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Tiere und Pflanzen

Grünes Band Bayern-Tschechien: Leuchtturm der Artenvielfalt bedroht!

23.04.2008

Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) und sein Bundesverband Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) appellieren an die bayerische und tschechische Staatsregierung, das 346 Kilometer lange Grüne Band zwischen Bayern und Tschechien als wichtigen Teil des gemeinsamen europäischen Naturerbes zu erhalten. Im Schatten des ehemaligen Eisernen Vorhangs konnten sich über Jahrzehnte einzigartige Landschaften erhalten. Die paneuropäische Initiative „Grünes Band Europa“ fördert zwischen den 23 beteiligten Staaten vom Eismeer bis ans Schwarze Meer die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Kontext Natur, Kultur und Geschichte.

Durch die geplante Erweiterung des Grenzübergangs für Fußgänger und Radfahrer zwischen Stadlern/Schwarzach (Bayern, Lkr. Schwandorf) und Rybnik (Tschechien, Lkr. Pilsen) in einen asphaltierten Grenzübergang für Fahrzeuge bis 3,5 t sind nicht nur eine Vielzahl gefährdeter Tiere und Pflanzen bedroht. Auch Einheimischen und Erholungssuchenden würde ein wertvoller Naturerlebnisraum für immer verloren gehen.

Im Mai findet in Bonn die UN-Konferenz für die Erhaltung der biologische Vielfalt statt. Gastgeber Deutschland muss den über 5000 internationalen Gästen beweisen, dass dem selbst gesetzten Ziel, bis 2010 den Verlust der Artenvielfalt aufzuhalten auch konsequente Taten folgen.

 

Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN/BUND: „Wir dürfen nicht zulassen, dass dieser idyllische Teil des Grünen Bandes, der wegen seines Naturreichtums auf bayerischer und tschechischer Seite als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen ist, durch den Ausbau des bestehenden Fußgänger-Grenzübergangs massiv beeinträchtigt und sinnlos zerstört wird. In 20 Kilometer Nähe, bei Eslarn und Waldmünchen, befinden sich bereits Übergänge für Autofahrer.“

 

Entlang der Grenze zwischen Bayern und Tschechien gibt es 14 Grenzübergänge für den Kfz-Verkehr. Durchschnittlich befindet sich schon alle 25 Kilometer ein gut ausgebauter Straßenübergang. Zudem kreuzen 34 Übergänge für Fußgänger und Radfahrer sowie 4 Bahntrassen das Grüne Band Bayern-Tschechien.

 

Direkt am betroffenen Grenzübergang Stadlern/Schwarzach - Rybnik entdeckten Experten aktuell frische Spuren des auf der „Roten Liste Deutschlands“ stehenden Fischotters. Die Schwarzach, die über mehrere Kilometer im Grünen Band Bayern-Tschechien verläuft, ist ein idealer Lebensraum für das perfekt an das Leben im Wasser angepasste Säugetier. Durch den geplanten Ausbau wäre der wieder heimisch gewordene Fischotter massiv durch den Straßentod gefährdet, eine der Haupttodesursachen in Deutschland.

 

Erstmals stellt der BN/BUND die Ergebnisse aus dem ersten EU-geförderten Projekt zum Grünen Band Europa vor. In Zusammenarbeit mit sechs Ländern - Tschechien, Österreich, Slowakei, Ungarn, Slowenien und Kroatien – wurde der Schutzstatus und Zustand eines 2095 Kilometer langen Abschnittes in Zentraleuropa erfasst: Gut die Hälfte steht derzeit unter europäischem (NATURA2000-Gebiete) oder nationalem Schutz. Ein Fünftel ist durch Ackerflächen zerstört, die großräumig wirkende Beeinträchtigungen in diesem längsten Biotopverbund Europas darstellen. Ein Problem sind auch Zerschneidungen durch Straßen, Schienen und Bebauung.

 

„Uns freut besonders, dass über drei Viertel des Grünen Bandes Zentraleuropa noch wertvolle Naturlandschaften aufweisen. Dies ist in der neuen Ausstellung eindrucksvoll präsentiert“, betont Weiger. Klaus Pöhler, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Schwandorf, ergänzt: „Der knapp 30 Kilometer lange Abschnitt des Landkreises Schwandorf am Grünen Band Bayern bietet noch zu 90 % naturnahe Lebensräume. Dies soll auch zukünftig so bleiben.“

 

Der Bund Naturschutz wird sich bei den Verantwortlichen von der Kommunal- bis zur Landesebene verstärkt für den Erhalt des Grünen Bandes Bayern-Tschechien einsetzen. Zwei Drittel sind auf bayerischer Seite nicht geschützt. Unsere tschechischen Nachbarn sind uns da weit voraus: 94 % stehen hier unter Schutz! Es sind nicht nur die aneinandergrenzenden Nationalparke Sumava und Bayerischer Wald, sondern eine Vielzahl größerer Waldgebiete, Fließgewässerkomplexe und Moore, die grenzüberschreitend einen zentralen Lebensraum und Ausbreitungskorridor bieten für Arten wie Schwarzstorch, Fischotter, Luchs und Flussperlmuschel.

 

Um das Grüne Band als einzigartigen Lebensraumverbund und als Refugium für bedrohte Tiere und Pflanzen bewahren zu können, müssen auch die Belange der Menschen mit einbezogen werden. Deshalb unterstützt der BN/BUND eine nachhaltige grenzüberschreitende Regionalentwicklung. Nur wenn sich die Menschen mit ihrer natürlichen Umgebung am einstigen Grenzstreifen verbunden fühlen, hat das europäische Naturerbe als lebendiges Denkmal eines zusammenwachsenden Europas eine Zukunft.

 

BN und BUND wenden sich nachdrücklich an das Land Bayern und die
Tschechische Republik, die Initiative Grünes Band Europa offiziell zu unterstützen. Es ist eine ausgesprochen symbolhafte Möglichkeit, an der früheren Grenze eine gemeinsame, zukunftsorientierte Naturschutzidee zwischen Tschechien und Bayern wachsen zu lassen und der Bevölkerung eine nachhaltige Perspektive zu geben.