Donaufest in Niederalteich und 100 Jahre BUND Naturschutz
Seit hundert Jahren stellt sich der BUND Naturschutz (BN) schützend vor Bayerns Landschaften und setzt sich für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen ein. Auch in Niederbayern hat sich der BN in dieser Zeit mit seinen neun Kreisgruppen als „grünes Gewissen“ der Region etabliert. Gefeiert wurde der runde Geburtstag des BN für den Bezirk Niederbayern im Rahmen des traditionellen, mittlerweile bereits 11. Donaufestes am Christi Himmelfahrts-Tag in Niederalteich. Ein besonderer Anlass zur Freude war in diesem Jahr außerdem, dass nun auch die Bayerische Staatsregierung weiteren Staustufen an der niederbayerischen Donau eine Absage erteilt hat. Zusammen mit vielen befreundeten Verbänden und Organisationen hatten die zahlreichen Aktiven der niederbayerischen BN Gruppen daher allen Grund zum Feiern.
Dazu der Landesvorsitzende Prof. Dr. Hubert Weiger: „Als der Bund Naturschutz im Jahr 1913 gegründet wurde waren in vielen Bereichen bereits die Folgen der Industrialisierung, wie Flussbegradigungen und -verbauungen, neue Straßentrassen oder Industriebauten sichtbar. Es gab aber noch keine Umweltschutzinstitution und der Fortschrittsglaube an technische Lösungen war ungebrochen. Die Gründung des BUND Naturschutz war schon damals überfällig. Heute haben wir allein beim BN in Niederbayern 17.770 Mitglieder und Förderer und bilden zusammen mit vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern, anderen Verbänden und Initiativen eine unüberhörbare Umweltbewegung, was sich insbesondere auch beim Widerstand gegen die Kanalisierung der Donau zwischen Straubing und Vilshofen eindrucksvoll und erfolgreich gezeigt hat. Angesichts des fortschreitenden Raubbaus an Rohstoffen, der Vergiftung unserer Böden mit Pestiziden, des fortschreitenden Flächenverbrauchs und des Klimawandels brauchen wir alle eine starke Umweltbewegung. Sie ist sogar nötiger denn je angesichts der vor uns stehenden Aufgabe, eine nachhaltig umweltgerechte Entwicklung durchzusetzen und unsere Heimatlandschaften zu bewahren.“
Der BN hat auch in Niederbayern eine eindrucksvolle und durchaus bewegte Geschichte. Bereits Ende der 1970er Jahre war er flächendeckend in allen Landkreisen und kreisfreien Städte vertreten. So können heuer, im 100sten Jubiläumsjahr des Verbandes, beispielsweise die Kreisgruppen Freyung-Grafenau, Landshut und Straubing-Bogen auch ihren 40sten Geburtstag feiern.
Ein ganz zentraler und herausragender Erfolg, nicht nur für Niederbayern, war Anfang der 70er Jahre die Gründung des ersten deutschen Nationalparks im Bayerischen Wald. Die Idee dazu stammte von Hubert Weinzierl, dem damaligen BN-Vorsitzenden. Trotz gesellschaftspolitischer Hürden die zu überwinden waren, sowie zahlreicher Widerstände und Bedenken konnte das Schutzgebiet schließlich am 7. Oktober 1970 feierlich eröffnet werden. Der Grundstein für die natürliche Entwicklung eines mitteleuropäischen Waldökosystems war damit gelegt und die Voraussetzung zur Entstehung einer Waldwildnis in Herzen Europas geschaffen. Der BN hat dazu maßgeblich beigetragen und die Weiterentwicklung des Nationalparks kritisch und konstruktiv begeleitet. Das Schutzgebiet ist heute aber nicht nur für die Natur von herausragender Bedeutung, sondern auch ein Aushängeschild und Alleinstellungsmerkmal für den Tourismus in der Region.
Ein weiterer Schwerpunkt des BN in Niederbayern waren die Planungen an der Donau im Bereich der Weltenburger Enge. In den 50er-, 60er- und 70er Jahren gab es hier Pläne für eine Staustufe mit Kraftwerk kurz oberhalb von Kelheim und sogar Überlegungen den Schifffahrtsengpass des Donaudurchbruchs durch einen Kanal im Süden zu umgehen. Der BN hat dagegen entschiedenen Widerstand geleistet und wesentlich mit dazu beigetragen, dass diese Pläne 1982 endgültig aufgegeben wurden.
Als drittes zentrales Thema des BN in Niederbayern ist der Einsatz für die Bewahrung des letzten frei fließenden Abschnitts der niederbayerischen Donau zwischen Straubing und Vilshofen hervor zu heben. Seit mittlerweile 25 Jahren kämpft der BN gegen die geplante Kanalisierung und die Zerstörung dieses Flussökosystems und für die Erhaltung der einmaligen Donaulandschaft. Mit dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung vom Februar 2013 zum Donauausbau zunächst ohne Staustufe und Schleusenkanal wurden nun endlich die Prioritäten richtig gesetzt, aber dennoch keine definitive Entscheidung getroffen. Die endgültige Aufgabe der Staustufenpläne wird weiterhin das Ziel bleiben. Dafür werden sich der BN und die anderen In der Donau-Allianz zusammen geschlossenen Verbände einsetzen, zusammen mit den vielen Menschen vor Ort die sich um ihre Heimatlandschaft sorgen.
