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Konzentrationsprozess in der Sägeindustrie gefährdet nachhaltige Waldwirtschaft

Naturschützer und mittelständische Sägeindustrie wehren sich gegen geplantes Großsägewerk im Kreis Ravensburg

07.04.2006

Die geplante Ansiedlung eines neuen Großsägewerks der Firma Klenk Holz AG im Landkreis Ravensburg bedroht nach Ansicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, und des bayerischen Bund Naturschutz (BN) die nachhaltige Forstwirtschaft in Bayern und Baden-Württemberg. "Die Ansiedlung eines solchen Großsägers geht zu Lasten einer ökologisch verträglichen Waldnutzung und hat negative Auswirkungen für regionale Wirtschaftskreisläufe und Arbeitsplätze vor Ort", betonte Dr. Brigitte Dahlbender, BUND-Landesvorsitzende, heute auf einer Pressekonferenz in Ulm. Für das geplante Großsägewerk mit 1, 3 Mio. Festmeter Schnittholzkapazität dürfe die Landesregierung keine "direkten und indirekten Subventionen" gewähren, forderte Dahlbender.
Nach Ansicht des ersten Vorsitzenden des BN, Prof. Dr. Hubert Weiger, ist die Sägeindustrie derzeit einem Konzentrationsprozess ausgesetzt, der die nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft massiv gefährdet: "Aktuell wird in Baden-Württemberg und Bayern die Ansiedlung mehrerer Großsägewerke forciert, die jeweils mehr als 1 Mio. Festmeter Schnittholzkapazität ausweisen und überwiegend schwaches und mittelstarkes Fichtenstammholz verarbeiten werden. Dies wird dazu führen, dass künftig starkes Holz kaum noch, oder zu deutlich schlechteren Preisen zu kaufen sein wird und damit das Leitbild eines naturnahen Waldes mit einem Wechsel von alten, dicken und jungen Bäumen obsolet wird", betonte Weiger. Weil die Großsäger schwaches und mittelstarkes Holz für das lukrative Exportgeschäft benötigen, befürchten die Umweltverbände, dass die marktbeherrschenden Großsägewerke künftig die Waldbewirtschaftung bestimmen werden. In der Folge würden auch die Waldbesitzer aus ökonomischen Gründen auf die Waldbewirtschaftung mit alten und dicken Bäumen verzichten, obwohl sie die wesentlichen Elemente der naturnahen Waldbewirtschaftung darstellen.
Auch die Säge- und Holzindustrie unterstützt die Kritik der Naturschutzverbände: "Die mit der Ansiedlung von derartigen Großsägewerken verbundenen sprunghaften Produktionssteigerungen werden angesichts des schon jetzt knappen Angebots zu einen gnadenlosen Wettkampf um den Rohstoff Holz führen. Verlierer einer solchen Entwicklung werden die nachhaltige Forstwirtschaft und die mittelständischen Sägewerksbetriebe und deren Arbeitnehmer sein", prognostizierte Wilhelm Schilling, Vizepräsident des Verbandes der Säge- und Holzindustrie Baden-Württemberg. Schilling verwies auf die negativen Erfahrungen in anderen Ländern: "Die Entwicklung in der Schweiz zeigt, dass pro neu geschaffenem Arbeitsplatz bei einem Großsäger 3 bis 6 bestehende Arbeitsplätze abgebaut werden". Schilling befürchtet, dass bei einer Ansiedlung der Firma Klenk im Kreis Ravensburg die vorhandenen 30 Sägewerke mit rund 400 Mitarbeitern in ihrer Existenz bedroht wären. "Das schädigt nicht nur die mittelständischen Säger, sondern auch die Baubranche, denn die Zimmerleute brauchen Sondereinschnitte, zum Beispiel für den Bau von Dachstühlen, die vom Großsägewerk in der Form nicht zur Verfügung gestellt werden", sagte Schilling: "Die Nachhaltigkeit muss wieder erste Priorität erhalten."
Vor diesem Hintergrund appellieren Naturschützer und die mittelständische Säge- und Holzindustrie, den Bau eines weiteren Großsägewerkes im Kreis Ravensburg nicht zu genehmigen. Gleichzeitig forderten sie den für die Forstwirtschaft zuständigen baden-württembergischen Minister Peter Hauk (CDU) auf, eine Ansiedlung der Firma Klenk nicht durch günstige Sonderkonditionen und langfristige Lieferverträge von Seiten des Staatsforstes zu subventionieren. "In Bayern soll immer mehr Holz aus dem Staatswald mit Großunternehmer eingeschlagen und an Großsägewerke verkauft werden, mit der Folge, dass mittelständische Sägewerke, Forstunternehmer und Brennholzkunden zunehmend leer ausgehen. Demgegenüber erwarten wir von der baden-württembergischen Landesregierung ein klares Signal für eine nachhaltige Forstwirtschaft und eine Stärkung der regionalen Kreisläufe", betonte BUND-Vorsitzende Dahlbender.