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Keine Ortsumfahrung auf Kosten von Natur und Landschaft

Bund Naturschutz lehnt "große Ortsumfahrung" für Volkach ab

23.11.2007

Obwohl zahlreiche Anlieger massive Beeinträchtigungen befürchten müssen und sich sogar das Straßenbauamt Würzburg in aller Deutlichkeit gegen eine große Ortsumfahrung für Volkach, Gaibach und Kolitzheim ausgesprochen hat, ist am 1. Oktober 2007 vom Stadtrat die Aufnahme dieses Projektes mit höchster Priorität in den Ausbauplan für Staatsstraßen beschlossen worden.

 

Diese rund acht Kilometer lange Ortsumfahrung soll die schon bestehende Umgehungsstraße Volkach-Ost fortsetzen, drei Bachtäler mit großen Brücken queren und zwei Berge durchschneiden,  im Abstand von 1 000 bis 300 m parallel zur St 2271 nach Norden weiter trassiert werden, in nur 100 m Entfernung am östlichen Ortsrand von Gaibach vorbei laufen und  nördlich von Kolitzheim wieder in die bestehende Staatsstraße einmünden.

 

Betroffen davon ist eine reich strukturierte Kulturlandschaft zwischen Volkach, Obervolkach und Gaibach, v. a. aber die Volkachaue – eines der wenigen noch weitgehend naturnahen Bachtäler der Region.

 

Als Lebensraum zahlreicher seltener Arten (u. a. Eisvogel, Pirol, Wendehals), als natürlicher Hochwasserretentionsraum, aber auch als attraktiver Erholungsraum für Anwohner wie Touristen ist er unersetzlich.

 

 

Fehlende Rechtfertigung

 

Aus Sicht des Bundes Naturschutz ist dieses Vorhaben v. a. aus folgenden Gründen nicht zu rechtfertigen:

 

·          Es fehlt eine detaillierte Verkehrsanalyse, aus der sich zwingend die Notwendigkeit einer „großen Ortsumfahrung“ ergibt.

·          Die Entlastungswirkung dieser mehr als 8 Mio. € teuren Ortsumfahrung wäre relativ gering, da der Verkehr aus Richtung Würzburg weiterhin die alte Trasse benutzen würde. Wegen des ungünstigen Nutzen-Kosten-Verhältnisses hat sich deshalb auch das Staatliche Bauamt Würzburg gegen eine „große Umgehung“ ausgesprochen.

·          Eine durchgehende Neutrassierung würde als Verbindungsstrecke zwischen den Autobahnen A70 – A3 – A7 fungieren, überörtlichen Verkehr (v. a. LKW!) anziehen und zu erheblichen Zusatzbelastungen der AnwohnerInnen führen.

Auch deshalb hat die Oberste Baubehörde noch  Ende Oktober 2007 eine großräumige Verlegung der Staatsstraße 2271 als nicht zielführend eingestuft.

Die Verkehrsströme innerhalb von Volkach würden sich erheblich verändern: der Verkehr zur Umgehungsstrasse würde mitten durch die Stadt am Oberen Markt, an der Schule, am Krankenhaus und an der Mainschleifenhalle vorbeigeführt.

·          Eine potenzielle Entlastung der Ortsdurchfahrten wird mit einer Neuverlärmung der östlichen Ortsrandbereiche und dem Verlust bzw. der großflächigen Verlärmung wichtiger Naherholungsflächen v.a. im Raum Volkach erkauft.

Eine deutliche Verbesserung der innerörtlichen Verkehrssituation ist auch durch Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, -vermeidung und/oder –verlagerung (v. a. LKW-Verkehr) zu erreichen. Bereits eine Tempobeschränkung auf 30km/h verringert die Lärmbelastung im gleichen Umfang wie eine Halbierung des Verkehrsaufkommens, bringt aber für die AnwohnerInnen (Kinder!) einen weit höheren Zugewinn an Sicherheit.

 

 

Bedeutung des betroffenen Gebietes

 

Angesichts der mehr als zweifelhaften Notwendigkeit und der nur sehr begrenzten Entlastungswirkung der geplanten Ortsumfahrung wie auch angesichts der o. g. Möglichkeiten zur innerörtlichen Verkehrsberuhigung sind die geplanten Eingriffe in die ökologisch und  landschaftsoptisch sensiblen Bereiche des Talauenkomplexes der Volkach umso weniger zu rechtfertigen.

 

·          Da bei Verwirklichung der „großen Umfahrung“ drei Talräume gequert und zwei Berge durchschnitten werden müssen, würde dieses Vorhaben zu massiven Eingriffen in ökologisch wertvolle Bereiche und in das Landschaftsbild führen.

·          Betroffen wäre eine reich strukturierte Kulturlandschaft, die aufgrund des Verlustes großer Ackerflächen, kleinräumiger Streuobstareale und landschaftsbildprägender Weinberge erheblich an Attraktivität – gerade auch als Naherholungsraum und für den sanften Tourismus – verlieren würde.

·          Durch die Neuzerschneidung und die zu erwartenden Lärm- und Abgasbelastungen würde die noch weitgehend naturnahe Volkachaue ihre Funktion als wertvoller Biotopkomplex weitgehend verlieren.
Diese Bachaue ist aber zusammen mit den angrenzenden Streuobstwiesen unersetzlicher Lebensraum für viele seltene Vogelarten, z.B. Nachtigall, Eisvogel, Pirol und Wendehals.

