UNESCO-Welterbe Grünes Band: Chance für den grenzüberschreitenden Naturschutz in Bayern
Vor genau 33 Jahren, am 9. Dezember 1989, initiierte der BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN) das Grüne Band auf dem ersten gesamtdeutschen Naturschutztreffen in Hof. Alle 400 Teilnehmenden aus ganz Deutschland unterstützten damals die Resolution zum Schutz der wertvollen Biotope entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Der jahrzehntelange Einsatz des BUND hat das größte Naturschutzprojekt Deutschlands zu einer Erfolgsgeschichte gemacht: Über Vierfünftel des einzigen nationalen Biotopverbundes sind heute als Nationales Naturmonument geschützt. Es ist damit das längste durchgängige Schutzgebiet am Grünen Band Europa. Wegen der außergewöhnlichen Bedeutung des Grünen Bandes als länderübergreifender Biotopverbund und Hotspot der Artenvielfalt stimmten auf der jüngsten Umweltministerkonferenz Ende November Bund und Länder einstimmig für die Nominierung des Grünen Bandes für die deutsche Vorschlagsliste als UNESCO-Weltnaturerbe – es wäre das erste Weltnaturerbe in Bayern.
Richard Mergner, BN-Landesvorsitzender: „Bayern hat einen Anteil von 422 Kilometern zu Thüringen und Sachsen sowie 343 Kilometern zu Tschechien. Gerade für das von Bayern selbst gesetzte Ziel, bis 2030 auf 15 Prozent Offenland der Landesfläche ein Netz aus verbundenen Biotopen zu schaffen und so das massive Artensterben zu stoppen, ist das Grüne Band als Anknüpfungspunkt bestens geeignet. Doch hier hapert es. Die Staatsregierung muss wesentlich mehr für den Erhalt der wertvollen Lebensräume tun, die für den Menschen notwendige Ökosystemleistungen liefern und dem Artenschutz dienen. Die Renaturierung von Mooren und Feuchtgebieten oder die Erhaltung artenreichen Grünlandes sind hier nur einige wenige Beispiele.“
Prof. Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender und Beauftragter des BUND für das Grüne Band betont: „Die Nominierung des Grünen Bandes als Welterbestätte wäre ein Meilenstein. Wir begrüßen die Unterstützung des Bay. Umweltministeriums zusammen mit den Länderkolleg*innen für die deutsche Tentativliste. Im nächsten Schritt müssen die für Welterbe zuständigen Kultusministerien nachziehen. Denn Ziel ist die Nominierung des Grünen Bandes als UNESCO Weltnatur- und -kulturerbe - die erste „Gemischte Welterbestätte“ in Deutschland.“ In Bayern ist das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zuständig, die Welterbenominierung der Erinnerungslandschaft Grünes Band gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt zu unterstützen und der kulturhistorischen Bedeutung gerecht zu werden. Weiger weiter: „Es müssen zeitnah entsprechende Daten über Relikte in der einstigen Grenzlandschaft, wie Wachhütten der Bayerischen Grenzpolizei, Abhöranlagen der BRD, Sperranlagen oder auch die sogenannten Observationspunkte der U.S. Armee erhoben werden“.
In Bayern bestehen noch zu große Lücken, um den Biotopverbund und die Erinnerungslandschaft am Grünen Band nachhaltig zu entwickeln. Es gibt aber regionale Projekte, die zeigen, wie das Grüne Band als Rückgrat des länderübergreifenden Lebensraumverbunds gestärkt werden kann: Im BUND-Projekt „Quervernetzung Grünes Band“ (gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt und durch den Bayerischen Naturschutzfonds) wurden im „Inneren Bayerischen Wald“ (Niederbayern) auf mehr als 50 Hektar Fläche artenreiche Bergwiesen und -weiden und naturschutzfachlich wichtige Kulturlandschaftsrelikte, wie Wässerwiesen oder Lesesteinriegel, wiederhergestellt. Gut für gefährdete Arten wie Waldbirkenmaus, Kreuzotter, Arnika, Silberdistel, Fieberklee und Breitblättriges Knabenkraut.
