Bund Naturschutz zieht "Grüne Bilanz 2006"
Bayerns größter Umweltverband sieht sich im Aufwind: Wie in ganz Bayern steigen auch in Mittelfranken die Mitgliederzahlen, drei von vier vom BN getragene oder intensiv unterstütze Bürgerentscheide wurden gewonnen. Ein weiteres Bürgerbegehren führte schon vor der Abstimmung zum Erfolg. Wir können eine insgesamt positive Bilanz unserer Aktivitäten ziehen", so Hubert Weiger, der Vorsitzende des BN.
Als größte mittelfränkische Erfolge gelten die meist mit Partnerorganisationen gemeinsam gewonnenen Bürgerentscheide gegen flächenfressende Planungen und für Innenentwicklung: in Schwanstetten, Lkr. Roth (gegen Supermarkt auf der grünen Wiese; 57 % Zustimmung), in Roth, (gegen überdimensioniertes Einkaufszentrum; 73 % Zustimmung), in Spardorf, Lkr. Erlangen-Höchstadt (gegen Wohngebiet auf Streuobstwiese; 60 % Zustimmung). Lediglich in Heideck (Lkr. Roth) konnte die Mehrheit gegen einen neuen Discounter am Ortsrand nicht erreicht werden (73 % für Planung). Auch die wiederholte Verhinderung eines Golfplatzes in Kalchreuth, Lkr. ERH, und die Verkleinerung der Ausbaupläne der Rastanlage Aurach kann der BN unter „Bayerns Schönheit bewahrt“ verbuchen.
Dazu gehört auch, dass das Fürther Wasserbündnis bereits in der ersten Stufe, dem Bürgerbegehren mit 13.000 Unterschriften erreichen konnte, dass die Abwasserentsorgung der Stadt Fürth in kommunaler Hand bleibt.
Und: Durch den öffentlichen Druck konnte bereits Anfang 2006 ein privater Freisetzungsversuch mit genmanipuliertem Mais im Landkreis Erlangen-Höchstadt vereitelt werden. Im Herbst sorgte die Demo für ein gentechnikfreies Bayern in Nürnberg mit 3.000 TeilnehmerInnen noch einmal für ein eindrucksvolle Bilder. Mittelfranken hat derzeit vier gentechnikfreie Regionen: in Hüttendorf (Stadt Erlangen), Offenbau (Lkr. Roth), Vorderhaslach und Hartenstein (Lkr. Nürnberger Land)
Ebenfalls riesige Erfolge waren die Initiativen für Regionale Wirtschaftskreisläufe, z.B. der Tag der Regionen in Alfeld (Lkr. Nürnberger Land) mit 10.000 TeilnehmerInnen, bundesweit eine der größten Veranstaltungen dieser Art, die Vermarktung von Streuobst-Apfelsaft der Marke "Grünspecht" durch die Kreisgruppe Ansbach oder der Verkauf von Karpfen aus dem Projekt "Karpfen pur Natur" der Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach.
2006 wurde das erfolgreiche umweltpädagische Programm "Sehnsucht Wildnis", das bisher in der Städteachse Erlangen, Fürth, Nürnberg und Schwabach angeboten wurde (und allein im Schuljahr 2005/06 für 4.600 SchülerInnen 208 Exkursionen durchführte) auf die Landkreise Neustadt/Aisch-Bad Windsheim und Nürnberger Land ausgedehnt. Viele hundert Veranstaltungen für Erwachsene und Kinder waren es mittelfrankenweit, allein in Roth fanden 80 öffentliche Führungen, Vorträge und Workshops statt. Die Kreis- und Ortsgruppen wurden dem Ruf des BN als größte ökologische Volkshochschule wieder gerecht. Mit einer Storchennest-Webcam in Dinkelsbühl konnte auch die Internetgemeinde erreicht werden. Die Seite erfreute sich wieder hoher Zugriffszahlen. Das vom Bund Naturschutz mitgetragene Naturschutzzentrum Wengleinpark in Hersbruck hat 2006 mit einer Vielzahl von Veranstaltungen Impulse für Umwelt- und Naturschutz und die Stärkung ländlicher Räume gesetzt.
Im Vorfeld der Fußball-WM gelang es der Kreisgruppe Fürth, die Planungen für ein riesiges WM-Camp auf einem der größten Sandmagerrasen in Fürth-Atzenhof umzulenken und das geschützte Areal zu retten.