Durch das Engagement des BUND Naturschutz wurden auch viele Landschaften in Niederbayern vor geplanten Zerstörungsprojekten gerettet und die Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten vorangebracht. Hierzu gehören u. a. der ehemalige Standortübungsplatz Landshut, der durch die Initiative der Kreisgruppe seit 10 Jahren Naturschutzgebiet ist, oder die Sandlebensräume bei Abensberg im Landkreis Kelheim mit der Sandharlander Heide. Verhindert wurde ein in den 1970er Jahren geplantes Wasserkraftwerk an der Ilz mit einer 60 Meter hohen Staumauer in der Dießensteiner Leite im Landkreis Freyung-Grafenau. Heute ist die Ilz als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Durch den Widerstand des BN zusammen mit anderen Verbänden und einer örtlichen Bürgerinitiative wurde auch im Landschaftsschutzgebiet Bayerischer Wald bei Rettenbach ein von BMW geplantes Offroad-Trainingszentrum für schwere Geländewagen nicht realisiert und der Standort aufgegeben.
Im Rahmen von Arten- und Biotopschutz-Projekten wie das Wiesenbrüter-Projekt im Vilstal oder im Wallersdorfer Moos im Landkreis Dingolfing-Landau konnten mit Hilfe des Bayerischen Naturschutzfonds viele Kristallisationspunkte des Natur- und Artenschutzes entwickelt werden. Die Kreisgruppen Regen und Freyung-Grafenau haben sich insbesondere beim Hochmoorschutz engagiert. Diese Projekte stehen beispielhaft für viele andere Aktivitäten der letzten Jahrzehnte in Niederbayern, sei es durch den Ankauf von Grundstücken oder die Pacht von Flächen. Alle niederbayerischen Kreisgruppen betreuen mit ihren Aktiven ehrenamtlich ein riesiges ökologisches Netzwerk schutzwürdiger Lebensräume mit gefährdeten Pflanzen- und Tierarten.
Wir mussten natürlich auch viele Niederlagen einstecken, die nicht nur die BN-Aktiven, sondern auch alle umweltbewussten Menschen betrauern. Darunter der nach wie vor bekämpfte Bau der Autobahn A 94 oder die Ortsumgehung Plattling, die auch das Isarmündungsgebiet am Rand tangiert. Seit nunmehr 30 Jahren kämpft der BN und insbesondere die Kreisgruppe Landshut auch gegen die neue „Autobahn“ B15 neu, durch die auf insgesamt 140 Kilometern Länge wertvolle Natur- und Kulturlandschaften von Saalhaupt (A 93) über Landshut (A 92) bis Rosenheim (A 8 ) zerschnitten und massiv beeinträchtigt wurden. Besonders gravierend ist dabei auch die Vernichtung wertvollster landwirtschaftlicher Böden. Da die nördlichen Abschnitte bereits fertig gestellt bzw. im Bau sind, kämpft der BN der BN zusammen mit Bürgerinitiativen und mehreren Kommunen im südlichen Landkreis Landshut für das Ende der Planungen spätestens an der A 92 bei Essenbach.
Der BN hat sich immer auch für die Verbesserung der öffentlichen Verkehrs wie beispielsweise die Reaktivierung der Ilztalbahn, die Verbesserung der Rottalbahn und der Waldbahn eingesetzt sowie die Weiterentwicklung des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Nationalpark- und Naturparkregion Bayerischer Wald unterstützt.
Bayernweit ist es dem BN aber noch nicht gelungen, den Flächenfraß durch Straßenbau, Wohn- und Gewerbegebiete einzudämmen, wir alle verlieren in Bayern täglich 18 Hektar meist landwirtschaftlich nutzbare Böden, ein Trauerspiel!
Der BN hat es geschafft, von den kleinen Anfängen mit geführten Wanderungen für naturbegeisterte Fachleute – damals meist mit Wanderstock und Botanisiertrommel – bis heute in ganz Niederbayern ein Netz von Umweltstationen und Schulangeboten zu schaffen. Es reicht von der BN Ökostation für Niederbayern am Stelzlhof bei Passau über das von der UNESCO ausgezeichnete RADULA-Projekt der Kreisgruppe Kelheim, das Umweltbildungsprogramm der Kreisgruppe Deggendorf mit dem „Piratenschiff“ Takatuka oder der „Schatzkiste Donau“ bis hin zu den vielfältigen Exkursionsangeboten für Schulen in allen anderen Kreisgruppen. Jährlich werden mehrere tausend Schülerinnen und Schüler in die Geheimnisse der Natur eingeführt – und die Wanderungen und Exkursionen für Erwachsene gibt es auch noch.
„Damit wir weiterhin unabhängig und offen unsere fachlichen Positionen durchsetzen können, brauchen wir auch künftig viele Mitglieder. Wir finanzieren uns allein aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Dies ist unsere Stärke und die Basis unserer Glaubwürdigkeit“, so BN-Landesbeauftragter Richard Mergner. „Als Anwalt der Natur sind wir eine fachliche und überparteiliche Organisation. Unsere Vorgaben liefern die Naturgesetze und unsere Grundeinstellungen zu Demokratie, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.“
„Leider sind wir noch lange nicht in einer nachhaltig umweltgerechten Gesellschaft angekommen. Noch immer treiben wir unglaublichen Raubbau an Natur und Landschaft, versiegeln Böden als hätten wir noch eine zweite Welt irgendwo, belasten fruchtbaren Boden und Grundwasser mit Agrochemikalien und sorgen für ein Artensterben in ungeheurer Geschwindigkeit. ‚Gut leben statt viel haben’ ist unser Gegenmodell, für das wir auch künftig kämpfen werden“, so Weiger.
Für Rückfragen:
Kurt Schmid,
Regionalreferent für Niederbayern
Fon 089/548298-88