Was interessiert Sie besonders?

Zur Startseite

Eichhörnchen beobachten und melden

Themen

  • Übersicht
  • Klimakrise

Tiere und Pflanzen

Hände weg vom Schwarzachtal!

Bund Naturschutz stellt Ortsumfahrung Schönthal in Frage

26.03.2007

Obwohl die Verbindungsstraße zwischen der B22 bei Schönthal (Lkr. Cham) und Waldmünchen keine überregionale Bedeutung besitzt und auch die jetzige Ortsdurchfahrt von Schönthal nicht überdurchschnittlich belastet ist, soll südöstlich von Schönthal eine neue Ortsumfahrung gebaut werden.

Diese soll ca. 800 m südöstlich der jetzigen Kreuzung von der B 22 abzweigen, in ca. 300 – 400 m Entfernung an Kleinschönthal vorbeigeführt werden, das Schwarzachtal  mit 2 Brücken queren und nordöstlich von Thurau wieder in die Staatsstrasse 2400 Richtung Waldmünchen einmünden.

 

Betroffen davon ist v. a. das Schwarzachtal, eines der letzten naturnahen Flusstäler in Bayern. Als Lebensraum zahlreicher seltener Arten (u. a. Biber, Moorfrosch, Fischotter), als amtlich gemeldetes FFH-Gebiet und als unersetzlicher Erholungsraum für Anwohnern wie Touristen, besitzt es überregionale Bedeutung.

 

 

Fehlende Rechtfertigung

 

Aus Sicht des Bundes Naturschutz ist dieses Vorhaben v. a. aus folgenden Gründen nicht zu rechtfertigen:

 

·       Die nur untergeordnete Verkehrsfunktion der Straße Schönthal - Waldmünchen rechtfertigt eine neue Ortsumgehung mit gravierenden Eingriffen in Naturhaushalt und Landschaftsbild nicht. Der relevante Grenzübergang bei Furth i. Wald ist über die B20 ohnehin ausreichend mit dem Raum Cham verbunden.

·       Es fehlt eine detaillierte Verkehrsanalyse, aus der sich zwingend die Notwendigkeit dieser Ortsumfahrung ergibt. Noch im Jahr 2000 lag die Verkehrsbelastung mit 2.933 Fahrzeugen/Tag deutlich unter dem bayerischen Durchschnittswert für Staatstraßen mit 3.761 Kfz/24 h – dieser
überholte Wert ist sogar im Jahr 2005 nur knapp überschritten worden (3.922 Kfz/24 h).

·       Aufgrund der um 700 m längeren Strecke für die Verbindung Rötz – Waldmünchen ist nur mit einer deutlich geringeren Verkehrsentlastung der Ortsdurchfahrt zu rechnen. Auch der Verkehr aus Richtung Tiefenbach/Eslarn bleibt im Ort.

·       Eine deutliche Verbesserung der innerörtlichen Verkehrssituation ist auch durch Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, -vermeidung und/oder –verlagerung (v. a. LKW-Verkehr) zu erreichen. Bereits eine Tempobeschränkung auf 30km/h verringert die Lärmbelastung im gleichen Umfang wie eine Halbierung des Verkehrsaufkommens, bringt aber für die AnwohnerInnen (Kinder!) einen weit höheren Zugewinn an Sicherheit.

·       Eine potenzielle Entlastung der Ortsdurchfahrt wird mit einer Neuverlärmung der östlichen Ortsrandbereiche und dem Verlust bzw. der großflächigen Verlärmung wichtiger Naherholungsflächen zwischen Kleinschönthal und dem Waldareal Wachsentrat erkauft.

 

Bedeutung des betroffenen Gebietes

 

Angesichts der mehr als zweifelhaften Notwendigkeit und der nur sehr begrenzten Entlastungswirkung der geplanten Ortsumfahrung wie auch angesichts der o. g. Möglichkeiten zur innerörtlichen Verkehrsberuhigung sind die geplanten Eingriffe in die ökologisch und  landschaftsoptisch sensiblen Bereiche des Talauenkomplexes der Schwarzach umso weniger zu rechtfertigen.

 

Welch überragende ökologische Bedeutung dieses Gebiet besitzt, zeigen die offiziellen Bewertungen und Einstufungen ebenso wie die Ergebnisse der Bestandsaufnahmen der Tier- und Pflanzenwelt:

 

·       Das gesamte Plangebiet ist Teil des Naturparkes Oberer Bayerischer Wald – der größte Teil liegt sogar innerhalb der Schutzzone (potentielles Landschaftsschutzgebiet)

·       Im Regionalplan ist die Naturpark-Schutzzone als „Landschaftliches Vorbehaltsgebiet“ ausgewiesen.

