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Genfood kommt uns nicht auf den Teller

Bund Naturschutz fordert Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft, Imkerei und Lebensmittelversorgung in Deutschland und der EU

23.04.2004

Bund Naturschutz (BN) fordert klare Entscheidungen im Streit um den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft, Imkerei und Lebensmittelversorgung in Deutschland - eigenen Gesetzentwurf als Petition in den bayerischen Landtag eingebracht.

Derzeit fallen die wichtigsten Entscheidungen für die künftige Sicherung einer gentechnikfreien Lebensmittelproduktion in Europa. Wenn die EU-Verordnungen zur Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel, die am 18. April in Kraft traten, nicht Makulatur bleiben sollen, darf nicht über die Hintertüre das Reinheitsgebot für Saatgut ausgehebelt werden. Auch darf die Novellierung des deutschen Gentechnikgesetzes keinesfalls durch die Deregulierungsvorschläge der CDU regierten Bundesländer im Bundesrat verwässert werden. Denn 70 % der Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU wollen nach wie vor gentechnikfrei essen. "Ihre Rechte zu gefährden wäre ein zutiefst undemokratischer Akt", so Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN. Dies hat der BN in seinen Schreiben an die zuständigen EU-Kommissare zum Ausdruck gebracht.
"Es sei keinesfalls gesichert, dass von gentechnisch veränderten Lebensmitteln keine Risiken für die Verbraucher ausgingen, wie es vielfach von Wissenschaftlern und Politikern behauptet würde", so Doris Tropper, stellvertretende BN und BUND Vorsitzende. "Die Risiken lägen in den nicht vorhersehbaren Effekten, die mit Zeitverzögerung auftreten. Deshalb würden Versicherungen derzeit auch die Haftung für Schäden durch den Einsatz gentechnischer Methoden bei der Lebensmittelproduktion ausschließen." Auch die Artenvielfalt würde durch den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen unwiederbringlich geschädigt. Die Imkerei und insbesondere die über 25.000 Hobbyimker in Bayern fürchten um ihre Existenz mit weitreichenden Schäden für die Befruchtung und Erträge von Obst und Rapsbeständen.

EU-Saatgutrichtlinie
Auf Grund massiver Verbraucherproteste wurde der Entwurf von Oktober 2003 zurückgezogen, der vorsah, zwischen 0,3 und 0,7 % gentechnische Verunreinigung des Saatguts zuzulassen. Die beteiligten Generaldirektionen für Umwelt, Verbraucherschutz und Landwirtschaft haben im April 2004 einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der skandalöserweise wiederum Grenzwerte von 0,3 bis 0,5 % für Verunreinigungen vorsieht, obwohl auch bislang der Grenzwert , das heißt die Nachweisgrenze für gentechnische Verunreinigungen beim Saatgut gilt. Eine zulässige Verunreinigung würde relativ rasch das Ende der gentechnikfreien Landwirtschaft in Europa bedeuten. Die Entscheidung soll in den nächsten Wochen fallen. Der BN fordert die EU-Umweltschutz Kommissarin Margot Wallström, den Präsidenten der Kommission Romano Prodi, sowie die Kommissare für Landwirtschaft, Franz Fischler, und Verbraucherschutz, David Byrne, auf, sich nicht den Interessen der US-Gentechnik und Agrochemiekonzerne zu beugen, sondern die Osterweiterung der EU mit demokratischen Entscheidungen zu begleiten, nachdem 70 % der EU Verbraucher weiterhin und auf Dauer gentechnikfrei essen wollen.

Novellierung des deutschen Gentechnikgesetzes
Der Bund Naturschutz warnt die CDU/CSU- und FDP-geführten Bundesländer davor, die Kosten für Schäden, die durch den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft entstehen, auf die Steuerzahler abzuwälzen. Wenn Nahrungs- und Futtermittel gentechnisch kontaminiert werden, sind einzig die Verursacher zur Verantwortung zu ziehen. Die von CDU/CSU und FDP im Bundesrat eingebrachten Änderungsanträge würden die ohnehin ungenügende Haftung im Gesetzentwurf weiter aufweichen.
Doris Tropper, stellvertretende BN und BUND-Vorsitzende: "Schwarz-gelb treibt es bei der Gentechnik noch bunter als rot-grün. Obwohl drei Viertel der Menschen in Deutschland sich klar gegen Gentechnik aussprechen und die meisten Bauern weiterhin ohne Gentechnik produzieren möchten, soll eine Handvoll Biotech-Konzerne ihre Risiko-Produkte auf dem hiesigen Markt durchsetzen können. Dabei nehmen Union und FDP in Kauf, dass Lebensmittel verunreinigt werden, Tausende von Bauern ihre Wirtschaftsgrundlage verlieren und dass die Allgemeinheit für die Risiken und Kosten gerade stehen muss." Im Vermittlungsausschuss wird voraussichtlich am 5. Mai darüber verhandelt. Nach den Plänen der CDU/CSU- und FDP-geführten Länder soll ein Anspruch auf Schadensersatz nur dann gelten, wenn der Grad der Verunreinigung mehr als 0,9 % beträgt und ein Produkt deshalb ein Gentech-Label tragen muss. Das würde das Aus für Biolandwirte und andere Produzenten bedeuten, die vertraglich verpflichtet sind, gentechnikfreie Ware zu liefern. Wenn der Verursacher gentechnischer Kontaminationen nicht eindeutig ermittelt werden könne, solle nach den Vorstellungen der Opposition ein teilweise steuerfinanzierter Haftungsfonds die Schäden ausgleichen.
Der BN hat einen eigenen Alternativgesetzentwurf als Petition in den Bayerischen Landtag eingebracht, in dem unter anderem auch detaillierte Regelungen für die gute fachliche Praxis enthalten sind. Dabei hat der Bund Naturschutz gemeinsam mit dem Bündnis Bayern für gentechnikfreie Natur und Landwirtschaft insbesondere auch die Problematik der Imkerei berücksichtigt. Albrecht Pausch, Vorstandsmitglied des deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes: "Die Imkerei ist durch die geplante Einführung der Agro-Gentechnik massiv in ihrer Existenz bedroht. Nach jetzigem Stand werden viele Imkereibetriebe ruiniert werden. Dies, weil die Gefahr besteht, dass exorbitante Analysekosten auf sie zukommen. In einer Imkerei mittlerer Größe können die Kosten leicht 10.000 € pro Jahr überschreiten. In kleineren Imkereien werden sie zum Teil sogar den Wert des Honigs übersteigen."