LUCHS IM SPESSART GESICHTET
"Wir freuen uns sehr über den Luchs, der jetzt im Spessart aufgetaucht ist", erklärt Sebastian Schönauer, stellvertretender Landesvorsitzender des BN: "Wir wussten, dass der Spessart ein geeigneter Lebensraum für den Luchs ist. Leider hat es seit der letzten Luchssichtung in Main-Spessart im Februar 2016 bis jetzt eineinhalb Jahre gedauert, bis wieder ein Luchs nachgewiesen werden konnte. Damit der jetzt fotografierte Luchs nicht ein einmaliger Besucher bleibt und sich Luchse auf Dauer wieder ansiedeln können, rufen wir die Bayrische Staatsregierung zum Handeln auf."
Weit von vitaler Luchspopulation entfernt
Diese hat 2008 im Managementplan Luchs das Ziel einer "vitalen Luchspopulation", die "alle geeigneten Lebensräume Bayerns besiedelt" definiert. Der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner kritisiert, dass Bayern von einer Zielerreichung weit entfernt ist: "Die letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass das Ziel ohne eine gezielte Wiederansiedlung nicht zu erreichen ist. Darüber können auch einzelne Sichtungen wie die aktuelle nicht hinwegtäuschen. Deswegen fordern wir die Freisetzung von je etwa 20 Tieren in geeigneten Lebensräumen in den bayerischen Mittelgebirgen und den Alpen." "Die nationalparkwürdigen Wälder im Spessart sind auch für den Luchs hervorragend geeignet", betont der BN-Kreisvorsitzende Erwin Scheiner. Zunächst müsse die Bayerische Staatsregierung dafür den Managementplan Luchs ändern, denn eine Freisetzung von Luchsen zur Unterstützung der Wiederansiedlung wird in diesem bisher kategorisch ausgeschlossen.
Jungluchse wandern meist nur 50 Kilometer weit ab. Auf ihren Wanderungen sind sie großen Gefahren ausgesetzt, vor allem durch den Straßenverkehr und durch Wilderei. Deswegen ist eine spontane Besiedlung der geeigneten Lebensräume durch abwandernde Tiere, die zur Etablierung des Luchses in neuen Gebieten führt, derzeit nicht möglich. Dies hat der BUND Naturschutz bereits im Juli 2016 mit einer von dem renommierten Wildtierbiologen Ulrich Wotschikowsky erarbeiteten Studie belegt.
Wiederansiedlung gegen erneutes Aussterben
Spessart, Rhön, Frankenwald und Oberpfälzer Wald mit Steinwald und Fichtelgebirge sowie das Bayerisch-Böhmische Grenzgebirge sind geeignete Luchslebensräume - mit günstigen Ausbreitungsmöglichkeiten in den Thüringer Wald, ins Erzgebirge und Elbsandsteingebirge. Ebenso gilt dies für die bayerischen Alpen mit Anbindungsmöglichkeiten an Luchsvorkommen in den West- und Ostalpen.
Die aktuell bestehenden sechs kleinen Luchsbestände Mitteleuropas sind langfristig nicht überlebensfähig, solange ein Austausch untereinander nur in Ausnahmefällen oder gar nicht möglich ist, weil sie zu weit voneinander entfernt liegen. Wegen der geringen Zahl von Gründertieren muss in allen Populationen mit genetischen Problemen gerechnet werden. Einer Verbindung der sechs Bestände zur Stabilisierung der Gesamtpopulation muss deswegen höchste Priorität eingeräumt werden. Ohne diese Verbindung besteht tatsächlich die Gefahr des erneuten Aussterbens des Luchses in Mitteleuropa. Statt tatenlos ein Aussterben in Kauf zu nehmen, könnte Bayern den Beispielen von Niedersachsen und Rheinland-Pfalz folgen. Im Nationalpark Harz wurden seit 2000 24 Luchse erfolgreich ausgesetzt und letztes Jahr im Pfälzer Wald die ersten Luchse eines mehrjährigen Wiederansiedlungsprojektes freigelassen.
Für Rückfragen
Richard Mergner
Landesbeauftragter
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Tel. 01 71 / 6 39 43 70
richard.mergner@bund-naturschutz.de
Dr. Kai Frobel
Artenschutzreferent
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Tel.: 01 71 / 6 98 00 56
kai.frobel@bund-naturschutz.de
Uwe Friedel,
Artenschutzreferat
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Tel. 09 11 / 57 52 94 12
uwe.friedel@bund-naturschutz.de