Landwirtschaftspolitik stärker an Biodiversitätszielen ausrichten
Ökologische wirtschaftende Landwirte haben ein relativ hohes Erzeugerpreisniveau im Vergleich zu ihren konventionell wirtschaftenden Kollegen. Artgerechte Tierhaltung, vielfältiger Anbau von Ackerkulturen, weitgehend geschlossene Nährstoffkreisläufe und der Verzicht auf leichtlösliche Mineraldünger und Pestizide sind die besonderen Leistungen des Ökolandbaus. Die Betriebe zeichnen sich durch ein sehr hohes Maß an Biodiversität aus: Höhere Artenvorkommen auf Bioäckern sind durch viele Untersuchungen belegt. Auf Biobetrieben werden die Umweltmedien Boden, Wasser, Luft durch ökologische Bewirtschaftung geschont. Gentechnisch veränderte Futtermittel und der Anbau gentechnisch veränderten Pflanzen sind im Ökolandbau ausgeschlossen. Das bayerische Kulturlandschaftsprogramm und das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm sowie Landschaftspflegeprogramme leisten entscheidende Beiträge um Lebensräume in der Agrarlandschaft zu sichern, und bieten allen Betrieben, unabhängig von der Wirtschaftsweise die Möglichkeit, die Artenvielfalt zu fördern.
Der Bund Naturschutz fordert deshalb, diese Programm finanziell zu sichern und weiter auszubauen sowie die Zielsetzung der bayerischen Agrarpolitik zu verändern. Mit Hilfe der landwirtschaftlichen Beratung, Ausbildung und Förderpolitik müssen die Potenziale des ökologischen Landbaus in Bayern sowie regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen stärker ausgebaut werden.
Bayerns Landwirtschaftsminister muss sich bei anstehende EU – Agrarreform dafür einsetzen, eine Landbewirtschaftung zu fördern, die an den Zielen von Biodiversitätserhalt und Klimaschutz ausgerichtet ist, und eine bäuerliche, gentechnikfreie Landwirtschaft sichert.
Als wichtigen Schritt in die richtige Richtung wertet der BN die Ankündigung von Landwirtschaftsminister Helmut Brunner, eine Strategie zu entwickeln, um eiweißhaltige Futtermittel-Importe durch heimische Eiweißpflanzenproduktion in Bayern zu ersetzen. Brunner wies laut Presseberichten darauf hin, dass erste Ergebnisse der Forschung an der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschafterhebliche Potentiale für einen Ausbau der Versorgung mit heimischem Futtereiweiß in Bayern zeigten, so dass die bayerische Rinderhaltung in erheblichem Umfang auf den Import von Soja verzichten könne.
Der BN wertet die Ankündigung als gute Möglichkeit, die Fruchtartenvielfalt auf bayerischen Äckern durch den Anbau von Körnerleguminosen zu erweitern und damit die Biodiversität zu fördern. „Auch die gentechnikfreie Landwirtschaft werde von Bayerns Landwirtschaftsminister mit diesem Schritt weiter vorangebracht, und damit den Interessen der Mehrheit der bayerischen Verbraucher und Landwirte nachgekommen“, so der BN.
Artenreiche Bioäcker und hohe Kulturpflanzenvielfalt
Auf Bio-Betrieben kommen deutlich mehr Wildkrautarten und Tierarten vor als auf konventionellen Vergleichsbetrieben. Von der größeren Vielfalt an Pflanzen profitieren auch Insekten und Vögel. Die Ursache für die höheren Artenvorkommen liegt neben den geringeren Saatstärken und einem vielfältigeren Fruchtwechsel am Verzicht auf den Herbizideinsatz und der Einbeziehung von Strukturelementen und Biotopen. Letztere sorgen gleichzeitig für ein ökologisches Gleichgewicht zwischen Nützlingen und Schädlingen und tragen dazu bei, das Auftreten von Schädlingen zu regulieren. (Details siehe Anlage 1)
Naturschutz für alle Landwirte eine Herausforderung
Doch auch der Ökolandbau kann in Bezug auf Artenerhalt und Lebensraumschutz noch verbessert werden. Wiesen werden auch auf Biobetrieben häufig und früh geschnitten, wie im konventionellen Bereich, um hohe Eiweißerträge zu erzielen und das Betriebseinkommen zu optimieren. Zum Blühen kommen Wiesen nur, wenn auf sehr frühe und häufige Mahd verzichtet wird. Eine Beibehaltung und ein weiterer Ausbau des bayerischen Kulturlandschafts- und Vertragsnaturschutzprogramms ist ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der Biodiversitätsziele.