Der Kreisgruppe Neustadt/Aisch - Bad Windsheim gelang es, einen Abfallskandal aufzudecken: In der Tongrube Oberniederndorf war jahrelang ungenehmigt kontaminierter Gleisschotter abgelagert worden. Dieser soll nach Verfügung des Landratsamtes wegen Grundwasserbedrohung wieder entfernt werden. Immerhin handelt es sich um 30.000 t!
Mit dem vom Bay. Naturschutzfonds geförderten Ankauf einer ehemaligen Sandgrube bei Pyras konnte die Kreisgruppe Roth 2006 ein weiteres Schwerpunktgebiet der SandAchse Franken sichern. Es steht beispielhaft für ca. 140 Grundstücke mit 140 ha Fläche, die zum Schutz heimischer Pflanzen und Tiere und als Kleinode der Landschaft vom BN bis heute in Mittelfranken durch Kauf gesichert wurden. Jährlich gibt der BN dafür bayernweit zwischen 500.000 und 1 Mio. € aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Fördermitteln aus.
Der Artenschutz begann wieder im Frühjahr mit Amphibienaktionen in fast allen Landkreisen (z.B. Lkr. Roth 7.000 Kröten, Frösche und Molche gerettet, Bonnhof im Lkr. Ansbach 2.100) und endete im Spätherbst mit Heckenpflege. Mit Umweltminister Werner Schnappauf konnte ein Kirschlehrpfad in Kalchreuth (Lkr. ERH) eröffnet werden. Spektakuläre Aktionen wie in Fürth rückten das Thema Baumschutz in Städten wieder ins Blickfeld.
Dass der BN in der Mitte der Gesellschaft steht, zeigen nicht nur die zahlreichen gut besuchten Feste (z.B. der erfolgreiche Wein-, Bauern- und Handwerkermarkt in Scheinfeld, die Kirschkerwa Kalchreuth, das Reichswaldfest mit 5.000 BesucherInnen u.a.), sondern auch die Beteiligung des BN an Weihnachtsmärkten, Altstadtfesten, Stadtwaldfesten, Apfelmärkten, Bürgerfesten usw.. Die ehrenamtliche Arbeit des BN wird auch wahrgenommen: Staatsminister Kurt Faltlhauser überreichte der Kreisgruppe Neustadt/Aisch-Bad Windsheim den Bay. Umweltpreis für das erfolgreiche Projekt "Hutewälder im Landkreis", Ulla Lippmann wurde vom Bayerischen fernsehen mit einem "Sternchen" für ihre Kindergruppenarbeit im Landkreis Fürth geehrt und Werner Sauer aus der Kreisgruppe Schwabach erhielt von der Stadt die Anna-Wolf-Medaille für sein Engagement gegen die Rednitztalautobahn B2a.
Besonders erfreulich und sicher auch ein Ergebnis der jahrelangen Aufklärungs- und Lobbyarbeit des BN sind die Entwicklungen bei den Solaranlagen in Mittelfranken: Gollhofen (Lkr. NEA) ist Spitzenreiter in der Solarbundesliga bei den Kleinstädten, Bad Windsheim auf Platz 13 der Mittelstädte und unter den Großstädten liegt Fürth auf Platz 3, Erlangen auf Platz 6 und Nürnberg auf Platz 16.
Rückschläge waren und sind die Folgen der Forstreform mit erstmals seit Jahrzehnten wieder vorgenommenen Kahlschlägen (z.B. im Reichswald bei Leinburg) und die seitdem schwierigeren Bedingungen für den ökologischen Waldumbau, der gerade angesichts tausender Hektar Kahlschlägen nach Borkenkäferbefall in West-Mittelfranken nötiger ist denn je.
Auch der Baubeginn für die Westspange in Zirndorf, der Bau der Süd-Ost-Tangente in Ansbach, die Genehmigung unnötiger Straßenneubauten (z.B. B 470 Ortsumfahrung Demantsfürth, Lkr. NEA) und die Planung weiterer unsinniger Straßenbauprojekte (z.B. Autobahnverbindung Frankenschnellweg - Süd-West-Tangente in Fürth, kreuzungsfreier Ausbau des Frankenschnellweges in Nürnberg, Spange Rothenburg o.d.T., B13neu vom Seenland zur A9) zählen zu den Rückschlägen.
Eine Fehlentscheidung war auch die Verlagerung der Zuständigkeit für die Genehmigung von Fang und Abschuss des Bibers von den Bezirksregierungen auf die Landkreise, was gerade im westmittelfränkischen Bereich zu Konflikten führen wird.
