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Tiere und Pflanzen

Gentechnikanbaufreier Landkreis gefordert

Bund Naturschutz (BN) warnt vor neuen Risiken genmanipulierter Pflanzen und will Verbesserungen beim Gentechnikgesetz erreichen

28.11.2007

Derzeit wird das deutsche Gentechnikgesetz im Bundestag beraten. Es soll in den nächsten Wochen endgültig beschlossen werden.

Wichtigster Kritikpunkt des BN ist, dass mit dem Gesetz die gentechnikfreie Landwirtschaft  nicht auf Dauer gesichert werden kann und damit die Wahlfreiheit der Verbraucher und Landwirte für gentechnikfreie Lebensmittelproduktion nicht mehr gewährleistet werden kann. Abstandsregelungen zu Nachbarflächen bei Mais von 150 bzw. 300 m, die im Rahmen einer sog. „guten fachlichen Praxis“ vorgesehen sind, reichen nicht aus. Der BN kritisiert weiterhin, dass es möglich werden soll, durch Privatvereinbarungen zwischen Gentechnikanbauern und seinen Nachbarn diese Abstandsregelungen außer Kraft zu setzen.

Nach Meinung des BN müsste es beispielsweise auch im Gesetz vorgeschrieben werden, dass landwirtschaftliche Maschinen und Transportfahrzeuge komplett zu reinigen sind, wenn sie mit gentechnisch verändertem Saatgut oder Futtermitteln in Berührung kamen.

Der  BN fordert außerdem einen rechtlichen Rahmen für die  Einrichtung gentechnikfreier Regionen und das Inkrafttreten der gesetzlich festgelegten gesamtschuldnerischen Haftung bei jeder messbaren GVO-Kontamination.

 

Mit der Gründung und Mitgliedschaft in einem  Aktionsbündnis für einen gentechnikfreien Landkreis Kulmbach will der Bund Naturschutz Landwirte und Verbraucher verstärkt über die Risiken von gentechnisch veränderten  Pflanzen aufklären. Diese liegen im gesundheitlichen Bereich, bedrohen aber auch die Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren.

 

Als relevante Risken für die Gesundheit von Mensch und Tier durch den Verzehr von gentechnisch veränderten Organismen werden die mögliche Allergenität, neue und veränderte Inhaltsstoffe sowie die in den Pflanzen zum Teil enthaltenen Antibiotika-Resistenzgene diskutiert.

 

Bei der einzigen im letzten Jahr für den kommerziellen Anbau in Deutschland zugelassenen gentechnisch veränderter Pflanze, einem BT-Mais, wird als Problem u.a. diskutiert, dass die Bildung des Bt-Toxins während der gesamten Vegetationsperiode zugelassen ist und  dass eine Gefährdung von Schmetterlingen (z.B. Schwalbenschwanz, Pfauenauge) und anderen Insekten (z. B. Nützlingen) durch Bt-Pollen und Bt-Pflanzenmaterial erfolgen kann. Risiken können auch damit verbunden sein, dass es zu einem Eintrag von Bt-Toxin in Böden und Wasser über Wurzeln und Pflanzenmaterial kommt, und sich das Bt-Toxin auch im Boden anreichern kann, und es somit zu Effekten auf Boden- oder /Wasserlebewesen, z.B. Regenwürmer oder  Insektenlarven kommen kann. In Untersuchungen an der Universität Jena wurde festgestellt, dass von Parasiten befallene Bienen weniger Jungbienen aufziehen, wenn sie mit Bt-Pollen gefüttert wurden.

Im April 2007 hat das Bundeslandwirtschaftsministerium die Vermarktung von MON810 Maissaatgut bis zur Vorlage eines Monitoringplans durch Monsanto ausgesetzt.