Marion Ruppaner, BN Landwirtschaftsreferentin, Tel. 0911-81878-20
Anlage 1
Natur- und Umweltschutz durch ökologischen Landbau -
Ergebnisse von Vergleichsuntersuchungen
1. Bodenfruchtbarkeit
Bodenorganismen sind Indikatoren für die Bodenfruchtbarkeit und unverzichtbar für Nährstoffumwandlung und -freisetzung in den Böden. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Regulierung von Schädlingen und Krankheiten und sind Voraussetzung für eine gute Bodenstruktur. Für den Stoffumsatz und Energiefluß in Bodenökosystemen sind sie entscheidend. Langzeitsystemvergleichsversuche z.B. in Therville (Schweiz) zeigen, daß ökologisch bewirtschaftete Böden eine bedeutend höhere mikrobielle Biomasse und Aktivität aufweisen als Böden auf konventionell oder integriert bewirtschafteten Feldern. Auch die Artenvielfalt der Mikroorganismenpopulation ist höher.
2. Wildkrautflora auf Äckern
15 Vergleichsuntersuchungen mit insgesamt ca. 1.200 Ackerstandorten zeigen, daß auf Äckern, die ökologisch bewirtschaftet werden, typische Ackerwildkräuter reichhaltiger vorhanden sind. Im Durchschnitt liegen die Artenzahlen um ein Drittel bis zu dreieinhalb mal höher. Die Ackerrandbereiche weisen eine ca. doppelt so hohe Artenzahl auf, die Ackerinnenbereiche eine zweieinhalb bis sechsmal so große Artendichte. Kennzeichen im Ökolandbau ist das häufigere Auftreten gefährdeter Ackerwildkräuter sowie gut ausgebildete Ackerwildkrautgesellschaften. Die typische Artenvielfalt der Äcker kann bei organischer Bewirtschaftung weitgehend erhalten bleiben oder sogar regeneriert werden. Lediglich im Falle einer einseitigen produktionstechnischen Optimierung im organischen Landbau, wäre mittelfristig mit einer bedenklichen Reduzierung der Artenvielfalt der Ackerwildkräuter zu rechnen. Dies liegt jedoch nicht im Sinne des organischen Landbaus, da sowohl die Mächtigkeit der Krautschicht als auch das Blütenangebot eine nicht unerhebliche Rolle in der Stabilisierung der Agrarökosysteme, das heißt auch bei der Förderung der Nützlinge spielen .
3. Vegetation organisch bewirtschafteten Grünlandes
Die begrenzte Nährstoffzufuhr und die dadurch bedingte etwas spätere erste Nutzung hat eine höhere Artenzahl als in konventionell bewirtschafteten Grünlandflächen zur Folge. Allerdings erzwingt die Erreichung einer ausreichenden Futterqualität frühere Nutzungszeitpunkte als es viele rückläufige und gefährdete Pflanzenarten des Grünlandes tolerieren können. 275 Vegetationsaufnahmen von Vergleichsuntersuchungen organisch und konventionell bewirtschafteten Grünlands ergaben als durchschnittliche mittlere Artenzahl 26,8 (± 6,6) auf ökologisch bewirtschafteten und 21,8 (± 7,2) auf konventionell bewirtschafteten Grünlandstandorten.
