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Bund Naturschutz fordert von der bayerischen Staatsregierung klares Bekenntnis zum gentechnikfreien Bayern -

Nationale Anbau-Verbote in europäischen Nachbarländern dürfen nicht mit CSU Hilfe gekippt werden - BN fordert von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner auf Grundlage neuer Risiko-Studien ein deutsches Anbauverbot von Mon 810 – Umweltminister Söders Vorschläge müssen konkret werden

16.02.2009

Bund Naturschutz fordert von der bayerischen Staatsregierung klares Bekenntnis zum gentechnikfreien Bayern -

Nationale Anbau-Verbote in europäischen Nachbarländern dürfen nicht mit CSU Hilfe gekippt werden - BN fordert von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner auf Grundlage neuer Risiko-Studien ein deutsches Anbauverbot von Mon 810 – Umweltminister Söders Vorschläge müssen konkret werden

 

In der CSU wird die politische Positionierung zur Gentechnik im Essen immer diffuser. „Während Bayerns  Umweltminister Markus Söder  zaghafte Schritte in Richtung eines gentechnikfreien Bayerns gehen will, ignoriert  die Bundesagrarministerin Ilse Aigner die Forderungen der großen Mehrheit der europäischen Verbraucher und Landwirte nach Gentechnikfreiheit“, so Hubert Weiger, BN Landesvorsitzender, und weiter: „Bei den jetzt in den EU Gremien anstehenden Entscheidungen schlägt für Ilse Aigner die Stunde der Wahrheit. Frau Aigner muss mit einem klaren Nein verhindern, dass die Anbauverbote des MON 810 in Frankreich, Griechenland und Ungarn gekippt werden, zudem hat sie die Möglichkeit, in Deutschland den Anbau der insektenresistenten Gentech - Maislinie MON 810 noch vor der Aussaat 2009 zu verbieten.“ Denn neuere Studien untermauern die Zweifel an der Sicherheit von gentechnisch veränderten Pflanzen.(siehe Hintergrund zu dieser PM)

„Die Ministerin ist auch aufgefordert, zum Schutz vor gesundheitlichen Risiken der Verbraucher und landwirtschaftlichen Nutztiere gegen die  Zulassung weiterer Genmaislinien durch die  EU-Kommission zu stimmen“, so Dr. Martha Mertens, Sprecherin des BN Landesarbeitskreises Gentechnik. „Sie darf auch keinesfalls zulassen, dass es auf Druck der Gentechnikkonzerne zu einem Freibrief für die Verschmutzung von Futter und Lebensmitteln in Höhe von 0,1% durch nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen in der EU kommt. Nicht zugelassene GVO haben in Lebens- und Futtermitteln nichts zu suchen“, so Mertens.

 

Bayerns Ministerpräsident in der Pflicht – BN Forderungen

 

„Ministerpräsident Horst Seehofer hat in seiner Zeit als Bundeslandwirtschaftsminister immer wieder angekündigt, dass er sich Bayern gentechnikfrei vorstellen könnte, gehandelt hat er bisher jedoch nicht“, kritisiert der BN-Vorsitzende Weiger. Noch immer hat Bayern keinen Antrag auf Aufnahme in das Europäische Netzwerk Gentechnikfreier Regionen gestellt, das seit 2003 besteht, und das das Selbstbestimmungsrecht der Länder über den Anbau gentechnisch veränderter Organismen herbeiführen will.

Die von Umweltminister Markus Söder vorgeschlagene Verträglichkeitsprüfung für Natura 2000 Gebiete beim Anbau von Bt-Mais in einer Entfernung von bis zu 1000 Metern muss als erster Schritt schnellstmöglich durch eine Novelle des bayerischen Naturschutzgesetzes  beschlossen werden, fordert der BN. „Darüber hinaus kann Bayern gemeinsam mit Brandenburg eine Bundesratsinitiative starten, um diese Verpflichtung in allen anderen Bundesländern ebenfalls zu verankern“, so Weiger.

 

Außerdem fordert der BN, neben der Hauptforderung eines generellen Moratoriums auf EU Ebene für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen alle Rechtsmöglichkeiten in den Landesgesetzen zu überprüfen, um dauerhaft gentechnikfreie Regionen zu sichern. So könnte z.B. im Wasserhaushaltsgesetz für Trinkwassereinzugsgebiete der Anbau von Bt -Mais aus Vorsorgegründen untersagt werden.

 

Da unter den derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen eine Koexistenz nicht möglich ist, muss bei einer Novelle des Gentechnikgesetzes die gute fachliche Praxis endlich auch Abstände zu Bienenstöcken im Radius von mindestens 5 km festlegen. Auch für Bioflächen reichen die bislang im Gentechnikgesetz vorgeschriebenen Sicherheitsabstände von 300 Metern nicht aus, hier braucht es Abstände von mindestens 1000 Metern zu Bt- Mais.