Auch das weitere Beharren der verantwortlichen Politik in Bund und Land auf umweltzerstörenden Infrastrukturgroßprojekten wieder ICE-Neubaustrecke Nürnberg-Erfurt zählt zu den Rückschlägen der mittelfränkischen Umweltarbeit.
Erfreulich ist das Wachstum bei den bay. Mitgliedszahlen: Der BN hat Ende 2006 erstmals über 170.000 Mitglieder und Förderer. In Mittelfranken sind es derzeit 25.760 Mitglieder und Förderer (+ 1,4%) in elf Kreisgruppen. Allein Stadt und Lkr. Ansbach und in Fürth konnten fast 800 neue Mitglieder und Förderer gewonnen werden. Der BN sagt allen Neuen "Herzlich willkommen bei den Freunden der Erde".
Schwerpunkte des BN in Mittelfranken 2007
Mittelfranken ist mit einem extrem hohen Energieverbrauch, der täglichen Zerstörung von landwirtschaftlich nutzbaren Böden (bayernweit 15,2 Hektar), dem Verlust von hunderten Bauernhöfen (bayernweit 5.000 pro Jahr), einer unverantwortlichen Förderung des umweltschädlichen KFZ- und LKW-Verkehrs und länger werdender Roter Listen gefährdeter Tiere und Pflanzen noch weit von einer nachhaltig-umweltgerechten Entwicklung entfernt.
Der Flächenverbrauch und die Energievergeudung durch Verkehrsprojekte wird ein wichtiges Thema des BN werden: 2007 ist mit dem Planfeststellungsverfahren zur Südumfahrung Buckenhof-Uttenreuth-Weiher (Lkr ERH) und für die Nordspange zum Flughafen Nürnberg (B4f) zu rechnen. Auch der im Verfahren befindliche Autobahnanschluss Steinach für Möbel Höffner (Stadt Fürth) und die Planungen zum Ausbau der B8 parallel zur Autobahn A 3 werden genauso wie die Alternativen dazu thematisiert. Die Klage gegen den Bau der B 14neu (Lkr. Nürnberger Land) durch das Hochwassergebiet der Pegnitz wird den BN ebenfalls weiter beschäftigen.
Der Flächenverbrauch für Wohn- und Gewerbegebiete angesichts prognostizierter Bevölkerungsabnahme in Bayern wird unter dem Slogan "Bayerns Schönheit bewahren" weiter thematisiert werden. Dazu wird die neue Ausstellung "Wie wohnen - wo leben? Flächen sparen - Qualität gewinnen" in Mittelfranken touren.
Der BN wird dieses Jahr in Mittelfranken seine Wächterrolle zur Sicherung des Staatswaldes ausfüllen. Durch eine Regionalplanfortschreibung sollen wieder riesige Flächen für Sandabbau im Reichswald bei Leinburg, Winkelhaid, Altdorf und Röthenbach b.St.W. geopfert werden. Der neu geschaffene Forstbetrieb aber auch Privateigentümer wie Graf von Faber-Castell setzen hier offenbar auf "Business as usual". Hier wird der Bund Naturschutz sich aktiv für den Walderhalt einsetzen.
Die niederbayerischen Kreisgruppen können im Kampf um die frei fließende Donau mit breiter mittelfränkischer Unterstützung rechnen.
Initiativen zum Klimaschutz werden weiter verstärkt. Insbesondere die Werbung für Wärmedämmung von Gebäuden als beste Umweltinvestition, die Verkehrswende Richtung Verkehrsvermeidung und -verlagerung auf die Bahn sowie Initiativen für Energiealternativen werden weiter vorangetrieben.
Mit Aktionen gegen Gentechnik im Essen will der BN den BürgerInnen mehr Sicherheit bei den Nahrungsmitteln verschaffen und eine Aufweichung des Gentechnikgesetzes verhindern. Insbesondere Veranstaltungen zu gentechnikfreiem Tierfutter werden 2007 durchgeführt.
Nicht zuletzt wird der Verband die Mitgliederwerbung zur Sicherung des unabhängigen BN verstärken. Die bewährte Umweltbildungsarbeit, die Biotoppflege und viele andere Themen bleiben selbstverständlich wichtige Aufgaben des BN. Die Schwerpunkte werden durch lokale Projekte durch die Kreis- und Ortsgruppen ergänzt.
Auch 2005 wird der Bund Naturschutz das grüne Gewissen Mittelfrankens bleiben.