Geplanter Ausbau des Frankenschnellweges in Nürnberg
Der Bund Naturschutz hat Anfang August 2013 Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Mittelfranken beim Verwaltungsgericht Ansbach eingereicht. Die Klage gegen das auf mindestens 450 Mio. € geschätzte Bauvorhaben wird finanziell und fachlich unterstützt vom Bündnis gegen den Frankenschnellweg, dem Verkehrsclub Deutschland, dem Nürnberger Energiewendebündnis, dem Verein zum Schutz des Rednitztals und von Privatleuten.
Am 13.12.13 wurde von Rechtsanwalt Eike Schönefelder im Auftrag des BN die Klagebegründung eingereicht.
„Neben verfahrensrechtlichen Fehlern rügen wir natürlich die fehlerhafte Klassifizierung des Frankenschnellweges als Kreisstraße. Die Stadt argumentiert hier, dass der Durchgangsverkehr nur einen geringen Anteil ausmache und es deshalb keine Autobahn werde. Dazu gibt es hinreichend Urteile des Bundesverwaltungsgerichtes, des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und unterer Gerichte, die das eindeutig zum Beispiel beim Autobahnring München oder zur Westumgehung Freising geklärt haben. Hier in Nürnberg entsteht ein Lückenschluss für eine Autobahn“, so Schönefelder in einer Erklärung zur Klageschrift.
Daneben wird in der Klageschrift die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung gerügt, auf deren Erstellung die Stadt bewusst verzichtete, die aber – da es sich um eine Autobahnplanung handelt – verpflichtend ist.
Neue, dem Gericht ebenfalls vorgelegte Gutachten erhärten dabei die Position der Ausbaugegner. Eine im Auftrag des BN vom Verkehrsplanungsbüro regioconsult Marburg erstellte Studie zum Verkehr kommt zu dem Schluss, dass die Verkehrsprognosen nicht haltbar sind, weil sie auf völlig veralteten Grundlagen beruhen. So wurde z.B. eine Verkehrsmatrix aus den Jahren 1987/88 zugrunde gelegt, aus einer Zeit als die DDR noch existierte und die Verkehrsströme noch ganz anders aussahen. Dass der Prognosehorizont bis 2020 nicht einmal mehr zehn Jahre nach Planfeststellung umfasst, ist ebenfalls als Rechtsfehler anzusehen.
Eine weiteres Gutachten wurde von regioconsult Marburg im Auftrag der Landtagsfraktion von Bündnis 90-Die Grünen zu den zu erwartenden Immissionen Feinstaub und Stickoxide erstellt. Hier zeigt sich, dass die Stadt nach veralteten Gesetzen zum Immissionsschutz (22. BImSchV) plante, mittlerweile aber eine strengere 39. Bundesimmissionsschutzverordnung gilt. Mit den unzureichenden Verkehrsprognosen sind natürlich auch die darauf beruhenden Immissionsprognosen falsch. Die Gutachterfirma Accon, die im Auftrag der Stadt tätig war, hat allerdings weitere Fehler wie falsche Annahmen zur Windgeschwindigkeit - zu Gunsten der Straßenplanung – gemacht. Im Ergebnis sind umfangreiche Grenzwertüberschreitungen vor allem an den Tunnelenden zu besorgen, wo die Abgase ungefiltert herausgeblasen werden sollen.
MdL Markus Ganserer, Sprecher des Bündnisses gegen den Frankenschnellweg: „Vielleicht hätte die Stadt doch besser eine Umweltverträglichkeitsprüfung erstellen lassen, dann hätte man das im Vorfeld merken können. Die Entlastung der Anwohner im Tunnelbereich darf nicht durch zusätzliche Belastung der Anwohner außerhalb des Ausbaubereiches erkauft werden. Die Anwohner im Bereich Werderau und Fürth sind keine Menschen zweiter Klasse.“
Zu Hilfe kommt dem Bund Naturschutz in der Klage ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom September 2013. Darin wird festgehalten, dass Umweltverbände die Einhaltung von Luftreinhalteplänen gerichtlich geltend machen können. Die Rechte von Umweltverbänden wurden damit massiv gestärkt. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe DUH gegen das Land Hessen. Sie bekam höchstinstanzlich Recht und schaffte damit einen Präzedenzfall, der auch für die Klage gegen den Frankenschnellwegausbau relevant ist. Hatte doch die Stadt Nürnberg alles daran gesetzt, die Verbände auch formal von einer Klagemöglichkeit auszuschließen. Dazu diente die Klassifizierung als Kreisstraße und die zwei getrennten Bauabschnitte, damit die Baulänge unter fünf Kilometern blieb. So wollte man die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung umgehen, eine relevante gesetzliche Grundlage, auf der der BUND Naturschutz nach dem Rechtsbehelfegesetz seine Klagebefugnis herleitet, weil das Bundesnaturschutzgesetz als formaler Klagezugang eine Thematisierung des Gesundheitsschutzes nicht ermöglicht.
Zusätzlich hat die Europäische Kommission Deutschland Mitte Oktober 2013 vor dem EU-Gerichtshof wegen des (mangelhaften) Zugangs zu Gerichten verklagt.
„Wir gehen deshalb von einer Klagezulassung aus und könnten damit die halbe Miete haben, denn die Hürde der Klagezulassung nach dem Rechtsbehelfegesetz ist nicht einfach zu überwinden. Da haben sich die Stadt und SÖR möglicherweise verkalkuliert. Die Anwohner müssen vor den gesundheitsschädlichen Stäuben und Stickoxiden geschützt werden. Wir setzen darauf, dass auch das Gericht den Schutz der Menschen durchsetzt“, so der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner.
Dr. Otto Heimbucher, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt: „Es zeigt sich, dass eine gerichtliche Prüfung der Planung absolut sinnvoll ist. Der LKW-Verkehr durch die Stadt nimmt wohl deutlich zu. Das konnte der BN überhaupt erst prüfen, nachdem SÖR Mitte November 2013 ein Gutachten zum großräumigen Verkehr rausrückte, das vorher unter Verschluss lag. Nicht einmal die Regierung von Mittelfranken hatte es. In den Planungsunterlagen war es nicht dokumentiert. Der Stadtrat bekam es auch nicht. Es widerspricht aber der städtischen Verkehrsprognose deutlich.“
„Der Verkehrsclub Deutschland unterstützt die Klage des BN voll und ganz. Wir halten den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellweges in Nürnberg für ein Projekt aus einer vergangenen Epoche, als die autoverkehrsgerechte Stadt als Zukunft gesehen wurde. Städte wie Saarbrücken, die das in den siebziger Jahren umgesetzt haben leiden noch heute unter den verheerenden Folgen“, so Ralf Altenberger, VCD Landesverband Bayern.
Berthold Söder vom VCD Kreisverband Nürnberg: „Die Stadträte von CSU, SPD und FDP haben sich entschieden, dem Transitverkehr durch Nürnberg den roten Teppich auszurollen. Wir meinen, man sollte das Geld lieber für die Bürger der Stadt einsetzen und den Nahverkehr ausbauen.“
Für Rückfragen:
Tom Konopka
Regionalreferent
Telefon 0911 81878-24
Tom.konopka@bund-naturschutz.de