Klimakrise bedroht Wälder im Landkreis Passau
Im Rahmen einer Pressefahrt im Landkreis Passau verdeutlichte der BUND Naturschutz in Bayern (BN) die dramatischen Auswirkungen der Klimakrise auf die heimischen Wälder. "Wir machen uns große Sorgen um den Bestand der Wälder im Landkreis Passau, weil hier die Klimakrise gleich mehrfach zugeschlagen hat: durch Sturm Kolle, Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer", so Karl Haberzettl, BN-Kreisvorsitzender. "Wir fordern von der Staatsregierung wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Ansonsten befürchten wir eine Neuauflage des Waldsterbens, wenn die Politik weiterhin versucht die Klimakrise auszusitzen" so Richard Mergner, Landesvorsitzender des BN. Angesichts der absterbenden Fichtenwälder muss auf deutlich größeren Flächen eine Waldverjüngung hochwachsen können, die dem Klimawandel gewachsen ist. Dafür sind in erster Linie Weißtanne, Buche und Eiche geeignet. "In den geschädigten Wäldern sollten die vitalen Altbäume und Totholz - soweit nicht borkenkäfertauglich - als Schutzschirm für die Verjüngung möglichst im Wald bleiben", so Ralf Straußberger, BN-Wald- und Jagdreferent. "Entscheidend ist jedoch für das Aufwachsen der neuen Waldgeneration, dass der Wildbestand von Rehen so angepasst wird, dass die jungen Bäumchen auch hochwachsen können", so Michael Held, Waldexperte der Kreisgruppe Passau. Dies ist im Landkreis Passau in einigen Jagdrevieren bereits gut umgesetzt, teilweise muss der Abschuss aber noch deutlich erhöht werden.
Klimakrise trifft Bayerns Wälder hart mit immensen Schäden und Kosten
Die Klimakrise ist kein exotisches Phänomen ferner Länder, sondern sie ist in Bayern schon längst harte Realität. Extreme Witterungsereignisse nehmen an Häufigkeit und Intensität deutlich zu. Besonders dramatisch hat sich die Situation im Landkreis Passau entwickelt: nach Sturm Kolle im August 2017 setzten Hitze, Trockenheit und Borkenkäfern den Wäldern massiv zu. "Eine weitere Verschärfung der Waldschäden würde zahlreiche zentrale Leistungen dieser Wälder für die Daseinsvorsorge stark beeinträchtigen", so Mergner. Dies beträfe z.B. den Trinkwasser-, Hochwasser-, Klima-, Boden-, und den Biotopschutz dieser Wälder. Dies bedeutet nicht nur für die Waldbesitzer immense Schäden, sondern käme auch unserer Gesellschaft und dem Freistaat sehr teuer zu stehen. "Wir fordern von der Bayerischen Staatsregierung, dass sie sich für mehr Klimaschutz einsetzt, auch auf nationaler und internationaler Ebene, " so Mergner. "Wir brauchen mehr konkrete und wirksame Klimaschutzmaßnahmen vor allem in der Energie-, Verkehrs- und Agrarpolitik. Wir appellieren an Ministerpräsident Markus Söder, sich aktiv für mehr Klimaschutz zum Wohl der Wälder Bayerns stark zu machen: jetzt, konkret und wirksam!"