·       Lt. Arten – und Biotopschutzprogramm  (ABSP) des Lkr. Cham kommt dem geschlossenen Gewässer- und Feuchtlebensraumkomplex der Schwarzachaue über das Plangebiet hinaus überregionale Bedeutung zu.

·       Die Schwarzach und große Bereiche der Schwarzachaue westl. der geplanten Umgehung sind Teil des FFH – Gebietes 6641-371 „Schwar-
zachtal zwischen
Hocha und Schönthal“ – sie sind damit auch nach europaweit geltenden Maßstäben besonders und vorrangig schützenswert.

·       Im Plangebiet, tlw. sogar im unmittelbaren Trassenbereich liegen zahlreiche Biotopflächen, die z.T. dem besonderen Schutz von Art. 13 d Bayer. Naturschutzgesetz unterliegen.

 

Vor allem im Bereich der Feucht- und Naßwiesen, der Ufersäume und extensiv genutzten Grünlandbereiche wurden insgesamt 19 gefährdete, geschützteoder landkreisweit bedeutsame Pflanzenarten festgestellt.

 

Beispiele:

Teufelsabbiß, Langblättriger Blauweiderich, Sumpfblutauge, Sumpfschwertlilie, Eisenhut, Sumpf – Haarstrang.

 

Trotz unzureichender und lückenhafter Bestandserhebungen konnten im Plangebiet zahlreiche, z.T. seltene und gefährdete Tierarten nachgewiesen werden:

 

·       39 Vogelarten, darunter die stark gefährdeten Arten Kiebitz und Braunkehlchen, aber auch Steinschmätzer und Silberreiher

·       2 Fledermausarten: Braunes Langohr und Wasserfledermaus – beide streng geschützt

·       3 Amphibienarten: Teichmolch, Erdkröte und der vom Aussterben bedrohte Moorfrosch

·       5 Heuschreckenarten, darunter die stark gefährdete Sumpfschrecke

·       3 Libellenarten, darunter die stark gefährdete Grüne Keiljungfer

 

Große Bedeutung besitzt die Schwarzachaue aber auch als Lebensraum für den auch nach europäischem Naturschutzrecht streng geschützten Biber und für den vom Aussterben bedrohten Fischotter:

 

·       Nur 150 m westlich der geplanten Brücke existiert eine Biberburg, bei Thuraumühle besteht seit Jahren ein Biberbau.

·       Aus unverständlichen Gründen wurde keine gezielte Fischotterkartierung durchgeführt, es gibt aber Einzelbeobachtungen , so dass die Schwarzachaue zumindest als potentieller Fischotterlebensraum und als unersetzlicher Ausbreitungskorridor eingestuft werden muss.

 

Von überragender ökologischer Bedeutung ist der Talraum der Schwarzach bei Schönthal und Thuraumühle v. a. aus folgenden Gründen:

 

·       Es handelt sich um einen der wenigen, noch unverbauten Fließgewässerabschnitte in Bayern

·       Mit ihrem geschlossenen Gewässer- und Lebensraumkomplex besitzt die Schwarzachaue überregionale Bedeutung.

·       Der Talraum der Schwarzach fungiert zudem als unersetzliches Vernetzungselement im überregionalen Biotopverbund

 

Auch in den Planunterlagen wird ausdrücklich bestätigt, dass dem Talraum der Schwarzach aufgrund der geringen Vorbelastung sowie aufgrund der Großflächigkeit und Unversehrtheit große Bedeutung für den Naturhaushalt, den Biotopverbund und das landschaftliche Funktionsgefüge zukommt.

 

Das Plangebiet besitzt darüber hinaus aber auch große Bedeutung für die Naherholung – zunehmend aber auch für den Tourismus.

Maßgeblich dafür sind v.a. die Unversehrtheit und Naturnähe des Talraumes, die Offenheit und Durchsichtigkeit der Landschaft und der harmonisch in das Landschaftsbild eingebundene Ortsrand von Schönthal.

Durch die Schwarzach mit ihren Ufergehölzen hat sich dort ein geschlossenes und in dieser Wertigkeit einzigartiges landschaftsoptisches Ensemble gebildet, für das auch mit großem Aufwand kein Ersatz geschaffen werden könnte.

 

Solche Landschaftsräume haben mittlerweile  in Bayern großen Seltenheitswert!

