Neue Bundesregierung: Auch Bayern muss beim Klima- und Umweltschutz liefern
Die Pläne der neuen Bundesregierungen haben weitreichende Konsequenzen für Bayern. Der BUND Naturschutz in Bayern fordert die Staatsregierung auf, die Umwelt- und Klimaschutzpolitik der neuen Koalition vor Ort umzusetzen – und dabei mutig weiter zu gehen als die Ampel. „Das stellt den Freistaat vor große, aber unumgängliche Herausforderungen“, erklärt der BN-Vorsitzende Richard Mergner. „Unser eindringlicher Appell an den Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Markus Söder: Keine Fundamentalopposition gegen die Ampel, sondern ein Wettstreit zwischen Berlin und München um den besten Klima- und Umweltschutz. Wir brauchen die Energiewende, die Agrarwende und die Mobilitätswende in Bayern so schnell wie möglich! Und das geht nur, wenn die Staatsregierung hier selber Akzente setzt und ein eigenes grünes Profil entwickelt.“
Der Koalitionsvertrag enthalte viele gute Ansätze, die sich auch positiv auf Bayern auswirken könnten, so Mergner: „Wir sehen viele Türen, die geöffnet werden – etwa für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Förderung der ökologischen Landwirtschaft. Der Verkehrssektor ist leider nicht besonders vielversprechend. Vor allem hier muss Bayern mit gutem Beispiel vorangehen: Wenn die Klimaschutzverpflichtungen im Koalitionsvertrag ernst genommen werden, muss dies ein Ende der milliardenschweren Bundesfernstraßenbauprojekte bedeuten. Die Verkehrswende ist aber auch deswegen so herausfordernd, weil es nach zwölf Jahren CSU-Verkehrsministerium massive Versäumnisse im Mobilitätssektor gibt.“
Frischer Wind für Bayerns Energiesektor
Die 10H-Windkraftabstandsregel in Bayern wird zwar voraussichtlich durch die Vorgabe der Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft ausgehebelt, „Wir sind aber in Sorge, dass die Prozentanteile unter den Bundesländern aufgeteilt und verschoben werden könnten“, gibt der Landesbeauftragte des BN Martin Geilhufe zu bedenken. „Dazu darf es auf keinen Fall kommen. Was den Ausbau der Erneuerbaren Energien an naturverträglichen Standorten für Wind- und Solarkraftwerke angeht, müssen alle an einem Strang ziehen. Bayern darf sich hier nicht freikaufen und muss seinen eigenen Anteil leisten. 10H muss endlich weg!“
Herausforderungen für die bayerischen Bauernhöfe
Eine gute finanzielle Ausstattung brauchen auch die Landwirt*innen in Bayern, um das Ziel von bundesweit 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 zu erreichen, so Geilhufe weiter. „Bayern muss die Finanzmittel zur Förderung dieses wichtigen Projekts im Kulturlandschaftsprogramm mit attraktiver Förderhöhe absichern, um die Beibehaltung und weitere Umstellung auf Ökolandbau nicht zu gefährden.“
Weiter will die Bundesregierung den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln stark reduzieren – eine Herausforderung für Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber: „Die Ministerin hat bereits vor zwei Jahren eine Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Bayern angekündigt, bis heute jedoch nicht einmal valide vorgelegt, wieviel davon auf Bayerns Äckern überhaupt zum Einsatz kommt“, kritisiert Geilhufe und fordert, den in Berlin beschlossenen Ausstieg aus der Glyphosat-Anwendung in Bayern rascher als bis Ende 2023 umzusetzen.
Ebenfalls deutliche Auswirkungen im Freistaat werden die geplante verbindliche Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichnung und der Umbau zu artgerechteren Haltungssystemen haben. Geilhufe dazu: „Die bayerische Staatsregierung wird ihr Qualitäts- und Herkunftszeichen ‚Geprüfte Qualität Bayern‘ nachbessern müssen. Hier müssen zum Beispiel verbesserte Haltungsstandards und ein mindestens 50-prozentiger Eigenfutteranteil umgesetzt werden.“
Mehr Bahn, aber nicht weniger Straßen?
Ein klares Bekenntnis zu weniger Straßenbau fehlt im Koalitionsvertrag. Insbesondere Bayern hat in den letzten Jahrzehnten enorme Straßenbauprojekte vorangetrieben. „Damit muss endlich Schluss sein!“, fordert Richard Mergner. „Weil es trotz der angekündigten Neuausrichtungen des Bundesverkehrswegeplans kein Straßenbau-Moratorium gibt und unsere Landschaft bis auf weiteres weiter zuasphaltiert werden soll, werden wir hier auch weiter Widerstand leisten! Dass der ÖPNV ausgebaut und zahlreiche Bahnstrecken elektrifiziert werden sollen, begrüßen wir natürlich.“
Laut Koalitionsvertrag sollen bis 2030 15 Millionen E-Autos in Deutschland unterwegs sein. „Die bayerischen Autohersteller haben diese Transformation längst eingeleitet“, betont Mergner. „Bayern muss sie hierbei mit entsprechender Ladeinfrastruktur unterstützen. Es muss aber auch klar sein, was die Koalition lieber nicht anpackt: dass die Anzahl der Autos und LKW insgesamt reduziert werden muss, wenn wir unsere überlebensnotwendigen Klimaschutzziele erreichen wollen.“