Prof. Kai Frobel, Artenschutzreferent des BUND Bayern und Initiator des Grünen Bandes, betont die gute Zusammenarbeit zwischen Naturschutz und Landwirtschaft: „Im Gebiet „Rhön-Grabfeld“ in Unterfranken werden in Kooperation mit Landwirtinnen und Landwirten durch den Anbau von blühenden Energiepflanzen wie dem „Veitshöcheimer Hanfmix“ statt monotonem Mais Biotoptrittsteine für Insekten und Vögel vom Grünen Band ausgehend in die Landschaft geschaffen. Diese dienen zudem dem Boden- und Wasserschutz vor allem bei Starkregenereignissen oder in Dürreperioden.“ Das Centrum Bavaria Bohemia in Schönsee (Oberpfalz) erarbeitet in seinem Grüne-Band-Projekt eine interaktive, zweisprachige Informationsplattform mit einer interaktiven Karte des bayerisch-tschechischen Grenzgebietes, in der Elemente der historischen Kultur- und Grenzlandschaft dokumentiert werden.
Was gegen die dramatischen Klimawandelfolgen und den Artenverlust unternommen werden muss, wird aktuell auf der Weltbiodiversitätskonferenz im kanadischen Montreal diskutiert. Fest steht, die Förderung naturnaher Lebensräume und des Biotopverbundes sind wesentliche Elemente, wie diesen beiden großen Problemen der Menschheit begegnet werden kann. Mit dem Grünen Band haben wir ein sehr großes Potenzial, dies umzusetzen.
Für Rückfragen:
Dr. Liana Geidezis, Leiterin BUND Fachbereich Grünes Band, Tel. 0911/575 294-0
gruenesband@bund-naturschutz.de, www.gruenesband.info
Hintergrundinformation: Der BUND Naturschutz (BN), Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND – Friends of the Earth Germany), setzt sich seit 1989 für den Schutz des innerdeutschen Grünen Bandes ein sowie seit den frühen 1990er Jahren für das Grüne Band Bayern-Tschechien. Er hat 2002 ein Grünes Band durch Europa vorgeschlagen und ist damit ein Initiator der Grüne Band Europa Initiative, die sich für Schutz und Entwicklung des über 12.500 Kilometer langen Lebensraumverbundes entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer einsetzt. Der BUND Fachbereich Grünes Band ist seit 2004 Regionalkoordinator für den zentraleuropäischen Abschnitt von der Ostsee bis zur Adria. In der paneuropäischen Initiative arbeiten Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen aus 24 Anrainerstaaten zusammen. BN und BUND sind Gründungs- und Vorstandsmitglied des 2014 gegründeten Vereins Grünes Band Europa („European Green Belt Association e.V.“) und setzen sich für eine Aufnahme des Grünen Bandes in die deutsche Vorschlagsliste für UNESCO-Welterbestätten ein.
Anhang Fotos:
Foto 1 (Titel): Das Grüne Band Bayern-Thüringen mit Burggrub (bei Mitwitz) aus der Luft. Foto: Klaus Leidorf
Foto 2: Kreuzottern (Vipera berus) benötigen ausreichend Sonne und gute Versteckmöglichkeiten. Diese Voraussetzungen sind bei gut erhaltenen Lesesteinriegeln gegeben. Zwischen den Steinen und Felsen sowie den umgebenden Sträuchern und Kräutern finden sie Nahrung und außerdem geeignete Nist- sowie Ruheplätze. Eine artenreiche und reich strukturierte Kulturlandschaft trägt wesentlich zum Erhalt dieser und weiterer Reptilienarten bei.
Foto 3: Die Arnika (Arnica montana) bevorzugt nährstoffarme Böden. In Kooperation mit lokalen Akteuren setzt der BUND daher extensive Beweidung um, um diese Lebensräume zu erhalten. Diese wiederrum sind für hochgradig spezialisierte Insektenarten wichtig. Foto: BUND Fachbereich Grünes Band
Foto 4: Die Waldbirkenmaus (Sicista betulina) zählt zu den gefährdetsten Säugetierarten in Deutschland. Die Maus mit dem charakteristischen Aalstrich auf dem Rücken ist mit einer Kopf-Rumpf-Länge von 50 bis 75 Millimetern ein Winzling – aber in Feuchtflächen den größeren Arten weit überlegen. Statt durch die Nässe zu laufen, bewegt sie sich kletternd an Stauden und Gebüschen. Sie braucht verschiedenste Lebensräume, wie Moore, Hochstaudenfluren, kurzrasige Bereiche aber auch Bäume und Gebüsche. Foto: Richard Kraft
Foto 5: Das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) ist eine Orchideenart, die sich auf sonnigen, kalk- und nährstoffarmen nassen Wiesen wohl fühlt - Biotoptypen, die überall in Deutschland immer seltener werden. Am Grünen Band gibt es allerdings noch Feuchtwiesen, für deren Entwicklung und Erhalt sich der BUND einsetzt. Foto: Wolfgang Willner