DER BUND NATURSCHUTZ FORDERT DIE BAYERISCHE STAATSREGIERUNG AUF SICH KLAR ZUM ATOMAUSSTIEG ZU BEKENNEN UND VERANTWORTUNG FÜR BAYERISCHEN ATOMMÜLL ZU ÜBERNEHMEN
"Wir wissen bis heute nicht wohin mit dem Atommüll, der durch den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke immer größer wird. Im Atomstaat Bayern liefen bis 2011 fünf AKW Blöcke, Ende des Jahres werden in Bayern immer noch drei AWK Blöcke laufen und weiterhin Atommüll produzieren. Die Reaktion der Bayerischen Staatsregierung zum Verbleib der Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague zeigt - es mangelt an Absprache, Koordination und gemeinsamen Willen für eine geordnete Lösung bezüglich der Zwischenlagerung und des Verbleibs des Atommülls. Dies unterstreicht unsere klare Forderung seit langem: Atomausstieg sofort, Abschalten sofort und sofortiger Stopp der Produktion neuen Atommülls!" fordert Hubert Weiger, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Bayern.
"Atommüll wurde und wird in Bayern produziert, als Zwangsprodukt der Atomstromproduktion. Atommüll wird in Sellafield und La Hague umgearbeitet, aber der Atommüll bleibt und wird nun zurückkommen. Hier muss auch Bayern Verantwortung für seine verfehlte Energiepolitik übernehmen. Die Urteile der Verwaltungsgerichte zum Zwischenlager Brunsbüttel zeigen auch für Bayern klar - die Zwischenlager in Bayern haben technische Defizite bei der Sicherheit. Der BUND Naturschutz fordert hier von der Bayerischen Staatsregierung die sofortige längst überfällige Sicherheitsprüfung und umgehende Schritte zu umfangreichen Nachrüstungen aller Zwischenlager", so Weiger weiter.
"Wir halten es für sehr bedenklich, wie die Bayerische Staatsregierung ein Pokerspiel um die Energiewende startet. Den Verbleib des bayerischen Atommülls mit der Umsetzung der Energiewende in Bayern zu verknüpfen ist politisch gefährlich und aus unserer Sicht verantwortungslos. Der Atomausstieg darf nicht an Bedingungen geknüpft werden. Bayern muss bedingungslos zum Atomausstieg stehen. Bayern darf sich nicht aus seiner Verantwortung für seinen Atommüll stehlen. Diese Verantwortung an einen Handel über Einzelschritte der Energiewende koppeln zu wollen, ist völlig unakzeptabel", kritisiert Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz in Bayern.
"Die Planungen für das atomare Zwischenlager Ohu / Isar hatten zunächst gar keine Flugzeugabstürze berücksichtigt, und das obwohl Landshut in der Einflugschneise des internationalen Flughafens München liegt. Später wurden kleinere Zivilmaschinen berücksichtigt, Größe A320, mit maximal 80 Tonnen und ca. 30.000 Liter Treibstoff. Das Zwischenlager hält einem solchen Absturz gemäß Planung nicht stand, aber angeblich die Castoren, die die hochradioaktiven Brennelemente enthalten. Eine große Zivilmaschine wie der A380 wiegt maximal 570 Tonnen und enthält bis 300.000 Liter Treibstoff. Verwaltungsgerichte hatten die Genehmigung eines norddeutschen Zwischenlagers beim AKW Brunsbüttel versagt, mit Verweis auf fehlende Sicherheit bei Flugzeugabstürzen. Auf unsere Anfrage hatte unsere Aufsichtsbehörde, das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, geantwortet: Juristisch ist alles in Ordnung. Wenn aber ein A380 auf das Zwischenlager Ohu / Isar stürzt, wird Landshut unbewohnbar und wir müssen Niederbayern räumen. Die bayerische Atompolitik ist hier völlig verantwortungslos", so Dr. Wilfried Attenberger, Vorstand in der BUND Naturschutz Kreisgruppe Landshut und stellvertretender Sprecher des Landesarbeitskreises Energie und Klimaschutz des BUND Naturschutz in Bayern.