 

Für Rückfragen:

Marion Ruppaner,

e-mail: marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

0911 8187820

 am 16.2. mobil: 0173 44 66 55 3

 

Netzwerk gentechnikfreier Regionen: www.gmofree-euregions.net/servlet/ae5Ogm

 

 

Anlage: Hintergrundinformationen des BN zu den neuen Risikostudien

 

Kaum eine Technologie ist so umstritten wie die der gentechnischen Veränderung von Pflanzen und Tieren. Seit Jahren lehnen die europäischen Verbraucher in ihrer überwältigenden Mehrheit den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in der Lebensmittelproduktion ab. Dessen ungeachtet wurden von der EU-Kommission verschiedene GVO für den Import und die Verarbeitung zu Lebens- und Futtermitteln zugelassen, darunter die gegen das Breitbandherbizid Roundup resistente RR-Sojabohne sowie die Roundup-resistente Maislinie NK603 (http://gmoinfo.jrc.ec.europa.eu/). Für den kommerziellen Anbau zugelassen ist die insektenresistente Maislinie MON810, die ein aus dem Bakterium Bacillus thuringiensis stammendes Toxin gegen den Maiszünsler bildet. In Bayern sind derzeit 67 Hektar für den Anbau ab April im öffentlich zugänglichen Standortregister des BVL gemeldet.

 

Doch gerade dieser als Bt-Mais bekannte GVO ist hoch umstritten. Sein Anbau bedroht die gentechnikfreie Landwirtschaft und die Imkerei: Die riesigen Mengen an GVO-Pollen werden durch den Wind verbreitet und führen zur gentechnischen Kontamination von Mais auf Nachbarflächen, Imker können ihren Honig nicht verkaufen, wenn er MON810 Pollen enthält. MON810 Mais gefährdet zudem Organismen, die nicht Ziel der gentechnischen Veränderung sind, z. B. Schmetterlinge. Über diverse Pfade (Pollen, Wurzeln und anderes Pflanzenmaterial) gelangen die gebildeten Bt-Toxine auf Nahrungspflanzen von Nichtzielorganismen und in Böden und Gewässer, sie werden in der Nahrungskette weitergegeben und möglicherweise angereichert. Mit negativen Effekten auf die Artenvielfalt ist zu rechnen. Wegen der Zweifel an seiner Sicherheit ist sein Anbau in diversen EU-Ländern, z. B. Österreich, Ungarn, Griechenland oder Frankreich verboten.

 

Neuere Ergebnisse von Fütterungsversuchen haben die Zweifel an seiner Sicherheit für Mensch und Tier verstärkt. So berichtete eine Arbeitsgruppe der Universität Wien, dass in Langzeitfütterungsversuchen mit dem Gentech-Mais NK603xMON810 Effekte auf die Fortpflanzungsfähigkeit beobachtet wurden. Die damit gefütterten Mäuse hatten weniger und kleinere Nachkommen als Tiere aus der Kontrollgruppe, v. a. in ihrem dritten und vierten Wurf (Velimirov et al. 2008). Eine italienische Arbeitsgruppe fand in Fütterungsversuchen, dass die MON810 Aufnahme signifikante Veränderungen im Immunsystem von Mäusen (in Darm, Milz, Blut) bewirken kann, insbesondere bei Jungtieren (Finamore et al. 2008).

 

Aber auch die seit 1996 zum Import und zur Verarbeitung zu Futter- und Lebensmitteln zugelassene RR-Sojabohne von Monsanto (resistent gegen das Monsanto-Herbizid Roundup) kann nicht als sicher bezeichnet werden. Der Einsatz von herbizidresistenten (HR) Pflanzen führt zu höherem Herbizidverbrauch, schädigt das Bodenleben und die Artenvielfalt sowie die Gesundheit. In solchen RR-Pflanzen ist mit erheblichen Rückständen von Roundup bzw. dessen Wirkstoff Glyphosat zu rechnen. So wurde in verschiedenen Ländern im Zuge der Zulassung von RR-Soja der zulässige Rückstandswert für Glyphosat in Sojabohnen massiv erhöht (Mertens 2007). Mit 20 mg/kg liegt er weit über vergleichbaren Werten für andere Pestizide und Produkte (http://ec.europa.eu/food/plant/protection/resources/mrl_crop.pdf). Das Herbizid Roundup enthält toxische Hilfsstoffe, die die Anwendung erleichtern, die Toxizität des Wirkstoffes Glyphosat aber verstärken.

