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Tiere und Pflanzen

Fütterungsversuche an Rindern mit gentechnisch verändertem Mais der bayerischen Landesanstalt sind kein Freibrief für Mon 810-Mais

23.04.2009

Als „gescheiterten Versuch der Entlastung“ bezeichnete der BN die Vorstellung eines bereits vor 2 Jahren beendeten Fütterungsversuchs an Rindern mit MON 810 an der bayerischen Landesanstalt in Grub im Landkreis Ebersberg. Ministerpräsident Horst Seehofer macht sich zu Recht für ein gentechnikfreies Bayern stark. Und Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner hat vor kurzem den Anbau dieser Maislinie verboten, begründet mit neuen und zusätzlichen Informationen über Gefahren für die Umwelt. Der Fütterungsversuch darf nun nicht als „Unbedenklichkeitserklärung“ für den in der Kritik stehenden gentechnisch veränderte Mais MON 810 der Firma Monsanto gewertet werden.

 

Ein zweieinhalb-jähriger Fütterungsversuch an Kühen, in dem vor allem agronomische Faktoren wie Fleisch- und Milchleistung untersucht wurden, kann die Fragen zu langfristigen Wirkungen der Maislinie MON 810 auf die Gesundheit nicht beantworten. In der Studie mit je 18 Tieren in der Kontroll- und Versuchsgruppe wurde jeweils die Hälfte ausgewechselt, d. h. nur 9 Versuchstiere (und 9 Kontrolltiere) befanden sich für die gesamten 25 Monate im Versuch. Chronische Wirkungen lassen sich mit so wenigen Versuchstieren über einen Zeitraum von 2,5 Jahren nicht erfassen, zumal eine Kuh in Deutschland im Durchschnitt ca 5 – 6 Jahre, teilweise deutlich länger lebt.

 

Der BN weist darauf hin, dass zu den Abgangsursachen keine detaillierten Daten vorgelegt wurden. Ein Landwirt kann es sich jedoch nicht leisten, die Hälfte seiner Kühe innerhalb von 2,5 Jahren auszutauschen, denn dies würde ihn finanziell ruinieren. Wurden bei den in der Studie untersuchten Parametern Unterschiede zwischen den Versuchs- und Kontrolltieren beobachtet, wurden sie von den beteiligten Wissenschaftlern als zufällig und bedingt durch die geringe Zahl der Tiere interpretiert.

 Die Erkrankungsrate im Versuchszeitraum wurde als in beiden Gruppen etwa gleich hoch dargestellt, allerdings bezogen sich 106 von insgesamt 199 Behandlungen auf die mit transgenem Mais gefütterten Tiere (53,3 %), wohingegen auf die Kontrolltiere nur 93 Behandlungen (46,7 %) entfielen. Erkrankungen der Reproduktionsorgane, der Klauen und Gliedmaßen sowie des Stoffwechsels traten bei den Versuchstieren häufiger auf. Ob diese Unterschiede tatsächlich zu vernachlässigen sind, bleibt offen. Offen bleibt auch, ob die im Kot ausgeschiedenen Bt-Toxinproteine noch eine biologische Wirksamkeit besitzen, sprich, sich negativ auf Nicht-Zielorganismen auswirken könnten.

 

Der BN fordert die Bayerische Staatsregierung auf, den neuen Kurs in Richtung gentechnikfreies Bayern auch mit entsprechenden Forschungsmitteln zu unterstützen. Statt auf die umstrittene Agrogentechnik zu setzen, muss die Forschung für eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft intensiviert werden. Hier gilt es, neue Ansätze zu entwickeln, die die genetische und biologische Vielfalt nutzen und gleichzeitig schützen.

 

Für Rückfragen:
Marion Ruppaner, e-mail: marion.ruppaner@bund-naturschutz.de,0911 8187820

 

Anlage: Hintergrundinformationen des BN zu neueren Risikostudien mit Tierversuchen

 

Neuere Ergebnisse von Fütterungsversuchen haben die Zweifel an seiner Sicherheit für Mensch und Tier verstärkt. So berichtete eine Arbeitsgruppe der Universität Wien, dass in Langzeitfütterungsversuchen mit dem Gentech-Mais NK603xMON810 Effekte auf die Fortpflanzungsfähigkeit beobachtet wurden. Die damit gefütterten Mäuse hatten weniger und kleinere Nachkommen als Tiere aus der Kontrollgruppe, v. a. in ihrem dritten und vierten Wurf (Velimirov et al. 2008). Eine italienische Arbeitsgruppe fand in Fütterungsversuchen, dass die MON810 Aufnahme signifikante Veränderungen im Immunsystem von Mäusen (in Darm, Milz, Blut) bewirken kann, insbesondere bei Jungtieren (Finamore et al. 2008).