4. Kleintierfauna
Je mehr Pflanzenarten und Kleinstrukturen in einer Fläche zur Verfügung stehen, um so höher ist auch die Vielfalt an Tieren. Als Leitarten wurden häufig Laufkäfer und Spinnen (Nutzarthropoden) untersucht. Es ergaben sich doppelt so hohe Vermehrungsraten, eine höhere Vielfalt und Häufigkeit der Kleintiere sowie eine ausgeglichenere Artenverteilung. Entscheidend für die Förderung einer ausgewogenen Kleintierfauna sind die unterschiedlichen Kultur- und Bewirtschaftungsmaßnahmen wie Düngung, Pflanzenschutz, Beikrautregulierung, Fruchtfolgegestaltung und das Angebot an naturnahen Flächen. Auch der Regenwurmbesatz ist auf ökologisch bewirtschafteten Flächen höher.
5. Vogelwelt
Studien aus Großbritannien, Dänemark und Kanada belegen die positive Auswirkung des ökologischen Landbaus auch auf die Vogelwelt. Durch eine höhere Strukturvielfalt auf den Betrieben, erweiterte Fruchtfolgen mit z.B. hohem Sommergetreideanteil, die geringe Düngungsintensität sowie den konsequenten Verzicht auf Pestizide entsteht ein größeres Angebot an attraktiven Nistplätzen sowie ein größeres Nahrungsangebot. Bei der dänischen Untersuchung wurden vor allem Pestizide als Hauptgrund für die Verarmung der Vogelwelt herausgefunden. In Dänemark wurden 31 Betriebspaare untersucht, 50 - 73 % der auf den Vergleichsflächen nachgewiesenen Vogelarten kamen auf den ökologisch bewirtschafteten Flächen häufiger vor. Die Bestandsdichten waren auf den konventionellen Flächen um 37 bis 51 % niedriger, bei der Feldlerche schwankte diese Zahl zwischen 30 und 80 %. Nicht auf alle Vogelarten wirkt sich der ökologische Landbau positiv aus. So benötigen z.B. Bodenbrüter eigene Naturschutzfachprogramme.
Im Bereich des Obstbaus ist nicht die Bewirtschaftung, sondern die Anbauform entscheidend. Die Zahl der Vogelindividuen ist zwar auf ökologisch bewirtschafteten Plantagen über doppelt so hoch wie auf integriert bewirtschafteten Flächen, sie erreicht jedoch nur 42 % der in Streuobstbeständen gezählten Vögel.
6. Gewässerschutz
Durch den Verzicht auf Pestizide sowie ein optimiertes Stickstoffmanagement werden Pestizideinträge in die Gewässer vermieden und die Stickstoffausträge minimiert. Durch die hohe Wasserspeicherkapazität der gut strukturierten Böden im ökologischen Landbau wird ein hoher Hochwasserschutz erreicht.
7. Energiebilanzen und Klimaschutz
Durch flächendeckende ökologische Landwirtschaft könnten die klimarelevanten Emissionen der Landwirtschaft um die Hälfte verringert werden. Ausschlaggebend ist der Verzicht auf Stickstoffmineraldünger und die Einschränkung von Futtermittelzukäufen im ökologischen Landbau. Haas und Köpke (Universität Bonn) haben einen 64 Prozent niedrigeren Einsatz fossiler Energie im ökologischen Landbau im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft ermittelt.
8. Literaturhinweise:
Naturschutz durch ökologischen Landbau, Hrsg. Hubert Weiger/Helga Willer, 1997
Mehr Natur in Hof und Flur, Ein Leitfaden für umweltbewusste Landwirte, Bund Naturschutz in Bayern e.V., 2000
Wege zu einer Blühenden Kulturlandschaft,www.bluehende-landschaft.de
Fuchs,S.;Stein-Bachinger,K. :Naturschutz im Ökolandbau, Praxishandbuch für den ökologischen Ackerbau, 2008, BiolandVerlags GmbH, Mainz
Anlage 2:
Folgen des zunehmenden Preisdrucks und der Industrialisierung der Landwirtschaft
Verlust der für die Biodiversität wichtigen artenreichen Randstrukturen und ungestörten Lebensräume, durch die Zusammenlegung von Feldern im Rahmen von Verfahren der Ländlichen Neuordnung, freiwilligem Landtausch und Betriebsaufgaben.
