Staatsregierung muss Vermächtnis von Hans Eisenmann fortsetzen
Walderhaltung und Ökosystemleistungen der Wälder wegen der Klimakrise stärken
Das Waldgesetz 1974 war für damalige Zeit vorbildhaft. Ohne die Waldbewirtschaftung aus dem Blick zu verlieren, hat Hans Eisenmann damals als Vater des Bayerisches Waldgesetzes neue Ziele für den Umgang mit den Wäldern vorgegeben. Neu war der Gesetzzweck mit den Schutz- und Erholungsfunktionen, die gestärkt werden sollten. Der Staatswald sollte vorbildlich bewirtschaftet werden. Die Wälder sollten insgesamt in einem standortgemäßen Zustand bewahrt oder dahin entwickelt werden.
Vom Forst- zum Waldgesetz
Diese Ideen Hans Eisenmanns gilt es weiterzuentwickeln und an die heutigen Herausforderungen der Klima- und Biodiversitätskrise anzupassen. „Wir fordern als BN von einem künftigen Ministerpräsidenten Markus Söder, sein Versprechen im künftigen Koalitionsvertrag niederzuschreiben, dass der Staatswald Klimaschutzwald und unabhängig von den Holzeinnahmen werden soll. Dazu sollte im Waldgesetz für den Staatswald ein Vorrang für die Erfüllung der ökosystembedingten Gemeinwohlleistungen verankert werden. Es müssen Regeln für eine gute fachliche Praxis und Mindeststandards definiert werden. Dies bedeutet z.B. in Bayern, dass ein Kahlschlagsverbot eingeführt wird, was es bis heute nicht gibt. Damit soll verhindert werden, dass ein Waldbesitzer riesige Kahlschläge bis zu einer gesamten Fläche von einigen 100 Hektar durchführt, ohne dass er belangt werden kann, wie in Unterfranken geschehen. Da von den Landnutzungssystemen in Deutschland die Wälder aktuell die einzigen CO2-Senken sind, muss deren Speicherleistung erhöht werden. Dazu ist die Erhaltung der Waldflächen durch Erschwerung der Rodung sowie verstärkten Schutz und durch die Neuausweisung von Bannwäldern zu stärken.
Wälder in der Klimakrise: mehr Waldverjüngung und mehr Unterstützung durch die Jagd
Durch eine ungebremste Klimakrise sind heute viele Wälder bedroht. Doch was ist zu tun? In Zeiten des Waldsterbens Anfang der 1980er Jahre kam es zu auch von Hans Eisenmann durchgesetzten Waldumbauprogrammen im Nürnberger Reichswald und im Fichtelgebirge sowie zu Schutzwaldsanierungsmaßnahmen. Die entscheidende Weichenstellung für notwendige Waldverjüngung wurde im Waldgesetz von Eisenmann durch die neue Zielvorgabe „standortgemäßen Zustand bewahren oder wiederherstellen“ gelegt. In Folge davon wurden die Forstlichen Gutachten als Maß für die Abschussplanung auf den Weg gebracht. Später folgte der Grundsatz „Wald vor Wild“. Damit sollten die massiven Wildschäden abgewendet und eine naturnahe Waldverjüngung sichergestellt werden. 50 Jahre später belegen die Forstlichen Gutachten, dass die Verbissproblematik immer noch nicht gelöst ist und in weiten Teilen Bayerns deshalb eine naturnahe Waldverjüngung nicht hochwachsen kann. „Wir fordern als BN deshalb, dass Naturverjüngungen und Pflanzungen in allen Wäldern im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen aufwachsen können müssen“, so Mergner. „Die künftige Staatsregierung muss das Forstliche Gutachten stärken und für alle Jagdreviere Revierweise Aussagen zur Waldverjüngung durchführen. Sie muss vor allem die Umsetzung der gesetzlichen Ziele besser kontrollieren und durchsetzen, damit die seit Jahrzehnten bestehenden jagdlichen Defizite im Hinblick auf die Waldverjüngung abgeschafft werden.“ Um den Waldumbau im Privatwald zu unterstützen und voranzubringen, fordert der BN 100 neue Stellen für Revierförster*Innen an den AELFs.
