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Bedrohte Vielfalt in Buchenwäldern

BN fordern besseren Schutz für alte Buchenwälder

24.06.2020

Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) sorgt sich zum Tag der Buchenwälder am 25. Juni um diese bedrohten, für Bayern und Deutschland typischen Lebensräume. Bayern wäre von Natur aus ein Buchenland. „Das Land Bayern besitzt die größte Fläche an Buchenwäldern in Deutschland und muss endlich seine internationale Verantwortung für diese wertvollen Lebensräume wahrnehmen“, fordert der BN-Vorsitzende Richard Mergner: „Buchenwälder schonender nutzen und besser schützen.“ Wenn Buchenwälder alt werden, entwickeln sie sich zu wahren Hotspots der Artenvielfalt. Wegen starker Holznutzungen werden Buchenwälder aber kaum noch über 180 Jahren alt, es sei denn sie werden entsprechend geschützt. Buchenwälder beherbergen eine enorme biologische Vielfalt – bis zu 11.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten.

Der Verantwortung für die Buchenwälder wird Bayern bislang jedoch nicht ausreichend gerecht. Seit Jahren werden vielerorts zu viele Bäume in zu kurzen Zeitabständen gefällt und ökologisch wertvolle Buchenwälder werden nicht geschützt. Der Freistaat weigerte sich sogar geeignete Buchenwälder für ein Weltnaturerbe zu melden, während andere Bundesländer die Chance nutzten und seit 2011 mit fünf anerkannten Weltnaturerbestätten werben können. „Wir fordern von der öffentlichen Hand einen verantwortungsvolleren Umgang mit den Buchenwäldern“, so der BN-Vorsitzende. Infolge jahrzehntelanger intensiver Forstwirtschaft sind viele Buchenwälder so stark aufgelichtet worden, dass sie besonders anfällig für die Folgen der Klimakrise sind. Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des BN: „Das Waldsterben ist vom Menschen verursacht: ob Trockenstress durch die Klimakrise oder die Stickstoffbelastungen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft, den Wäldern geht es so schlecht wie seit langem nicht.“ Nach dem aktuellem Waldzustandsbericht gilt nur etwa jede fünfte Buche als gesund. Die Staatsregierung muss sich schnell für effektive Klimaschutzmaßnahmen einsetzen und die Schadstoffemissionen wirksam reduzieren.

Der BN fordert einen schonenderen Umgang mit den Wäldern. „Vor dem Hintergrund der Klimakrise muss die Forstwirtschaft aufhören, Buchenwälder durch zu starke Auflichtungen zu schwächen“, so Mergner. „Alte Buchenwälder werden so zerstört und es wird verhindert, dass künftig alte Wälder entstehen können.“ Immer mehr Forschungen zeigen, wie wichtig die schützenden Baumkronen für das Waldklima sind. [1]

Nach Auffassung des BN müssen mindestens 10 Prozent der öffentlichen Wäl­der dauerhaft ihrer natürlichen Entwicklung überlassen werden, so wie es die Nationale Biodiversitätsstrategie vorgibt. Denn eine intakte Waldwildnis ist ein essentieller Baustein für den Schutz der biologischen Vielfalt. Mit Blick auf den Anteil von Naturwäldern in Bayern ergänzt Mergner: „Wir begrüßen die Schutz der ersten 5 Naturwaldgebiete durch die Staatsregierung. Aber wenn von den über 1,1 Millionen Hektar an Waldflächen des Freistaates, der Kommunen und des Bundes aktuell nur etwa 3 Prozent als Naturwald geschützt sind, zeigt das, dass da noch viel Luft nach oben ist. Bayern ist weit davon entfernt das 10 Prozent-Naturwaldziel zu erreichen.“ Wenn Bayern so wenige Naturwälder im eigenen Land schützt, macht es die internationale Position Deutschlands beim Urwaldschutz unglaubwürdig. Deutschland kann sich im globalen Kontext nur dann glaubwürdig für den Erhalt von Regenwäldern einsetzen, wenn es seine Verantwortung für den Schutz der heimischen Buchenwälder ernst nimmt und entsprechend handelt.