Auch der Weißstorch wird hier regelmäßig beobachtet.
Die Volkachaue ist als ökologisch und landschaftsoptisch so wertvoll und einmalig einzustufen, dass sie alle Voraussetzungen für eine Ausweisung als „geschützter Landschaftsbestandteil“ erfüllt.

·          Der regelmäßig überschwemmte Talraum der Volkach dient zudem als natürlicher Retentionsraum für Hochwasser und ist auch in dieser Funktion unersetzlich.

 

Von großer ökologischer Bedeutung ist der Talraum der Volkach zwischen Volkach und Obervolkach v. a. aus folgenden Gründen:

 

·      Es handelt sich um einen der wenigen, noch unverbauten Fließgewässerabschnitte in Bayern

·      Mit ihrem geschlossenen Gewässer- und Lebensraumkomplex besitzt die Bachaue der Volkach überregionale Bedeutung.

 

Lt. Arten- und Biotopschutzprogramm des Landkreises fungiert der Talraum der Volkach zudem als wichtige Vernetzungsachse für feuchtigkeitsgeprägte Lebensräume im Biotopverbund

 

Das Plangebiet besitzt darüber hinaus aber auch große Bedeutung für die Naherholung – zunehmend aber auch für den Tourismus.

Maßgeblich dafür sind v. a. die Unversehrtheit und Naturnähe des Talraumes, die Offenheit und Durchsichtigkeit der Landschaft und der harmonisch in das Landschaftsbild eingebundene Ortsrand von Volkach.

Durch die Volkach mit ihren Ufergehölzen hat sich dort ein geschlossenes landschaftsoptisches Ensemble gebildet, für das kaum Ersatz geschaffen werden könnte.

 

Solche Landschaftsräume haben mittlerweile in Bayern großen Seltenheitswert!

 

 

Übergeordnete Vorgaben

 

Die von der Stadt Volkach und von verschiedenen Politikern forcierte große Umgehung wäre aber auch mit übergeordneten Zielvorgaben unvereinbar:

 

·      Landesentwicklungsprogramm:

o       Zielvorgabe BI 2.2.4:

„Es ist anzustreben, dass naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Auen in ihrer Biotopfunktion erhalten und zu naturnahen Landschaftsräumen weiter entwickelt werden“

o       Zielvorgabe B V 1.1.6:

„Beim Verkehrswegeaus- und – neubau…sollen Aspekte des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Flächensparens und des Immissionsschutzes berücksichtigt werden“

 

·      Art. 141 Bayer. Verfassung Art. 141 Absatz 2 (Auszug):

Staat, Gemeinden und ….. haben im besonderen die Aufgabe,

o       Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen

o       Die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und zu verbessern

o       Kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder und die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu schonen und zu erhalten

 

·      Europäisches Naturschutzrecht:

Art. 12 und 13 FFH - Richtlinie und Art. 5 Europäische Vogelschutzrichtlinie verbieten die Störung/Tötung bestimmter Tier- und Pflanzenarten(s. Anhang IV FFH .- Richtlinie) und aller Vogelarten  sowie die Beschädigung/Verschlechterung/Vernichtung ihrer Nist-, Brut-, Wohn – und Zufluchtsstätten.

 

Eine Befreiung kann lt. § 62 Bundesnaturschutzgesetz bzw. lt. Art. 43 Bayer. Naturschutzgesetz nur erteilt werden:

·      Bei zwingenden Gründen des öffentlichen Wohles

·      Wenn keine zumutbaren Alternativen existieren

·      Wenn sich trotz Projektverwirklichung der (günstige) Erhaltungszu stand der Populationen betroffener Arten nicht verschlechtert 

 

 

Forderungen

 

Angesichts der fehlenden Rechtfertigung für diese Umgehungsstraße, aber auch wegen der nicht ausgleichbaren Eingriffe in ökologisch wie landschaftsoptisch wertvolle Bereich und der unzumutbaren Belastungen für die betroffenen AnwohnerInnen appelliert der BN an die Stadt Volkach, die Planungen für eine „große Umfahrung“ einzustellen.

 

Eine spürbare Verkehrsentlastung wäre auch schon mit einer kleinen Umgehung östlich von Gaibach und mit gezielten Maßnahmen zur Innerörtlichen Verkehrsvermeidung und Verkehrsberuhigung (z. B. Verkehrsinseln, Verengung des Straßenraumprofils, zusätzliche Fußgängerampeln …) zu erreichen.

 

Auch nach Einschätzung des Staatlichen Bauamtes Würzburg wäre eine Umgehung von Gaibach aufgrund der einfacheren topografischen Verhältnisse mit deutlich weniger Aufwand und somit auch mit erheblich geringeren Eingriffen in Natur und Landschaft zu realisieren. Sie hätte zudem wegen des nur geringen Ziel- und Quellverkehrs ein im Vergleich zur „großen Umgehung“ deutlich größeres Verlagerungspotenzial, würde also die Ortsdurchfahrt wesentlich stärker entlasten.

 

Einer der letzten naturnahen und unverbauten Talräume Bayerns darf nicht einer mehr als fragwürdigen Ortsumgehung geopfert werden!

Dies wäre nach Auffassung des BN auch mit europäischem Naturschutzrecht nicht zu vereinbaren.

 

 

gez.                                                      gez.

Helmut Schultheiß                               Hans Schneider

Regionalreferent                                 1. Vorsitzender der

                                                              Ortsgruppe Volkach