Der BUND Naturschutz ist der Auffassung, dass es ethisch und politisch geboten ist, den Atommüll aus der bayerischen Stromproduktion aus dem Ausland zurückzuholen. Aus Sicht des BUND Naturschutz machen die schieren Zahlen das aktuelle politische Getöse nicht recht verständlich. Bayern hatte in den vergangenen Jahren des "Atomstaates Bayern" über 3800 Tonnen hoch radioaktiven Atommüll produziert. Nun geht es in der aktuellen Diskussion um eine Menge von ca. 50 bis 100 Tonnen Atommüll, die aus den Wiederaufbereitungsanlagen aus Frankreich und Großbritannien nach Bayern zurückkommen sollen.
Der BUND Naturschutz fordert hierzu eine klare und transparente Sicherheitsanalyse mit Öffentlichkeitsbeteiligung - die Bürger und Bürgerinnen vor Ort müssen mitentscheiden können. Der BUND Naturschutz fordert einen Abgleich der Sicherheitssituationen in den Zwischenlagern an den Wiederaufbereitungsanlagen und den Zwischenlagern in Bayern. Der BUND Naturschutz fordert, dass die hochriskanten Transporte von Castoren minimiert werden. Der BUND Naturschutz weist darauf hin, dass an den bayerischen AKW Standorten für die Zwischenlager nur "heiße Zellen" zum Umgang mit abgebrannten hochradioaktiven Brennelementen in den Castoren existieren. Die Castoren aus den Wiederaufbereitungsanlagen enthalten jedoch Glaskokillen, in denen die hochradioaktiven Materialien glasartig eingeschmolzen sind. Es ist aus Sicht des BUND Naturschutz nicht akzeptabel, Castoren nach Bayern zu liefern, wenn hier die Einrichtungen zum Umgang, zum Beispiel bei Schäden, fehlen!
Aus Sicht des BUND Naturschutz ist es inakzeptabel, wenn das zuständige bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz nach Aufhebung der Genehmigung für eines der Zwischenlager in Brunsbüttel nun so tut, als gäbe es an den bayerischen Standorten in Gundremmingen, Ohu/Isar und Grafenrheinfeld keinerlei Sicherheitsprobleme. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz als Aufsichtsbehörde muss nun umgehend nachweisen, dass die bayerischen Zwischenlager beispielsweise gegen Terrorattacken umfangreich geschützt sind. Aus Sicht des BUND Naturschutz müssen an allen bayerischen Standorten umgehend Nachrüstungen für verbesserte Sicherheit für die Zwischenlager hoch radioaktiver Brennelemente umgesetzt werden, die strengeren Sicherheitskriterien genügen als bisher und die Sicherheitslücken im Zwischenlager Brunsbüttel berücksichtigen.
Für den BUND Naturschutz ist die Darstellung der Bayerischen Staatsregierung nicht glaubhaft, es gebe trotz Aufhebung der Genehmigung für das Zwischenlager in Brunsbüttel bei den Atommüll-Lagern in Bayern keine Sicherheitsprobleme. Auch wenn das dazugehörende Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig nur die Zwischenlagerung hochradioaktiver Brennelemente in Brunsbüttel betreffe, gingen dessen Folgen weit darüber hinaus. Da alle Zwischenlager nahezu gleichzeitig geplant, genehmigt und gebaut worden seien, bestünden die oder ähnliche Defizite mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an Standorten in Bayern.
Der BUND Naturschutz fordert, dass neue Sicherheitsüberprüfungen an allen bayerischen Atommüll-Zwischenlagern für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar durchgeführt werden. Misslingt dies, dann wäre dies ein Beleg dafür, dass Atomenergie und Rechtsstaat miteinander unvereinbar sind.
Für Rückfragen:
Dr. Herbert Barthel, BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Referat Energie und Klimaschutz, Tel. 0151 5048 9963