 

Weltweit kommen heute auf ca. 6% der zur Verfügung stehenden landwirtschaftlich nutzbaren Fläche vor allem  herbizidresistente Pflanzen zum Einsatz. Etwa 80% aller weltweit eingesetzten gentechnisch veränderten Pflanzen (4 Pflanzen stehen im Vordergrund: Mais, Raps, Baumwolle und Soja) tragen eine Herbizidresistenz gegen ein Herbizid („Unkrautvernichtungsmittel“). Negative Wirkungen auf die Artenvielfalt und steigende Rückstände der eingesetzten Herbizide sind die Folge. Weltweit sind  bereits 13 glyphosatresistente Beikrautarten bekannt geworden. Die schädliche Herbizidwirkung auf Bodenleben, Amphibien, Verringerung der Bodenfruchtbarkeit und die Förderung von Schadpilzen (z. B. Fusarien) wird in Wissenschaftskreisen diskutiert. Auch sind toxische Effekte von Glyphosatrückstände in Ernteprodukten auf Mensch und Tier noch nicht ausreichend untersucht und ein weiteres mögliches Problem. In den letzten Jahren wurden die zulässigen Rückstandswerte für Glyphosat in Sojabohnen sehr stark erhöht.

 

Das Aktionsbündnis für einen gentechnikfreien Landkreis Kulmbach möchte durch den freiwilligen Verzicht auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auch ausschließen, dass bei möglichen Neuzulassungen der Landkreis frei bleibt von gentechnisch veränderten Pollen. Denn die Übertragung der Transgene mittels der Pollen auf verwandte Kultur- und Wildpflanzen ist  durch Wind und Insekten über große Entfernungen möglich.

 

Wann kann man von einer gentechnikfreien Flächennutzung und Erzeugung sprechen?

Eine gentechnikfreie Flächennutzung und Erzeugung muss sowohl für die beteiligten Landwirte als auch für den Absatzmarkt und die Verbraucher einen verbindlichen und nachvollziehbaren Charakter haben. Dies leisten in erster Linie Selbstverpflichtungserklärungen der einzelnen Eigentümer, Nutzer und Bewirtschafter, wissentlich keine gentechnisch veränderten Kulturen zu verwenden. Von Bedeutung sind auch gemeinsame, in Versammlungen gefasste Beschlüsse (vorrangig von Land- und Forstwirten).

Gentechnikfreie Erzeugungsgebiete können sich auf  kleinräumige Gebiete beziehen, also z.B. Regionen innerhalb einer Gemeinde oder Gemarkung oder  großflächige Gebiete sein, die mehrere Gemeinden, einen Landkreis oder einen Natur-, Kultur- und Wirtschaftsraum umfassen.
Es kann entweder eine zusammenhängende Bewirtschaftungsfläche erfasst sein oder der erreichte Flächendeckungsgrad im jeweiligen Bezugsraum (z.B. Gemeinde, Landkreis) herangezogen werden. Um als Gentechnik(anbau)-freie Erzeugungsregion in die bundesweite freiwillige Initiativzusammenstellung aufgenommen zu werden (www.gentechnikfreie-regionen.de) muss im gewählten Bezugsraum (z.B. Gemeinde, Landkreis, Naturraum) mindestens 2/3 der landwirtschaftlichen Nutzfläche ohne Gentechnik bewirtschaftet werden.

Gentechnik(anbau)freie Erzeugungsinitiativen befinden sich auf dem Weg dorthin. In Bayern gibt es derzeit 48 erfasste Regionen und Initiativen (siehe Anlage), weitere sind derzeit im Entstehen.

Es gibt auch schon Initiativen, vor allem in Oberbayern und im Allgäu, die auch die Fütterung ohne Gentechnik in ihrer Region umsetzen wollen.

 

Für Rückfragen:

 

Wolfgang Schenker

1.      Vorsitzender BN-Kreisgruppe Kulmbach

Tel.  09221/607 48 34

 

Marion Ruppaner

Bund Naturschutz

Agrarreferentin

Tel. 0911 81878 -20

marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

 

Anlage:

Gentechnikfreie Regionen und Initiativen in Bayern