Riesige Borkenkäferkatastrophe im Frankenwald ist die Folge von Fichtenmonokulturen und Klimaerwärmung
Im Rahmen einer Pressefahrt in den Frankenwald bei Stadtsteinach, Landkreis Kulmbach, fordert der Bund Naturschutz angesichts der aktuellen Borkenkäferkatastrophe die betroffenen Fichtenreinbestände in Mischwälder umzuwandeln.
Die Ursachen für diese Katastrophe sind die hausgemachten Klimaänderungen und großflächigen Fichtenreinbestände, die aus kurzfristigen Gewinninteressen in früheren Jahrzehnten angelegt wurden.
Der BN fordert schon seit Jahrzehnten einen Waldumbau der instabilen Nadelholzreinbestände. "Doch anstatt den überfälligen Waldumbau zu forcieren, stoppt ihn die Bayerische Staatsregierung durch die Forstreform", beklagt Dr. Ralf Straußberger, Waldreferent des BN. Statt vorausschauend in stabile Mischwälder zu investieren, soll im Zuge der von Huber und Miller geplanten Forstreform der Waldumbau im Staatswald nicht mehr gesondert finanziert werden. Außerdem soll für andere Waldbesitzer die fachlich versierte, unabhängige staatliche Beratung und Betreuung durch die Förster abgebaut werden.
Nach dem Dürresommer 2003 haben sich die Borkenkäfer explosionsartig vermehrt. Begünstigt durch das trockene Frühjahr 2004 verursacht der Borkenkäfer derzeit die schlimmsten Schäden der Forstwirtschaft seit Jahrzehnten. Einen Befallsschwerpunkt stellt Nordostbayern und hier der Frankenwald mit seinen ausgedehnten Fichtenwäldern dar. Für Frankenwald, Fichtelgebirge und Steinwald mit insgesamt über 50.000 Hektar Fichten-Monokulturen steht zu befürchten, dass dem Borkenkäfer ganze Waldgebiete zum Opfer fallen werden. "Schon jetzt sind im Frankenwald überall tote Fichtenwälder mit roten Baumkronen zu beobachten. Seit Wochen rauchen hier Feuer in den Wäldern, mit denen Äste und Baumkronen verbrannt werden, um die Ausbreitung des Käfers zu behindern. Die Feuer sind Zeugen und Mahnzeichen einer verfehlten Klima- und Forstpolitik", so Wolfgang Martin, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Kulmbach.
Die hausgemachte Klimaänderungen verschlechtern die Wuchsbedingungen für die Fichten in vielen Gebieten Bayerns. Betroffen sind vor allem die Fichtenwälder, die außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes im Flachland angepflanzt wurden. Vermeintlich werfen diese höhere Gewinne ab als die ursprüngliche Bestockung aus Laubbäumen und Tannen. In Trockenjahren kommt es jedoch regelmäßig zur Katastrophe. Höhere Temperaturen und lange Dürreperioden wie im letzten Sommer bedeuten für viele Fichten das Aus. Die Fichte wird vom einstigen Brotbaum der Deutschen Forstwirtschaft allmählich zum Notbaum. Die Klimaänderungen haben dabei aber die Rahmenbedingungen für den Fichtenanbau lediglich verschärft.
Die eigentlichen Ursachen für die großflächige Nadelholzmonokulturen liegen bereits länger zurück. Viele dieser Forste wurden in einer Zeit gegründet, als man mehr Gewinn aus dem Wald erzielen wollte und deshalb den Holzeinschlag erhöhte und reine Fichtenbestände begründete. Dies geht auf die sogenannte Bodenreinertragslehre und auf einen Antrag des Reichsgrafen Törring im Jahr 1908 zurückzuführen, der forderte, dass der Holzeinschlag erhöht werden und die kurzfristig ertragreichere Fichte vermehrt gepflanzt werden soll ("Antrag Törring"). In der Folgezeit wurde die Fichten weit über ihre natürliches Wuchsgebiet hinaus in Fichtenforsten angebaut. Bis heute hält dieser Trend zu mehr Fichte fast unvermindert an. Ein kurzfristiger möglicher höherer Ertrag durch die Fichtenwälder wurde aber teuer erkauft. Die Fichtenwälder fallen regelmäßig Borkenkäfern zum Opfer, die Fichten sind anfällig für Sturmwurf, weil sie nicht intensiv im Boden verwurzelt sind. Fichtenwälder sind auch schlecht für Trinkwasserschutz, weil unter Fichtenwäldern die Trinkwasserqualität höherer Gehalte an Nitrat aufweisen, welches als krebserregend gilt. Außerdem fließt das Wasser in Fichtenwäldern schneller an der Bodenoberfläche ab als in Mischwäldern, was zu die Hochwasserprobleme verstärkt.
