STARTSCHUSS FÜR DIE NEUE BAUMSCHUTZSPRECH-STUNDE
Von Seiten der Stadtbewohner ist in den letzten Jahren ein stark steigendes Bewusstsein und großes Engagement für ihre Stadtbäume zu erkennen. Landesweit formt sich zunehmend Protest bei geplanten Fällungen und z. B. die hohe Zahl von Baumpatenschaften in Nürnberg - über 900 Paten bei fast 1.300 Patenbäumen - legt Zeugnis davon ab, dass die Menschen sich um ihre Bäume kümmern. In vielen bayerischen Städten und Gemeinden sind dennoch große Verluste an Bäumen zu verzeichnen. Im Zeitraum von 2010 bis 2015 hat allein die Stadt München einen Nettoverlust von fast 9.000 Stadtbäumen zu verzeichnen. Im August startete der BUND Naturschutz mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds deshalb das bayernweite Projekt "Neue Chancen für alte Bäume" mit der Koordinationsstelle in Nürnberg.
"Der Verlust von Bäumen vollzieht sich vor allem in den nun kommenden Wintermonaten. Denn Winterzeit ist traditionell Baumfällzeit. Angesichts des Klimawandels und der überlebenswichtigen Funktion der Bäume auf die Luft- und Lebensqualität in der Stadt, haben die Bürger aber natürlich ein starkes Interesse am Wohlergehen ihrer Stadtbäume", äußert sich Richard Mergner, Landesbeauftragter des BUND Naturschutz. "Doch hier herrschen häufig Unsicherheiten, sei es bei rechtlichen Unklarheiten, Fragen zum Naturschutz oder der Verkehrssicherheit. Genau an dieser Stelle helfen wir in Zukunft mit unserem Bürgertelefon."
Ob bei Fragen zur Verkehrssicherheit von Bäumen, Baumschutz auf Baustellen, bei Nachbarschaftsstreitigkeiten oder wenn eine Fällung ohne Genehmigung vermutet wird - ab sofort finden interessierte Bürger für ihre Fragen und Anliegen rund um das Thema Stadtbäume Ansprechpartner unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 / 78 23 822 (0800/STADTBAUM), Montag bis Donnerstag von 9 Uhr bis 13 Uhr sowie unter der Emailadresse stadtbaum@bund-naturschutz.de.
Auf der Webseite des BUND Naturschutz gibt es zudem eine FAQ-Sektion, in der man Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen rund um das Thema Stadtbäume erhält.
Das Projekt "Neue Chancen für alte Bäume" soll dazu beitragen, das Bewusstsein für die Situation und die positiven Wirkungen der Bäume im Siedlungsbereich zu schärfen und nachhaltig ihren Schutz zu gewährleisten. Über den Zeitraum von drei Jahren wird neben der neuen Beratungsleistung die Wirksamkeit bisherigen Instrumente zum Stadtbaumschutz untersucht und Möglichkeiten der Weiterentwicklung geprüft. Es soll eine Argumentationshilfe zu gesundheitlichen Wirkungen von Stadtnatur erstellt werden und eine Wanderausstellung zur Bedeutung und Funktion von innerstädtischem Grün entstehen. Da Eichhörnchen aufgrund ihrer Lebensweise auf Bäume angewiesen sind, wird außerdem ein Citizen-Science-Projekt durchgeführt, in dessen Rahmen Naturfreunde mithilfe einer einfachen Handy-App erfassen können, wann und wo sie die flinken Nager gesehen haben.
Hintergrund: Die Sommermonate waren in den letzten Jahren gekennzeichnet von immer neuen Hitzerekorden. In Nürnberg wurden 2015 schon rekordverdächtige 33 Tage mit Temperaturen über 30°C gemessen. Bis zum Ende des Jahrhunderts soll die Zahl auf um die 45 Tage ansteigen. Die Stadt Nürnberg rechnet daher damit, dass kreislaufbedingte Belastungen und die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zunehmen werden. Eine Studie der Professoren Rauf und Paeth an der Universität Würzburg kommt hinsichtlich der Zunahme der Hitzetage in Würzburg sogar noch zu dramatischeren Ergebnissen.
In Städten sorgt die hohe Wärmespeicherfähigkeit von Beton und Asphalt durch den hohen Versiegelungsgrad zur Stauung der Hitze. Grünflächen spielen daher für die Klimatisierung einer Stadt eine sehr wichtige Rolle. Und vor allem Stadtbäume haben einen enormen positiven Effekt, ein ausgewachsener Laubbaum verdunstet an einem heißen Sommertag bis zu 400 Liter Wasser und entzieht dabei der umgebenden Luft Wärme. Außerdem sind sie effektive Schattenspender: Mit gerade einmal 15 m Kronendurchmesser schafft es ein einziger Laubbaum, eine Fläche von 160 m² mit seinem Schatten zu kühlen. Vor diesem Hintergrund ist es umso dramatischer, dass in den meisten Städten Bayerns jedes Jahr eine große Zahl an Bäumen unwiederbringlich verloren geht. Zum Schutz der Bäume haben nur ca. 100 von insgesamt 2.056 Kommunen eine Baumschutzverordnung erlassen.
Hinweis: Für das Stadtgebiet München gibt es bei der BN-Kreisgruppe München seit Jahren eine Baumschutz-Sprechstunde, die Dienstag und Mittwoch von 14 bis 16 Uhr unter der Nummer 089 / 51 56 76 64 erreichbar ist.
gez. Dr. Kai Frobel, BN-Artenschutzreferent
Christopher Busch und Dr. Daniel Mühlleitner, Projektmitarbeiter "Neue Chancen für alte Bäume", Tel. 0911/575294-17 bzw. -18.