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Tiere und Pflanzen

Getreideknappheit: Ökologische Vorrangflächen dürfen nicht leichtfertig geopfert werden

Krieg in der Ukraine darf nicht missbraucht werden, um schwer erkämpfte kleine ökologische Fortschritte in der Agrarpolitik wieder in Frage zu stellen. Geplante Maßnahmen gefährden Artenvielfalt, sind aber nur marginaler Beitrag zur Versorgungssicherheit. Andere Hebel viel wirkungsvoller.

28.03.2022

Der Ausfall der landwirtschaftlichen Warenströme aus der Ukraine und Russland führt durch die Verknappung auf den Märkten zu einem Preisanstieg für Lebens-und Futtermittel, sowie Düngemitteln. Ökologische Vorrangflächen sollen deshalb ab dem 1. Juli auch für die Futter– oder Biogasnutzung freigegeben werden. Dies war auch im letzten Jahr auf Grund der Ernteausfälle durch Trockenheit möglich. Diskutiert wird auf EU Ebene jetzt auch über ein Aussetzen der 2023 in Kraft tretenden mühsam erarbeiteten Schritte zu einer gerechteren und umweltverträglicheren Ausgestaltung der EU Agrarpolitik. Im Fokus stehen Schutzzonen in den Ackerregionen, sogenannte Bracheflächen, die das Artensterben aufhalten sollen, und damit der fortschreitenden Biodiversitätskrise entgegenwirken. Es wird gefordert, auf diesen Flächen beispielsweise der Anbau von Leguminosen unter Anwendung von Pestiziden zu ermöglichen.

„Bracheflächen sind wichtiger Nahrungs- und Lebensraum für Insekten, die zur Aufrechterhaltung biologischer Gleichgewichte und auch die Bestäubung vieler Nutzpflanzen gerade in den ausgeräumten Agrarflächen sehr wichtig sind“, erklärt der BN-Vorsitzende Richard Mergner. „Außerdem dienen Bracheflächen als Ruhezonen für Vögel und andere Tiere. Sie dürfen nicht den Intensivierungsbestrebungen der Agrarlobby geopfert werden. Die populistischen Rufe nach einem Umackern von Schutzzonen lenken ab von den wirklichen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Die geplanten Maßnahmen sind auch nur ein marginaler Beitrag für die Versorgungssicherheit. In der EU müssen ja nur höchstens vier Prozent der Ackerflächen als Brachefläche ausgewiesen werden, diese jetzt auch noch zu opfern, wäre fatal!“, so Mergner. 

„Viel wirksamer ist es, den Umbau der Tierhaltung auf artgerechte Ställe voranzubringen, und weniger Tiere zu halten. Das Einkommen der Tierhalter würde dann nicht länger über große Mengen sondern über Qualitätsproduktion zu höheren Preisen erzielt werden. Der Flächenverbrauch muss endlich durch intelligente Siedlungsentwicklung im Innenbereich und dem Stopp unsinniger Straßenbauprojekte eingeschränkt werden. Hier steht der BUND Naturschutz an der Seite der Landwirte, die ihre Flächen behalten wollen“, betont Mergner.

Auch Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft fordert Abkehr von der Intensivproduktion

„Der Versuch, ausbleibende Getreidelieferungen aus der Ukraine und Russland, durch Mehrproduktion und Intensivierung auszugleichen ist keine nachhaltige Lösung“, erläutert auch Josef Schmid, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Bayern. „Angesichts hoher Düngerpreise, mangelnder Verfügbarkeit und hoher Energiekosten würde es sich lohnen über eine Optimierung von Düngung und Pflanzenschutz und vielfältigere Fruchtfolgen nachzudenken. Insbesondere mehr stickstoffsammelnde Leguminosen könnten den Düngerbedarf reduzieren und gleichzeitig Eiweißfutter liefern. Der Grundsatz: Das Optimum liegt unterhalb des Maximums gilt mehr als jemals zuvor“, so Schmid. „Nicht 30 Prozent der Lebensmittel in den Müll zu werfen, würde wesentlich mehr Reserven freisetzen, als die Stillegungsflächen, meist auf ertragsschwachen Standorten, zu aktivieren.“

Der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe erklärt: „Es sollte endlich auch eine staatliche Ernährungskampagne gestartet werden, um den Fleischkonsum auf ein gesundheitsverträgliches Maß zu reduzieren. Dadurch wird der Getreideverbrauch für die Tierfütterung, und damit Fläche eingespart, und auch umweltschädliche Sojaimporte aus Übersee eingeschränkt. Öffentliche und private Kantinen, Verpflegung in Krankenhäusern, Schulen und Kindertagesstätten müssen Vorreiter für die gesunde Küche mit kleineren Fleischportionen sein“.

Hintergrund:

Die Versorgungslage in Deutschland ist gesichert, sie liegt bei Fleisch bei 115%, bei Käse bei 125%, bei Milch bei 112% und bei 140% bei Kartoffeln. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums „landen in Deutschland fast 60 Prozent des Getreides in den Futtertrögen der Nutztiere, um Fleisch, Milch und Eier zu erzeugen. Nur rund ein Viertel des produzieren Getreides ist für den direkten menschlichen Verzehr bestimmt. Daneben dient Getreide ebenfalls zu einem Fünftel als nachwachsender Rohstoff für die Energieerzeugung und für die Industrie.“ Quelle: www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/getreide