 

Aber auch die seit 1996 zum Import und zur Verarbeitung zu Futter- und Lebensmitteln zugelassene RR-Sojabohne von Monsanto (resistent gegen das Monsanto-Herbizid Roundup) kann nicht als sicher bezeichnet werden. Der Einsatz von herbizidresistenten (HR) Pflanzen führt zu höherem Herbizidverbrauch, schädigt das Bodenleben und die Artenvielfalt sowie die Gesundheit. In solchen RR-Pflanzen ist mit erheblichen Rückständen von Roundup bzw. dessen Wirkstoff Glyphosat zu rechnen. So wurde in verschiedenen Ländern im Zuge der Zulassung von RR-Soja der zulässige Rückstandswert für Glyphosat in Sojabohnen massiv erhöht (Mertens 2007). Mit 20 mg/kg liegt er weit über vergleichbaren Werten für andere Pestizide und Produkte (http://ec.europa.eu/food/plant/protection/resources/mrl_crop.pdf). Das Herbizid Roundup enthält toxische Hilfsstoffe, die die Anwendung erleichtern, die Toxizität des Wirkstoffes Glyphosat aber verstärken.

 

Eine aktuelle französische Studie zeigt, dass Roundup menschliche Zellen schädigt, ja sogar tötet (Benachour & Seralini 2009). Das Team der Universität Caen fand nach Applikation von verschiedenen Roundup-Produkten, Glyphosat und dessen Hauptabbauprodukt AMPA (Aminomethyl-phosphonsäure) bei Nabelschnur-, Plazenta- und embryonalen Nierenzellen Schäden an Zellmembranen, Mitochondrien (den „Kraftwerken“ der Zelle) und DNA. Roundup war besonders toxisch und führte innerhalb von 24 Stunden zum Zelltod, AMPA war sogar toxischer als Glyphosat. Und all dies bei Konzentrationen, die deutlich unter denen liegen, die für die Praxis empfohlen werden. Auch Leberzellen der Maus zeigten nach Applikation von Roundup Schäden an den Mitochondrien (Malatesta et al. 2008a). Nach zweijähriger Verfütterung von RR-Sojabohnen an Mäuse beobachteten Malatesta et al. (2008b) metabolische und morphologische Veränderungen der Leberzellen, ob dies allein der Toxizität von Herbizidrückständen zuzuschreiben war, ist offen. Trotz dieser gesundheitlichen Risiken genehmigte die EU-Kommission erst kürzlich die zweite RR-Sojalinie (MON89788) zum Import und zur Verarbeitung als Lebens- und Futtermittel (http://www.gmo-compass.org/eng/gmo/db/100.docu.html).

 

Quellen:

Benachour & Séralini 2009. Glyphosate formulations induce apoptosis and necrosis in human umbilical, embryonic, and placental cells. Chem. Res. Toxicol. in press.

Finamore et al. 2008. Intestinal and peripheral immune response to MON810 maize ingestion in weaning and old mice. J. Agric. Food Chem. in press. www.gentechnikfreie-regionen.de/hintergruende/studien/risikobewertung.html

Malatesta et al. 2008a. Hepatoma tissue culture (HTC) cells as a model for investigating the effects of low concentrations of herbicide on cell structure and function. Toxicology in Vitro 22, 1853-1860.

Malatesta et al. 2008b. A long-term study on female mice fed on a genetically modified soybean: effects on liver aging. Histochem. Cell Biol 130, 967-977.Mertens 2007. RoundupReady Sojabohne – Wiederzulassung in der EU? http://www.gentechnikfreie-regionen.de/hintergruende/studien/risikobewertung.html.

Velimirov et al. 2008. Biological effects of transgenic maize NK603xMON810 fed in long term reproduction studies in maize. www.bmgfj.gv.at.