich in einer Fläche von ca. 3720 Hektar, auf der Biber geschossen werden dürfen. Der europarechtlich streng geschützte Biber ist auf das Gewässernetz als Lebensraum angewiesen. Auf der potenziellen Zugriffsfläche befinden sich weit über 1.000 Gewässerabschnitte in einer Gesamtlänge von ca. 103 km, auf denen der Abschuss erfolgen dürfte.
„Diese Allgemeinverfügung schießt völlig übers Ziel hinaus und konterkariert das seit Jahrzenten erfolgreiche Bibermanagement Bayerns“, erläutert Dr. Christine Margraf, stellv. BN-Landesbeauftragte und Leiterin des BN-Artenschutzreferates. „Biber sind in Zeiten der Klimakrise wichtiger denn je. Biberreviere dienen dem Hochwasserschutz und als Wasserreservoir in Trockenperioden. Nebenbei explodiert die Artenvielfalt.“
„Die Allgemeinverfügung berücksichtigt die Lebensweise des Bibers in Revieren nicht“, kritisiert Gerhard Schwab, Biberbeauftragter für Südbayern, die Allgemeinverfügung. „Mit über 1.000 Zugriffsorten an Gewässern entlang von Straßen könnten ganze Täler biberfrei geschossen werden. Dabei gibt es seit Jahrzehnten erprobte Maßnahmen, um Biberprobleme auch ohne Abschüsse zu lösen.“
Rechtsanwalt, Dr. Eric Weiser-Saulin, Baumann Rechtsanwälte Würzburg, der den BN in dem Verfahren vertritt, hält die Allgemeinverfügung auch für rechtlich nicht haltbar: „Für streng geschützte Arten ist rechtlich vorgeschrieben, dass vor einer pauschalen Abschussgenehmigung erst alle anderen Alternativen geprüft werden müssen. Dies ist hier nicht erfolgt.“
Julia Wehnert, Geschäftsführerin der BN-Kreisgruppe Kempten-Oberallgäu ist enttäuscht, dass das Landratsamt dieselbe Abschussgenehmigung nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg erneut erlassen will. „In der Vergangenheit wurde immer im Einzelfall nach sachgerechten Lösungen bei Biberproblemen gesucht. Es ist schade, dass dieser Weg nicht weiterverfolgt werden soll.“
Hintergrund:
Der BUND Naturschutz (BN) hatte gegen die am 11. September 2024 erlassene Allgemeinverfügung zum Töten von Bibern geklagt. Der Sofortvollzug der Allgemeinverfügung wurde vom Verwaltungsgericht (VG) Augsburg mit Beschluss vom 8. November 2024 nach einem Eilantrag des BUND Naturschutz gestoppt. Zentrale Begründung war, dass die anerkannten Naturschutzvereinigungen bei der Aufstellung der Allgemeinverfügung nicht beteiligt wurden. Während das Hauptsacheverfahren vor dem VG Augsburg weiterläuft, hat der Landkreis Oberallgäu ein erneutes Verwaltungsverfahren gestartet, um die gleichlautende Allgemeinverfügung erneut zu erlassen. Diesmal wurden die anerkannten Naturschutzvereinigungen beteiligt. Der BN hat dazu nun eine Stellungnahme abgegeben.
Weitere Informationen zur Klage unter:
https://www.bund-naturschutz.de/pressemitteilungen/gericht-stoppt-biberabschuss-im-oberallgaeu
https://www.bund-naturschutz.de/pressemitteilungen/allgemeinverfuegung-zum-biberabschuss-im-oberallgaeu-ist-masslos-ueberzogen