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Tiere und Pflanzen

Maiswurzelbohrer – Bekämpfung mit Pestiziden bringt neue Risiken für Anwender, Verbraucher, Tier und Umwelt

Bund Naturschutz (BN) fordert stattdessen Flächenmanagement nach dem erfolgreichen Beispiel in der Schweiz

02.09.2008

In den Landkreisen Passau und Deggendorf sowie  im südlichen Baden-Württemberg breitet sich derzeit ein neuer Maisschädling aus, der durch gesetzlich vorgeschriebene Quarantänemaßnahmen (Beschränkung des Maisanbaus in einer Sicherheitszone) und chemische Bekämpfung ausgerottet werden sollte. Der BN bewertet eine Bekämpfung des Maiswurzelbohrers mit intensivem Insektizideinsatz als neue Gefahrenquelle für Mensch und Umwelt und setzt sich deshalb für ein Anbaumanagement nach dem Beispiel wie in der Schweiz ein, wenn der Quarantänestatus des Gebietes aufgehoben wird.

 

In der Schweiz konnte der Maisschädling über Fruchtfolgemaßnahmen bisher erfolgreich eingedämmt werden. Einen Entschädigungsanspruch für Landwirte befürwortet der BN ebenfalls nach dem Schweizer Modell.  Dort erhalten Landwirte erst dann Ausgleichszahlungen, wenn sie z.B. eine 4 gliedrige Fruchtfolge einhalten, bei der eine Frucht maximal auf zwei Drittel der Anbaufläche wachsen darf.  Neben weiteren Vorgaben, wie z.B. einer ausgeglichenen Düngebilanz, Bodenschutz und artgerechte Tierhaltung ist auch ein Anteil von 7% ökologischen Ausgleichsflächen vorgeschrieben, für die es extra Ausgleichszahlungen gibt, z.B. für weniger intensiv genutzte Wiesen, Brachen, Ackerschonstreifen oder Säume. „Wenn Landwirte Mais nach Mais in Monokulturen anbauen, tragen  sie selbst auch stark zur weiteren Ausbreitung dieses Schädlings bei, und Kosten sowie ihre Abhängigkeit von Insektizidherstellern wie Bayer steigen. Dazu kommen die Umwelt- und Gesundheitsrisiken des Insektizidseinsatzes“, so BN-Landwirtschaftsreferentin Marion Ruppaner. „Über ein Anreizsystem nach dem Schweizer Modell können Landwirte selbst entscheiden, ob sie nach Weltmarktbedingungen produzieren wollen und auf Direktzahlungen verzichten, und sich lediglich an die gesetzlichen Standards der landwirtschaftlichen Produktion richten, oder ob sie sich bemühen, gesellschaftlichen Ansprüchen nach  Biodiversitätsschutz nachzukommen. Diese schonende Form der Landschaft hilft auch, Schädlinge und Krankheiten bei den Anbaukulturen zu reduzieren, und gesunde Tiere zu erzeugen.

 

Insektizidanwendung mit Gefahren

 

Das zur Spritzung eingesetzte Mittel Biscaya birgt neue Gefahren.

Die Bundesanstalt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat Biscaya in die Gefahrenklasse: „sehr giftig für Wasserorganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben." und „das Mittel ist giftig für Fische und Fischnährtiere" eingestuft. Laut BVL ist Biscaya schädigend für Marienkäfer und Florfliegen und steht  im Verdacht, Krebs zu erzeugen.

Biscaya wurde erst in einem Notverfahren am 31.7.2007 für den Einsatz gegen den Maiswurzelbohrer zugelassen wurde. Es gab Berichte aus der Praxis im Landkreis Passau über Fütterungsprobleme von mit Biscaya behandelter Silomaissilage. Der Dipl.-Chemiker H.-D. Stürmer, Leiter des Freiburger Institut für Umweltchemie schätzt Biscaya nach einer Pressemitteilung des BUND Regionalverbandes Freiburg vom 29. August 2008 als absolutes Notmittel ein, da es, obwohl angeblich bienenungiftig (B4), potentiell humantoxisch sei. Es sei ein heterocyclischer Halogenaromat, dessen Abbau und Metabolisierung unklar sei und ein allergenes Potenzial, insbesondere Allergisierung bei Anwendern wahrscheinlich mache.“

 

Traurige Berühmtheit hatte auch der Giftstoff Clothianidin erlangt, der zur Saatgutbehandlung bei Mais unter anderem gegen den Maiswurzelbohrer angewendet wurde. Am Oberrhein führte dies zum Tod tausender von Bienenvölkern. Der Wirkstoff wurde zur Behandlung von Maissaatgut dann in einer Eilverordnung verboten, inzwischen aber für Rapssaatgut wieder zugelassen.

Das heißt, der Gifteinsatz geht zu Lasten der Insektenwelt, denn Bienen sind die Anzeiger für weitere Schäden an der Insektenwelt, wie an Hummeln und anderen Wildbienen. Die Fruchtfolgebeschränkungen, bei denen nach dem Befall mit Maiswurzelbohrer der Maisanbau 2 Jahre lang ausgesetzt wird, sind  auch nach Aussagen aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium zu 95% wirksam, während die chemische Bekämpfung des Maiswurzelbohrers nur eine Erfolgsquote von ca. 60% habe.

Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer hatte kürzlich auf dem Vilshofener Volksfest verkündet, dass er den  Quarantänestatus für die betroffene Landkreise  aufheben und die Gebiete zu „Befallsregionen“ deklarieren wolle, in denen das Bekämpfungsmanagement der EU nicht mehr zwingend vorgeschrieben ist. Zudem verkündete er ein neues Forschungsprogramm. „Statt wieder Geld in ein zusätzliches, über das derzeitige Monitoring des Käfervorkommens und seiner Ausbreitung hinausgehendes staatliches  Forschungsvorhaben zu stecken, fordert der BN , ein regional ausgerichtetes Förderprogramm für die Landwirte nach dem Schweizer Modell, das auf die Minimierung des Schädlings mittels Fruchtfolgemaßnahmen setzt.

Hinzuweisen ist auch auf die bereits entwickelten maiswurzelbohrerresistenten Züchtung der Bayerischen Saatenunion, die eine auf mehreren Genen beruhende resistente Maissorte auf konventionellem Weg entwickelt hat, die sich derzeit in Ungarn in der Sortenprüfung befindet.

Für Rückfragen:

Marion Ruppaner, BN Referentin für Landwirtschaft ,Tel. 0911/81 87 8-20
E-Mail: marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

Quellen:

www.blw.admin.ch

www.umwelt-schweiz.ch/landwirtschaft