 

Zentrale Kritikpunkte

 

·       Die Durchschneidung des bislang unverbauten und naturnahen Schwarzachtales durch eine neue Straße mit Dämmen (bis 8 m Höhe!) und zwei Brückenbauwerken ist unvereinbar mit übergeordneten Zielvorgaben (u. a. Landesentwicklungsprogramm) und dem Erhaltungszielen des FFH-Gebietes. Sie alle fordern ausdrücklich die Erhaltung und Optimierung naturnaher/unverbauter Fließgewässer und Auebereiche und ihrer Biotopverbundfunktion.

 

·       Die Verlegung der Trasse aus dem südöstlichen Talrand bringt keine ausreichende Eingriffsreduzierung und ist deshalb nur eine Scheinlösung:die Schwarzachaue muss trotzdem mit Dämmen und Brücken gequert werden, Amphibienwanderwege und Flugrouten der Fledermäuse zwischen Wachsentrat (Wald) und Talaue werden zerschnitten/gestört, bau- und verkehrsbedingte Beeinträchtigungen (z.B. Lärm/Schadstoffeintrag) wirken weit über den Trassenbereich hinaus – betreffen somit auch die Talaue und das FFH-Gebiet.

 

·       Die geplante Trasse führt zu schwerwiegenden Eingriffen in die überregional bedeutsamen Biotopkomplexe und Vernetzungsachsen der Schwarzachaue. Wertvolle Nasswiesen werden überbaut, Lebensräume seltener und gefährdeter Arten beeinträchtigt und entwertet, der westliche Teil der Schwarzachaue zwischen Schönthal und Straßentrasse (FFH-Gebiet!) wird durch den Straßendamm weitgehend abgeschnitten und isoliert.

 

·       Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bleiben unzureichend: So sollen die hoch belasteten Oberflächenabwässer der Fahrbahn nur versickert bzw. nur über Vorklärbecken mechanisch „gereinigt“ werden – mit unvertretbaren Risiken für die Wasserqualität der Schwarzach und den Artenbestand.

 

·       Die Gefährdungsrisiken für Biber und Fischotter werden nur sehr unzureichend berücksichtigt:

-       Bereits der im gleichen Raum geplante Schwarzachausbau gefährdet das Bibervorkommen bei Thuraumühle – es muss sogar mit einer völligen Vertreibung der Biber im Planungsraum gerechnet werden,

-       trotz der bayernweit hoch kritischen Bestandssituation des Fischotters ist keine detaillierte Bestandserhebung vor Ort erfolgt. Die neue Straße bedingt ein deutlich erhöhtes Kollisionsrisiko und behindert die weitere Ausbreitung des Fischotters.

 

·       Die Planungsgrundlagen sind vielfach unzureichend. So wurde die faunistische Bestandserfassung nur bei wenigen Artengruppen und auch dort teilweise zu denkbar ungünstigen Jahreszeiten durchgeführt. Die Ergebnisse der darauf basierenden Eingriffsbewertung, der FFH-Verträglichkeitsprüfung und der Ausgleichsplanungen sind schon deshalb lückenhaft und mehr als fragwürdig.

 

·       Der gesetzlich geforderte Ausgleich der Eingriffe in Naturhaushalt und Landschaftsbild ist nicht gewährleistet:

-       über 70 % der Ausgleichsflächen sollen in ca. 1,5 km Entfernung von der Trasse realisiert werden – ihre Kompensationswirkung muss schon deshalb völlig unzureichend bleiben;

-       die geplanten Ausgleichsflächen bleiben ohne optische Wirkung für die Trasse selbst. Schon aufgrund der Dimension der Dämme und der Offenheit des Talraumes können die massiven Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes nicht ausgeglichen werden und bleibt die Trasse trotz entsprechender Gestaltungsmaßnahmen ein störender Fremdkörper.

 

Forderungen

 

Angesichts der fehlenden Rechtfertigung für diese Umgehungsstrasse, aber  auch wegen der nicht ausgleichbaren massiven Eingriffe in ökologisch wie landschaftsoptisch wertvollste Bereiche appelliert der BN an die Regierung der Oberpfalz, ihre Planungen für eine Ortsumfahrung bei Schönthal einzustellen und statt dessen ein umfassendes Konzept zur Verbesserung der innerörtlichen Verkehrssituation in Auftrag zu geben.

 

Einer der letzten naturnahen und unverbauten Talräume Bayerns darf nicht einer mehr als fragwürdigen Ortsumgehung geopfert werden!

Dies wäre nach Auffassung des BN auch mit europäischem Naturschutzrecht nicht zu vereinbaren.