Einige bayerische Forstämter haben in den vergangenen Jahren mit dem ökologischen Waldumbau begonnen und erzielten bereits erste Erfolge damit: Im Nürnberger Reichswald wurden z.B. große Teile des Kiefern-Steckerleswaldes in Mischwälder umgewandelt, es werden keine Kahlschläge mehr durchgeführt, junge Laubbäume können bei reduzierten Rehwildbeständen auch außerhalb der Zäune aufwachsen. Der Nürnberger Reichswald entwickelte sich Dank des Engagements vieler Forstleute vor Ort zu einem vorbildlich bewirtschafteten Wald, der heute bundesweit anerkannt ist. Im Nürnberger Reichswald wurden Verfahren entwickelt, mit denen sehr kostengünstig Mischwälder begründet werden können. Die Initiative des Forstministeriums aus dem Jahr 1990 setzte wichtige Forderungen des BN - Reichswaldprogrammes aus dem Jahr 1980 um.
Der BN begrüßt deshalb, dass das Forstamt Stadtsteinach den ökologischen Waldumbau im Frankenwald seit einigen Jahren vorantreibt.
Investitionen in eine Umwandlung dieser labilen Fichtenreinbestände kosten zwar Geld. Aber dies ist gut investiertes Geld, weil es für die Gesellschaft - vor allem für unsere Nachkommen - wesentlich teurer käme, wenn sie für die Folgekosten der Reinbestände aufkommen müssten. Überflutungen, sterbende Waldbestände und eine erhöhte Nitratbelastung des Trinkwassers sind nur einige zu erwartende Folgen und Lasten.
Doch die Bayerische Staatsregierung hat aus den Fehlern der Vergangenheit offensichtlich nichts gelernt. Nach den Beschlüssen zur Forstreform muss der Staatsforstbetrieb die Finanzmittel für den Waldumbau wie auch für die Erfüllung vieler Schutz- und Erholungsfunktionen selbst erwirtschaften. Dies bedeutet angesichts der fallenden Holzpreise, dass für den Waldumbau kein Geld mehr zur Verfügung stehen wird. Es wird statt dessen nur noch kleinere, befristete Waldumbau-Projekte geben, die hauptsächlich dazu dienen, der Öffentlichkeit vorzugaukeln, dass auf diesem Feld etwas geschieht. Bayernweit stehen jedoch über 620.000 ha Nadelholzreinbestände zu Umwandlung in Mischwälder an, dies ist ein Viertel der bayerischen Wälder. Mit der von der CSU beschlossenen Forstreform ist diese große Herausforderung nicht zu bewältigen, da es sowohl am Geld wie auch am Fachpersonal fehlen wird, um die Aufgaben meistern zu können. Verheerend für viele Wälder sind ist vor allem auch der drastische Personalabbau. Seit 1995 wurde bereits über 30 % des Personals in der Forstverwaltung abgebaut, und infolge der Forstreform 2004 sollen noch einmal 20 % abgebaut werden. Dieser Kahlschlag beim Personal rächt sich bereits in diesem Jahr, weil das Personal selbst in Normaljahren nicht einmal mehr ausreicht, die normalen Aufgaben zu erfüllen, geschweige denn in Katastrophenjahren mit ihrem extremen Arbeitsanfall.
Um die Wälder Bayerns zu retten und die Waldqualität zu erhalten bzw. zu erhöhen bereitet der BN zusammen mit weiteren großen Verbänden ein Volksbegehren vor, um diese so genannte Forstreform zu stoppen. Damit soll ein Waldumbau im öffentlichen Wald gesichert werden, um künftigen Generationen stabile Mischwälder zu hinterlassen. Außerdem soll die Beratung im Privat- und Körperschaftswald für einen Umbau von Nadelholzreinbeständen zu intensiviert werden.
Der BN fordert außerdem, den Ausstoß klimaschädlicher Gase deutlich zu reduzieren, um Wald und Menschen vor weiteren Katastrophen infolge der hausgemachten Klimaänderung zu schützen.