Neue Waldgeneration braucht mehr Weißtannen, Buchen und Eichen
Es schon lange bekannt, dass die heutigen, oft naturfernen Fichtenforste besonders anfällig sind für Stürme und Borkenkäfer. In diesen absterbenden Wäldern soll auf großer Fläche eine neue Waldgeneration aus Mischwäldern mit angepassten Baumarten entstehen. "Wir haben eine große Palette an heimischen Baumarten, die eine moderate Klimaerwärmung ertragen", so Michael Held, Waldexperte der Kreisgruppe. "Am besten geeignet sind die Baumarten Weißtanne, Buche, Ahorn, Eiche und andere heimische Laubbaumarten." "Wir halten es für falsch jetzt nach neuen Wunderbaumarten aus anderen Erdteilen zu suchen, weil deren Anbau große Risiken birgt, vor allem für die Waldbesitzer", so Straußberger. In den stärker geschädigten Wäldern wie auch in den intakten Wäldern ist vorrangig ein natürlicher Aufwuchs geeigneter Baumarten anzustreben, weil deren Wurzelentwicklung ungestört ist. Um die Mammutaufgabe "Walderneuerung" bewältigen zu können, fordert der BN mehr Beratungsförster an den Forstämtern, die die Waldbesitzer und Jäger beraten und "Zukunftswaldprojekte" auf den Weg bringen. Es muss auch mehr Waldarbeiter und Förster bei den Bayerischen Staatsforsten geben, sowie mehr Fördergelder für den Waldumbau und natürliche Wiederbewaldung.
BN wirbt für mehr Unterstützung durch die Jagd
Infolge der Klimakrise wird auf großen Waldflächen eine neue Waldgeneration entstehen, was aber nur gelingen kann, wenn die Rehwildbestände angepasst sind bzw. werden. "Im Landkreis Passau gibt es gute Beispiele, wo man über eine entsprechende Bejagung bereits auf einem gutem Weg ist und dies erfolgreich umgesetzt hat", so Haberzettl und Held, "so z.B. im Staatswald im Neuburger Wald oder im Privatwald in der Waldbaugenossenschaft Steinberg und in der eigenbewirtschafteten Jagd Lämmersdorf." Andererseits gibt es auch im Landkreis noch Waldgebiete, in denen der "Waldnachwuchs" bislang von zu vielen Rehen massiv verbissen wird. "Wir sehen es als ein zentrales Problem für die Wälder im Klimawandel an, dass bayern- und deutschlandweit in vielen Wäldern keine jungen Tannen, Eichen oder Buchen wegen zu hoher Wildbestände aufwachsen können", so Straußberger. "Wir fordern deshalb, dass in solchen Jagdrevieren der Abschuss sehr deutlich erhöht werden muss". Die notwendigen Verjüngungen, ob aus Pflanzung oder aus Naturverjüngung, können nur gelingen, wenn der Erhalt der Wälder als Ganzes Vorrang vor den Jagdinteressen bekommt, so wie es der Grundsatz Wald vor Wild vorgibt. "Wir appellieren an die Jäger die Waldverjüngung in der Klimakrise mit höheren Abschüssen auf größeren Flächen zu unterstützen", so Straußberger.
Klimawälder schonend bewirtschaften
Um die gestressten Wälder besser gegen die Auswirkungen der Klimakrise zu schützen, müssen sie dringend schonender bewirtschaftet werden. Bei der Holzernte und der Walderschließung darf der Wald nicht so weit aufgelichtet werden, dass er durch Sonneneinstrahlung und Verdunstung austrocknet. "Wenn keine Borkenkäfergefahr mehr droht, empfehlen wir in stärker geschädigten Wäldern die verbliebene Restbestockung und Totholz weitgehend auf der Fläche belassen", so Straußberger. Angesichts der desaströsen Holzpreise ist dies wirtschaftlicher und ökologisch sinnvoller, weil diese Bäume über viele Jahre Kohlenstoff speichern, den Waldboden verbessern und einen Schutz für die neue Waldgeneration darstellen können. Diese Flächen sind daher nicht oder nur eingeschränkt zu beräumen. Dabei sind Naturverjüngungsmöglichkeiten geeigneter Baumarten weitestgehend auszunutzen und soweit möglich soll auch eine natürliche Wiederbewaldung zugelassen werden, die nach 5 -10 Jahren durch eine Pflanzung ergänzt werden kann. Auch das hilft die Kosten und das knappe Pflanzmaterial einzusparen.
Für Rückfragen:
Dr. Ralf Straußberger, BN-Waldreferent, Mobil 0171 - 738 17 24
Karl Haberzettl, Vorsitzender BN-Kreisgruppe Passau, mobil 0160 - 781 91 90