Die Bewirtschaftung der Agrarflächen mit immer größeren Maschinen, speziell auch durch überbetrieblichen Maschineneinsatz (z.B. Rübenrodegemeinschaften, Mähdrescher, Maishäcksler) die zur Bodenverdichtung beitragen, und damit die Wasserspeicherfähigkeit der Böden herabsetzen und Bodenerosion fördern.
Punktuell höhere Emissionen bei räumlicher Konzentration der Tierhaltung.
Verödung und Nivellierung des Landschafsbildes; Verlust der Vielfalt in Raum
und Zeit.
Verlust von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum, wenn Landhandel, Verarbeiter und Werkstätten immer weiter zentralisiert werden, und die Infrastruktur mit ihren Arbeitsplätzen am Land zerstört wird.
Anlage 3
www.biohof-wimmer.de/landwirtschaft/index.html
Eine kurze Standortbestimmung
In Rockern, am nördlichen Stadtrand von Pfarrkirchen im Landkreis Rottal-Inn liegt, schön eingebettet in einer flachen Senke, der Biohof Wimmer. Dieser wird seit 1979 nach den strengen Richtlinien von Bioland bewirtschaftet.
Das Anwesen ist umgeben von Streuobstwiesen, Weideflächen und Ackerland. Diese bilden die Grundlage für Tierhaltung, Viehfutter- und Speisegetreideerzeugung und die Fruchtsaftgewinnung - den drei "Standbeinen" des Betriebs von Josef Wimmer.
Ca. 30 Deutsch-Angus-Rinder als Herde in Mutterkuhhaltung sowie mehrere Muttersauen mit ihren Ferkeln sind das Herzstück der landwirtschaftlichen Erzeugung. Weidegang im Sommer sowie im übrigen Offenstallhaltung für Rinder und Schweine, garantiert den Tieren optimale Lebens- und Wachstumsbedingungen und liefert so ganzjährig bestes Fleisch für die Vermarktung im Hofladen.
Zusammen mit weiteren eigenen Erzeugnissen wie Speisegetreide, Honig, Fruchtsäften und Most erfolgt jeden Freitag der Verkauf im Hofladen. Die Kunden können sich außerdem mit Frischwurst und Würstchen, hergestellt von einem Bio-Metzger, frischem Brot und Backwaren, Bioobst, Gemüse und Kartoffeln, Milch, Milchprodukten und Käse versorgen, sich mit verschiedenen Naturkostartikeln eindecken oder Biobier und Weine vom Ökowinzer einkaufen.
Besonders stolz sind Josef und Angelika Wimmer auf das Engagement ihres Sohnes Matthias im dritten Betriebszweig, der Fruchtsafterzeugung. Matthias hat im Sommer 2006 die Ausbildung zum Fruchtsafttechniker bundesweit als Jahrgangsbester mit "sehr gut" abgeschlossen und führt den Keltereibetrieb nunmehr seit Herbst 2006 in eigener Verantwortung.
Mit Beginn der Erntesaison im Herbst wird sowohl eigenes Obst als auch Äpfel und Birnen von privaten Anlieferern gepresst, erhitzt und in Flaschen abgefüllt. Das Besondere dabei ist, dass jeder Kunde garantiert den Saft seines eigenen Obstes wieder erhält. Der Saft aus der eigenen Obsternte wird zum einen für den Weiterverkauf im Hofladen sowie an Hotels und Gaststätten abgefüllt oder zu spritzigem Apfel- und Birnenmost vergoren, einer weiteren Spezialität, die bei internationalen Prämierungen bereits mit Gold- bzw. Silber ausgezeichnet wurde.