Landtagswahlcheck: Neue Staatsregierung braucht Zukunftsstrategie
Vor der Landtagswahl am 8. Oktober hat der BUND Naturschutz die demokratischen Parteien zu zentralen Positionen aus dem Natur-, Umwelt- und Klimaschutz befragt. Dabei zeigt sich, dass viele Parteien wichtige Maßnahmen zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen umsetzen wollen. So setzt sich beispielsweise die FDP für einen Nationalpark Steigerwald ein und die Freien Wähler befürworten Maßnahmen zur Erreichung von 30 Prozent Ökolandbauanteil in Bayern bis 2025 sowie eine Dachsolarpflicht auch für private Neubauten. Bündnis 90/Die Grünen und SPD haben von allen derzeit im Landtag vertretenen Parteien die meisten Wahlprüfsteine des BUND Naturschutz im Sinne des Natur- und Umweltschutzes positiv beantwortet. So setzen sich beide unter anderem für eine frei fließende Salzach ohne Wasserkraftwerk ein, wollen einen Nachhaltigkeitscheck aller staatlichen Fördergelder und die Abschaffung klima- und umweltschädlicher Subventionen. Außerdem sprechen sie sich für ein Straßenbaumoratorium und eine verpflichtende Einhaltung des Fünf-Hektar-Flächenverbrauch-Ziels aus (Übersicht aller Positionen im Anhang).
„Enttäuschend ist leider das Wahlprogramm der CSU“, erklärt der BN-Vorsitzende Richard Mergner. „Ob ausufernder Flächenfraß, Ausbau der Ökolandwirtschaft, Schutz unsere Flüsse oder wirksame Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung – keines dieser drängenden Themen will die CSU laut Wahlprogramm angehen.“ Aber auch die Freien Wähler hätten große Defizite beim Natur- und Umweltschutz: „Dass Parteichef Hubert Aiwanger jüngst das für den Freistaat gesetzlich vorgeschriebene Ziel der Klimaneutralität bis 2040 relativiert hat, ist da ein fatales Zeichen.“ Mergner appelliert an die Wahlberechtigten: „Die sich zuspitzende Klima- und Biodiversitätskrise ist inzwischen auch in Bayern unübersehbar. Schauen Sie sich die Wahlprogramme der Parteien vor Ihrer Entscheidung daher genau an. Ganz wichtig ist es, überhaupt zur Wahl zu gehen und für eine Partei zu stimmen, die unsere Demokratie achtet.“
Eine entscheidende Zukunftsfrage ist eine klimaneutrale Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien. Dabei setzt der BUND Naturschutz – wie die meisten Parteien – auch auf Dach-Photovoltaik. Der BN hat einen Drohnenpiloten beauftragt, Stadtviertel in München und Augsburg zu überfliegen. „Es ist wirklich enttäuschend zu sehen, dass PV-Anlagen die absolute Ausnahme sind, auch auf Regierungsgebäuden“, erklärt der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. „Es kann doch nicht sein, dass zum Beispiel staatliche Gebäude, wie das Landesamt für Finanzen in München riesige Flachdächer ungenutzt lässt! Auch das Wirtschaftsministerium hätte geeignete Dachflächen, ist aber völlig frei von PV. Die Staatsregierung muss hier mit gutem Beispiel vorangehen, denn Investitionen in Natur- und Umweltschutz sind Zukunftsinvestitionen.“
Geilhufe fordert die künftige Staatsregierung auf, Bayerns Zukunftsfragen konsequent anzugehen: „Die Herausforderungen sind bekannt, die Lösungen auch. Jetzt müssen sie endlich umgesetzt werden. Das wird nicht einfach, aber Nichtstun wird viel schlimmere Folgen haben. Akzeptanz und Motivation für eine solche Kraftanstrengung lassen sich im überparteilichen Dialog mit Verbänden, Expert*innen und Bürger*innen schaffen, wie zuletzt unter anderem der erfolgreiche Runde Tisch Artenvielfalt gezeigt hat.“
Hintergrund Dachsolar:
Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) errechnete ein Dachflächenpotenzial von 40 GW installierter Leistung in Bayern, davon fast 60 Prozent auf Wohngebäuden. 2021 waren aber nur Photovoltaik-Anlagen von ca. 10 GW auf Dächern installiert. Mit dem ungenutzten Potenzial von 30 GW könnte man fast 40 Prozent des in Bayern benötigten Stroms erzeugen und so die fossile Stromerzeugung rechnerisch komplett ersetzen.
Daher fordert der BN die Einführung einer Solarpflicht ab dem 1.1.2024 nicht nur für gewerbliche Neubauten wie in der bayerischen Gesetzgebung vorgesehen, sondern auch für private Neubauten. Zusätzlich sollen auch die Bestandsgebäude mit ausreichend langen Übergangszeiten eine solare Energienutzung auf geeigneten Dachflächen aufweisen müssen.