Öffentliche Aufträge müssen nach klaren umweltfreundlichen und fairen Regeln vergeben werden
Die Aufträge der öffentlichen Hand sind mit einem Beschaffungsvolumen von über 350 Milliarden Euro für rund 14 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr verantwortlich. Dieser relevante Anteil ist eine Möglichkeit und Chance für die Staatsregierung, die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten zu steigern.
In einem ökologieorientierten Beschaffungswesen sieht der BUND Naturschutz große Chancen für den Gesundheits-, Arten- und Klimaschutz. „Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Deutschland und Bayern ist stark verbesserungswürdig“, erklärt der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner. „Hier gibt es viele Bereiche, in denen die Staatsregierung aktiv werden kann. Wer Umwelt- und Klimaschutz ernst nimmt, sollte vor der eigenen Haustüre anfangen!“
„Ein enormes Potential für nachhaltige öffentliche Aufträge liegt im Bausektor“, betont der stellvertretende Sprecher des BN-Landesarbeitskreises Abfall Johann Meindorfer. „Mit dem Einsatz von Recyclingbaustoffen gerade im mengenmässig höchst relevanten Tiefbau können wertvolle Lebens- und Naturräume vor Eingriffen durch weitere Kiesabbauflächen oder Steinbrüche bewahrt werden. Statt Kies und Schotter sollte hier aufbereitetes und gereinigtes Bauschutt-Granulat zum Einsatz kommen. Bei öffentlichen Bauaufträgen sollte dies verbindlich festgelegt werden.“
Auch im Kunststoff- und Papiersektor ist der vermehrte Einsatz von Recyclingmaterial notwendig. So spart die Herstellung von Recyclingpapier gegenüber Primärfaserpapier bis zu 68 Prozent Energie, bis zu 78 Prozent Wasser und bis zu 87 Prozent bei der Abwasserbelastung. Zu den einfachsten Massnahmen gehört daher die konsequente Umstellung des gesamten Papierbedarfs auf 100 Prozent Altpapier in der kompletten öffentlichen Verwaltung und Korrespondenz. „Nach Kenntnis des BN wird in einigen Geschäftsbereichen der Staatsregierung und bei vielen Sozialversicherungsträgern der Einsatz von Recyclingpapier teilweise komplett verweigert“, ärgert sich Meindorfer. „Die ohnehin lückenhaften Vorgaben werden nur äußerst sporadisch erfüllt, kontrolliert wird gar nicht und gemeldeten Verstößen wird nicht nachgegangen.“
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Ernährung. Der BN fordert im öffentlichen Bereich einen kompletten Verzicht auf Produkte aus Massentierhaltung. Stattdessen sollte beispielsweise in öffentlichen Kantinen auf fair gehandelte Bioprodukte zurückgegriffen werden. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund des Volksbegehrens Artenvielfalt, zu dessen Zielen auch die Steigerung des Öko-Landbaus auf 30 Prozent gehört, angezeigt. Mergner betont in diesem Zusammenhang: „Das oft angebrachte Gegenargument der höheren Kosten und mangelnder Wirtschaftlichkeit lassen wir nicht gelten. Die wahren gesellschaftlichen und sozial-ökologischen Kosten bei konventionell hergestellten Produkten liegen nämlich um ein Vielfaches höher. Zum Wohle des Biodiversitäts-, Umwelt- und Klimaschutzes muss die öffentliche Hand hier mit gutem Beispiel vorangehen!“
Meindorfer hatte sich vor über einem Jahr in einem Schreiben neben Ministerpräsident Dr. Markus Söder an die FW-Staatsminister Thorsten Glauber und Hubert Aiwanger gewandt: Sie müssten dafür sorgen, dass für die gesamte öffentliche Hand eine umweltverträgliche Beschaffungspraxis verpflichtend festgeschrieben wird. Bislang scheut sich die Staatsregierung davor. „Da schlummern unzählige Ressourcen- und Energieeinsparmöglichkeiten zum Erreichen der Biodiversitäts-, Energiewende- und Klimaschutzziele und die müssen vollständig ausgeschöpft werden,“ so Meindorfer.