 

Eine aktuelle französische Studie zeigt, dass Roundup menschliche Zellen schädigt, ja sogar tötet (Benachour & Seralini 2009). Das Team der Universität Caen fand nach Applikation von verschiedenen Roundup-Produkten, Glyphosat und dessen Hauptabbauprodukt AMPA (Aminomethyl-phosphonsäure) bei Nabelschnur-, Plazenta- und embryonalen Nierenzellen Schäden an Zellmembranen, Mitochondrien (den „Kraftwerken“ der Zelle) und DNA. Roundup war besonders toxisch und führte innerhalb von 24 Stunden zum Zelltod, AMPA war sogar toxischer als Glyphosat. Und all dies bei Konzentrationen, die deutlich unter denen liegen, die für die Praxis empfohlen werden. Auch Leberzellen der Maus zeigten nach Applikation von Roundup Schäden an den Mitochondrien (Malatesta et al. 2008a). Nach zweijähriger Verfütterung von RR-Sojabohnen an Mäuse beobachteten Malatesta et al. (2008b) metabolische und morphologische Veränderungen der Leberzellen, ob dies allein der Toxizität von Herbizidrückständen zuzuschreiben war, ist offen. Trotz dieser gesundheitlichen Risiken genehmigte die EU-Kommission erst kürzlich die zweite RR-Sojalinie (MON89788) zum Import und zur Verarbeitung als Lebens- und Futtermittel (http://www.gmo-compass.org/eng/gmo/db/100.docu.html).

 

Europäisches Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen mangelhaft

 

Langzeitversuche mit der ganzen transgenen Pflanze oder die Untersuchung der Toxizität von Herbizidrückständen sind keine Standardansätze für die europäische Risikobewertung von GVO. So werden Fütterungsversuche mit GVO oder nur mit den isolierten Proteinen zumeist nur über 30 - 90 Tage und selten über mehrere Generationen durchgeführt (Domingo 2007). Laut Spök et al. (2003) waren die vor der Zulassung von MON810 Mais durchgeführten Studien zur Toxikologie und Allergologie nicht geeignet, entsprechende Risiken auszuschließen. Das derzeitige europäische Zulassungsverfahren für GVO, bei dem die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA die zentrale Rolle spielt, ist demzufolge unzureichend und schützt die KonsumentInnen nicht sicher vor den Risiken der Gentechnik.

 

Die Umweltminister der EU haben bei ihrer Sitzung im Dezember 2008 festgestellt, dass das Zulassungsverfahren für GVO und die Arbeit der EFSA verbesserungsbedürftig ist und einen Maßnahmenkatalog aufgestellt.(http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/08/st16/st16882.de08.pdf). So sollen u. a. die Umweltverträglichkeitsprüfung von GVO verbessert, Folgen des Herbizideinsatzes bei HR-Pflanzen berücksichtigt und sozioökonomische Risiken bewertet werden. Obwohl diese Empfehlungen noch nicht umgesetzt sind, http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/en/envir/104509.pdfplant die EU-Kommission jedoch in nächster Zeit zwei weitere Bt-Maislinien zum Anbau zuzulassen (Bt11 Mais von Syngenta und 1507 Mais von Pioneer, letztere trägt zusätzlich eine Resistenz gegen das Bayer-Herbizid Liberty/Basta). Außerdem sollen  EU-Länder, die den Anbau von MON810 Mais verboten haben, gezwungen werden, ihre Anbauverbote aufzuheben.

 

Umwelt- und Verbraucherverbände kritisieren seit langem das EU-Zulassungsverfahren für GVO und fordern seine Verbesserung wie auch eine  Reform der europäischen Zulassungsbehörde EFSA. Demokratische Abstimmungsprozesse sind unerlässlich.

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

 

Benachour & Séralini 2009. Glyphosate formulations induce apoptosis and necrosis in human umbilical, embryonic, and placental cells. Chem. Res. Toxicol. in press.

Domingo 2007. Toxicity studies of genetically modified plants: A review of the published literature. Crit. Rev. Food Science.Nutrition 47, 721-733.

Finamore et al. 2008. Intestinal and peripheral immune response to MON810 maize ingestion in weaning and old mice. J. Agric. Food Chem. in press. www.gentechnikfreie-regionen.de/hintergruende/studien/risikobewertung.html

Malatesta et al.2008a. Hepatoma tissue culture (HTC) cells as a model for investigating the effects of low concentrations of herbicide on cell structure and function. Toxicology in Vitro 22, 1853-1860.

Malatesta et al. 2008b. A long-term study on female mice fed on a genetically modified soybean: effects on liver aging. Histochem. Cell Biol 130, 967-977.

Mertens 2007. RoundupReady Sojabohne – Wiederzulassung in der EU? http://www.gentechnikfreie-regionen.de/hintergruende/studien/risikobewertung.html.

Spök et al. 2003. Toxikologie und Allergologie von GVO-Produkten – Teil 2A. Monographien Band 164A, Wien. 

Velimirov et al. 2008. Biological effects of transgenic maize NK603xMON810 fed in long term reproduction studies in maize. www.bmgfj.gv.at.