Bayern muss auch große Naturwälder schützen
Der BN erkennt die bisherigen Fortschritte beim Schutz von Naturwäldern in Bayern an, bedauert aber, dass die bisherige CSU-geführte Staatsregierung Nordbayern einen Nationalpark Steigerwald verweigert. Dabei war gerade die CSU einst die Partei der Nationalparke mit dem Landwirtschaftsminister Hans Eisenmann. Mit Mut, Weitsicht und Überzeugung brachte die CSU die ersten beiden Nationalparke in Deutschland auf den Weg, obwohl es damals auch Proteste und Kritik im Umfeld der Nationalparke gab. „Wir erwarten als BN, dass die künftige Staatsregierung die bestehenden und künftigen Nationalparke, Naturwälder, Naturwaldreservate und Wildnisgebiete durch ein fachlich fundiertes Gesamtkonzept zu einem Naturwaldverbundsystem verknüpft und dass die Lücken im „Grünen Netzwerk“ geschlossen werden“, so Mergner. „Aus fachlichen Gründen halten wir an der zentralen Forderung eines Nationalparks Steigerwald fest. Auch ein Biosphärengebiet Spessart mit entsprechend großen Kernzonen und ein Wildnisgebiet im Ammergebirge halten wir für notwendig.“
Den Bayerischen Weg in der Landwirtschaft konsequent fortsetzen
Hans Eisenmann hat mit dem „Bayerischen Weg“ bereits in den 70er Jahren einen klaren Gegenentwurf zu den Bestrebungen der Agrarindustrie und Teilen der Politik eine großbäuerliche und industrielle Landwirtschaft in Europa zu etablieren, vorgelegt. Er hat früh erkannt, dass die besondere Landschaftsstruktur Bayerns, mit ihrer Vielfalt an Landschaften und ihrer großen Vielfalt landwirtschaftlicher Betriebe in den Regionen Bayerns mehr bedeutet als nur ökonomisch optimierte Nahrungsmittelproduktion. Die Bedeutung der bäuerlichen Landwirtschaft für Natur und Umwelt sowie deren soziale Bedeutung für die Entwicklung des ländlichen Raums waren ihm Leitbild für den Bayerischen Weg in der Landwirtschaft. „Die neue bayerische Staatsregierung muss den Bayerischen Weg in der Landwirtschaft konsequent fortsetzen und weiterentwickeln“, fordert Mergner, „dazu gehören die Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzzielen aus dem Green Deal der EU und die konsequente und zielstrebige Verfolgung der von der Staatsregierung selbst gesetzten Ziele in Folge des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“, bei der sich der Freistaat z.B. auf eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2028 und den Ausbau des Ökologischen Landbaus auf 30 Prozent bis 2030 verpflichtet hat.“ Denn leider ist der Bayerische Weg in der Landwirtschaft durch die Orientierung am Weltmarkt, z.B. in der Milchwirtschaft oder auch in der Fleischproduktion, verlassen worden. Mit vielen negativen Folgen für Bäuerinnen und Bauern, den ländlichen Raum, die Tiere und die Verbraucherinnen und Verbraucher.
Landwirtschaft an den Zielen zum Klima-, Umwelt-, Natur-, Tier- und Ressourcenschutz, sowie dem Erhalt der Biodiversität ausrichten
Wir erleben gerade Mitte Oktober 2023 sommerlich heiße Tage, die höchsten seit Wetteraufzeichnung gemessenen Temperaturen zu dieser Jahreszeit. Extremwettereignisse mit Trockenheit und Starkniederschlägen haben in vielen Regionen Europas den Sommer 2023 geprägt. Die Landwirtschaft erscheint hierbei als Leidtragender, Verursacher und Problemlöser für die großen Herausforderungen der Menschheit. Ein wichtiger Schlüssel ist die von Hans Eisenmann unterstützte bäuerliche Landwirtschaft. Eine bäuerliche Landwirtschaft, die nicht dazu gedrängt wird der Logik einer rein ökonomischen, effizienz- und gewinnorientierten, globalisierten Wirtschaft zu folgen, sondern die mit ihrer Multifunktionalität vielfältiges Wirtschaften im ländlichen Raum ermöglicht und soziales Miteinander fördert.
Dazu muss den bäuerlichen Betrieben mehr Marktmacht zurückgegeben werden. So müssen z.B. Fruchtfolgen so honoriert werden, dass nicht nur die Marktfrüchte zum Einkommen der Bäuerinnen und Bauern beitragen, sondern auch die Teile der Fruchtfolge die Gemeinwohlleistungen für den Klima – oder Biodiversitätsschutz erbringen. Diese sollten dann auch in der Honorierung dem Ertrag aus den Marktfrüchten entsprechen. Ein weiteres Beispiel ist der Milchmarkt, bei dem bäuerliche Gemeinschaften die produzierten Mengen steuern und so die extremen Preisschwankungen besser regulieren könnten. Mit positiven Effekten für Bäuerinnen und Bauern und der von Ihnen gehaltenen Tiere.
Gerade die Tierhaltung steht vor einer großen Transformation, denn sowohl aus Klimaschutz-, wie auch Tierschutzgründen muss der Großteil der heutigen Haltungsformen auslaufen und durch ein neues Miteinander von Nutztier und Mensch ersetzt werden. Dabei kommt gerade auch Wiederkäuern eine wichtige Funktion zu, denn sie sind die effektivsten Nutzer von Grünland. Die Grünlanderhaltung ist die wichtigste Klimaschutzmaßnahme der Landwirtschaft weltweit. „Mit der an das verfügbare Grünland gebundenen Haltung von Wiederkäuern schützen wir das Klima und betreiben eine artgerechte Tierhaltung, die einen wichtigen Beitrag zur Proteinversorgung der Menschheit liefert“, erklärt Prof. Dr. Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des BN. Und weiter: „Darüber hinaus sind Weidelandschaften Biotope einer oft einzigartigen Artenvielfalt an Pflanzen, Insekten und Kleinlebewesen. Die bäuerliche Landwirtschaft ist der wichtigste Träger dieser Landschaften und muss durch die Agrarpolitik mit allen Kräften unterstützt werden.“
Die neue bayerische Staatsregierung tut gut daran sich an der Weitsicht von Hans Eisenmann zu orientieren und die bäuerliche Landwirtschaft in Bayern zu stärken und zu unterstützen. Ob die bayerische Agrarpolitik dies mit Aktivitäten und Maßnahmen auch umsetzt, wird der BN sehr genau verfolgen.
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Felix Hälbich,
Pressesprecher, Referent für Medien und Kommunikation
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