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Tiere und Pflanzen

Sie ist wieder da: Die Wildkatze erobert Bayern zurück!

Seit 2012 suchen inzwischen rund 700 engagierte Bürger jedes Jahr nach einem der seltensten bayerischen Waldbewohner: der Wildkatze. Und auch dieses Jahr sind die Ergebnisse wieder sehr erfreulich: Die Wildkatze breitet sich von Nordbayern immer weiter nach Süden aus – ein Erfolg gerade auch der Wiedereinbürgerungsaktion des BUND Naturschutz. Den ehrenamtlichen „Wildkatzendetektiven“ gebührt großer Dank: Euer Einsatz ist „citizen science at its best“!

26.11.2015

Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) und der BUND Naturschutz (BN) waren jeweils im Spätwinter 2013, 2014 und 2015 gemeinsam der Wildkatze auf der Spur - in diesem Jahr erstmals auch in Südbayern. Der bayerische Forstminister Helmut Brunner und der BN-Vorsitzende Hubert Weiger stellten heute an der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising die Ergebnisse des Forschungsprojekts vor. 700 Mitarbeiter der BaySF, Jäger und Ehrenamtliche des BN suchten mit „Lockstöcken“ nach Haaren der äußerst heimlichen Tierart. Hubert Weiger: „Durch eine weltweit einmalige Untersuchung der Wildkatzenbestände mit einem beispiellosen ehrenamtlichen Einsatz wissen wir heute: Die Wildkatze breitet sich von Nordbayern kommend allmählich auch in Südbayern aus.“

Das BN-Wiederansiedlungsprojekt: eine Erfolgsgeschichte

In Bayern war die Wildkatze durch jagdliche Verfolgung ausgestorben. 1984 startete der BUND Naturschutz in Bayern e.V. eine Wiedereinbürgerungsaktion und setzte bis 2009 vor allem im Spessart über 600 Wildkatzen aus. Dort entwickelte sich das erste reproduzierende bayerische Wildkatzenvorkommen. Der Spessart und danach die Rhön und die Haßberge galten in den Folgejahren als die einzigen sicheren Wildkatzenvorkommen in Bayern. Ehrenamtliche BN-Aktive, aufgeschlossene Jäger und Förster konnten in den Wintern 2013 und 2014 - auch dank einer Förderung aus Mitteln der Jagdabgabe - mit über 1.100 Lockstöcken neue Wildkatzenvorkommen im Steigerwald, im Nürnberger Reichswald und im Jurabogen bis nördlich der Donau belegen. Erste Nachweise südlich der Donau im Raum Augsburg und ein Fund im Landkreis Unterallgäu waren der Anlass, um 2015 in einer konzertierten Aktion weite Teile Südbayerns genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Lockstockmethode: Katzen lieben Baldrian

Um an diese Nachweise zu gelangen, setzt der BN eine elegante und effiziente Methode ein. Baldrian lockt die scheuen Katzen an. Raue Holzstäbe als "Lockstöcke" werden an geeigneten Stellen in den Waldboden gesteckt und mit Baldrian-Lösung besprüht. Reiben sich Wildkatzen daran, so bleiben einige Haare, eingeklemmt im Holz, zurück. Die abgesammelten Haare werden genetisch untersucht. Nur so können Wildkatzen von oft ähnlich gefärbten Hauskatzen sicher unterschieden werden. In Bayern führt diese Analysen das Bayerische Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP, Teisendorf, Oberbayern) durch. Diese Daten gehen dann zur weiteren wissenschaftlichen Auswertung und Detailanalyse an das Forschungsinstitut Senckenberg in Gelnhausen (Hessen), das dort zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz und dem BUND eine bundesweite genetische Datenbank zur Wildkatze aufgebaut hat.

Beginn der Rückkehr auch nach Südbayern

Die Europäische Wildkatze ist eine echte Ureinwohnerin - sie durchstreifte unsere Wälder schon lange bevor die Römer die ersten Hauskatzen aus Afrika mitbrachten. Deutschlandweit wurde sie durch intensive Bejagung fast ausgerottet. Heute ist sie streng geschützt - bundesweit sind ihre Bestände derzeit eher zunehmend. In Bayern rechnen die Experten des BN aktuell mit ca. 500 Tieren. Die neuen Untersuchungsergebnisse aus Südbayern zeigen, dass die Rückkehr einer ausgerotteten Art viel Geduld braucht: Trotz des Einsatzes von erneut ca. 1.100 Lockstöcken in Südbayern durch 300 ehrenamtliche Mitarbeiter und die Mitarbeiter der BaySF im Frühjahr 2015 wurden nur an 16 Lockstöcken Wildkatzenhaare nachgewiesen. Erfreulicherweise bestätigt haben sich die Nachweise zwischen Augsburg und Ulm nördlich und südlich der Donauauen sowie generell an den südlichen Rändern der bekannten nordbayerischen Vorkommen. Keine Nachweise gelangen in den waldarmen Bereichen im Südosten und Osten von Bayern, auch die Alpen wurden von der Art bislang nicht erreicht. Noch liegt die Wildkatzennachweisdichte in Südbayern um das Zehnfache unter der Nordbayerns - dort beginnt also gerade die Wiederbesiedlung, oft erst durch einzelne wandernde Tiere.

Beispielhaftes Citizen-Science-Projekt

Ein Glücksfall war, dass die bayernweiten Untersuchungen zeitgleich zur Wiederbesiedelung stattfanden: Ausgehend von den laubwaldreichen Wäldern Unterfrankens breitet sich die Wildkatze in Waldgebieten aus, in denen sie ein Jahrhundert lang verschwunden war. Seit zehn Jahren bewegt sie sich in einem Bogen über den Frankenwald und die Fränkische Schweiz nach Süden. Dabei bevorzugt sie als idealen Lebensraum große, alte und wenig durch Straßen zerschnittene Wälder. Die Populationsdichte liegt aber selbst in den besten bayerischen Vorkommen in Unterfranken erst bei einem Drittel der Bestandsdichte im Pfälzer Wald oder dem thüringischen Nationalpark Hainich, wo die Wildkatze nie ausgerottet war.

Hubert Weiger stellt fest: "Dank der Förderung des Landwirtschaftsministeriums gelang ein beispielhaftes Gemeinschaftsprojekt für die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern in die Wissenschaft als sogenanntes "Citizen Science"-Projekt. Laien und Wissenschaftler sind gemeinsam der Wildkatze in Bayern auf die Spur gekommen - in einem Umfang, wie er bislang nicht möglich war. Die faszinierenden Ergebnisse belegen jedoch auch, dass es noch ein bis zwei Jahrzehnte dauern wird, bis sich die Wildkatze wirklich in vielen bayerischen Wäldern etabliert hat. Wildkatzenfreunde brauchen also einen langen Atem und die Wildkatze braucht weitere Schutzmaßnahmen".

gez. Ulrike Geise
Projektkoordinatorin des Wildkatzenprojekts
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Tel. 01 71 / 6 12 73 25
ulrike.geise@bund-naturschutz.de

Dr. Kai Frobel
Referent für Artenschutz
BUND Naturschutz in Bayern e.V.
Tel. 01 71 / 6 98 00 56
kai.frobel@bund-naturschutz.de