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Tiere und Pflanzen

Bayernweit Schäden durch Schalenwild in Millionenhöhe

BN fordert konsequente Umsetzung des Grundsatzes "Wald vor Wild"

25.09.2006

Jahr für Jahr verursachen überhöhte Schalenwildbestände in Bayerns Wäldern durch Verbiss an nachwachsenden Bäumchen Schäden in zweistelliger Millionenhöhe. Die Artenvielfalt und die Stabilität der Wälder sind massiv gefährdet. Es darf nicht sein, dass sich Waldbesitzer wie die Familie Hinterstoißer aus Aufham ihr Recht auf nachwachsende Mischwälder erst in einem jahrelangen Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht erstreiten müssen. In aller Regel werden Klagen über Wildschäden bereits von den Kommunen oder den Amtsgerichten "abgebogen". Die Pressefahrt in die Wälder zweier Waldbesitzer im Berchtesgadener Land zeigt, wie eng Erfolg und Misserfolg in der Waldverjüngung beieinander liegen und wie stark dies von der Jagd immer noch beeinflußt wird. Der Bund Naturschutz (BN) fordert, dass der gesetzlich vorgegebene Grundsatz "Wald vor Wild" und die Ergebnisse des Vegetationsgutachtens konsequent umgesetzt werden.

BN fordert Stärkung und konsequente Umsetzung des Verbißgutachens
Erste Ergebnisse des neuen Vegetationsgutachtens aus verschiedenen Regionen Bayerns weisen darauf hin, dass der Verbiss von Schalenwild in Bayerns Wäldern massiv angestiegen ist. Offenbar fressen Rehe, Gemsen und Hirsche wieder mehr nachwachsende Bäumchen auf und dabei vor allem diejenigen, die von Natur aus stabile Wälder bilden würden wie die Buche, Tanne oder Eiche. Dadurch werden Naturverjüngungen und Investitionen in Pflanzungen zunichte gemacht, statt Mischwälder drohen wieder instabile Monokulturen aus Fichten oder Kiefern nachzuwachsen. Jahr für Jahr verursachen überhöhte Schalenwildbestände in Bayerns Wäldern Schäden in Millionenhöhe. Die Artenvielfalt und die Stabilität der Wälder sind massiv gefährdet. Der BN fordert deshalb, das Vegetationsgutachten zu stärken und dessen Ergebnisse konsequent bei der Abschussplanung umzusetzen. "Wir brauchen auch eine höhere Stichprobendichte, damit wir Ergebnisse zum Verbiss in den einzelnen Jagdrevieren bekommen," fordert Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. Dies würde auch die Akzeptanz des Gutachtens bei den Jägern und den Waldbesitzern erhöhen. "Auch wenn die Spitze des bayerischen Landesjagdverbandes nicht müde wird, das Vegetationsgutachten schlecht zu reden, bleibt es ohne Alternative", so Hubert Weiger. "Auf staatlich angeordnete Trophäenschauen, auf denen alle Jäger Bayerns per Gesetz verpflichtet sind jährlich ihre Trophäen auszustellen, können wir dagegen gut verzichten, weil diese dem Wald und den Waldbesitzern nicht helfen, sondern schaden."

Hinterstoißer erstritt intakten Mischwald vor Bundesverwaltungsgericht
Die Familie Hinterstoißer bei Aufham hat sich in einem Aufsehen erregenden Gerichtsprozeß in den 80- und 90-ziger Jahren, der bis vor das Bundesverwaltungsgericht ging, ihr Recht auf einen intakten Wald erstritten. Obwohl damals die nachwachsenden Bäumchen massiv verbissen wurden, wollten die Jäger, die Mehrheit der Waldbesitzer in der Jagdgenossenschaft und die zuständige Jagdbehörde keinen höheren Abschuss beim Reh- und Rotwild. Die Familie Hinterstoißer sah sich in ihren Eigentumsrechten verletzt und setzte vor Gericht mit Unterstützung des BN und anderer Naturschutzverbände einen höheren Abschuss durch. Seit 1998 gehen nun die Hinterstoißers in ihren und den angrenzenden Wäldern auch selbst zur Jagd. "Der nachwachsende Mischwald aus Buche, Tanne und sogar Eibe zeigt, dass die Familie Hinterstoißer mit der Bejagung des eigenen Waldes den richtigen Weg eingeschlagen haben," lobt Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN das Engagement der jagenden Waldbesitzer. "Wir freuen uns, dass das richtungsweisende Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes schon nach 10 Jahren zu solch guten Ergebnissen im Wald der Familie Hinterstoißer geführt hat. Damit hat sich unsere Unterstützung und die anderer Verbände voll ausgezahlt."

Feist aus Berchtesgaden kämpft bislang vergeblich
Trotz dieses richtungsweisenden Urteils bereits vor 10 Jahren werden im gleichen Landkreis Berchtesgadener Land Waldbesitzer wie Ekkehart Feist mit massivem Wildverbiss jahrelang von den Behörden und Gerichten alleine gelassen. Ekkehart Feist bewirtschaftet einige Hektar Schutzwälder bei Berchtesgaden. Überhöhte Wildbestände lassen jedoch einen schutzwirksamen Mischwald außer Zaun nicht hochkommen. Ekkehart Feist beantragte einen höheren Abschuss und eine Verlegung einer nahegelegenen Rotwildfütterung. Beides ohne Erfolg. Weder die Mehrheit der anderen Waldbesitzer in der Jagdgenossenschaft, noch die Untere Jagdbehörde und schon gar nicht die Jäger unterstützen eine entsprechende Abschusserhöhung. Daraufhin hat Ekkehart Feist Schadensersatz für die Verbissschäden angemeldet, bislang jedoch nur marginale Entschädigungen bekommen. Der BN fordert deshalb, dass das damalige Hinterstoißer-Urteil endlich auch konsequent umgesetzt wird. Dies bedeutet, dass der Abschuss von der Unteren Jagdbehörde so festgesetzt wird, dass ein stabiler, intakter Mischwald ohne Zaunschutz überall nachwachsen kann.