Gerade bei der Ausweisung von Naturwäldern und dem Schutz von alten Buchenwäldern ist Bayern als Flächenland besonders gefordert. Der BN-Vorsitzende fordert: „In Deutschland gibt es nur noch wenige staatliche Laub­waldgebiete, die für einen großflächigen Schutz der Buchenwälder in Frage kommen. Die Staatsregierung muss endlich den Mut für einen Nationalpark Steigerwald und große Schutzgebiete im Spessart aufbringen. Beide Waldgebiete sind seit 2006 bundesweit als Bayerns Spitzenreiter für ein UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwälder gelistet. Wir fordern die Staats­regie­rung auf, ein Naturwaldverbundkonzept und ein Programm zur Sicherung von Naturwäldern für die verschiedenen Waldbesitzarten auf den Weg zu bringen.“

Die Klimakrise deckt die Defizite in der deutschen Forstwirtschaft schonungslos auf: „Zu viele Nadelbäume und zu viele Rehe und Hirsche“. Der Umbau der Nadelwälder hin zu Laubmischwäldern kann nur gelingen, wenn die zu vielen Rehe und Hirsche an ihren Lebensraum Wald angepasst werden. Mit Blick auf die anstehende Novelle des Bundesjagdgesetzes fordert der BN: „die Verjüngung aus Buchen, aber auch aus Laubbäumen und Weißtanne muss eine Chance haben und kleine Bäumchen müssen aufwachsen können, ohne vom Wild abgefressen zu werden.“ „Wir appellieren an die Staatsregierung und an die bayerischen Bundestagsabgeordneten sich für ein waldfreundliches Bundesjagdgesetz einzusetzen“, so Hans Kornprobst, Sprecher des BN Arbeits­kreises Wald. „Die Buche wird auch in der Klimakrise in den meisten Wäldern eine ganz wichtige und zukunftsfähige Baumart bleiben“.

Für Rückfragen: Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent 0171 / 738 17 24

Bilder: Die beiliegenden Fotos sind unter Namensnennung zum Abdruck freigegeben.

Hintergrundinformationen

Buchenwälder – Deutschlands Verantwortung für die Rotbuche
Deutschland ist von Natur aus ein Land der Buchen- und Buchenmischwälder und trägt mit einem Viertel des natürlichen Verbreitungsgebietes weltweit die größte Verantwortung aller Länder für den Erhalt der Europäischen Rotbuche (lat. Fagus sylvatica).

Von Natur aus wären 67 Prozent der Landfläche Deutschlands von Buchenwäldern bedeckt, tatsächlich sind sie jedoch nur noch auf rund acht Prozent des ursprünglichen Verbreitungsareals zu finden (rund 1.680.000 Hektar, etwa 15,2 Prozent der hiesigen Waldfläche). Mit 54 Prozent dominieren Nadelholzbäume die deutschen Wälder, obgleich diese von Natur aus zu über 83 Prozent aus Laubmischwäldern bestehen würden. Für die biologische Vielfalt wichtige Waldentwicklungsphasen wie die Alters- und Zerfallsphasen kommen in den Wäldern hierzulande kaum noch vor. So liegt der Anteil von Wäldern mit einem Alter von über 160 Jahren nur bei drei Prozent, 14 Prozent sind älter als 120 Jahre. In Bayern nehmen Buchenwälder über 160 Jahre nur noch ca. ein Prozent der gesamten Waldfläche ein.

[1] Bewirtschaftung macht Buchen empfindlicher bei Trockenheit, naturwald-akademie.org/forschung/studien/bewirtschaftung-macht-buchen-bei-trockenheit-empfindlicher/; Baumkronen schützen Waldlebewesen vor Klimaerwärmung, www.wsl.ch/de/2020/04/baumkronen-schuetzen-waldlebewesen-vor-klimaerwaermung.html