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Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald"

Kommunalwald -
Forstreform verstößt gegen Konnexitätsprinzip

12.11.2004

Die von der Bayerische Staatsregierung beschlossene "Forstreform" betrifft keineswegs nur die Staatsforstverwaltung und den Staatswald. Der dazu kürzlich vorgelegte Gesetzentwurf lässt keinen Zweifel daran, dass die "Forstreform" auf dem Rücken der waldbesitzenden Gemeinden ausgetragen werden soll. Davon ist Unterfranken besonders stark betroffen.

"Mit der Waldgesetzänderung der Staatsregierung würden die Gemeinden mit Waldbesitz zu den großen Verlierern der Forstreform", so Prof. Dr. Hubert Weiger, der Beauftragte des Volksbegehrens. Der Gesetzentwurf des Volksbegehrens sieht dagegen vor, dass sich Staat und Kommune die Kosten der Waldbewirtschaftung jeweils zur Hälfte teilen. Dies rechtfertigen die Aufwendungen, die durch die Schutz- und Erholungsfunktionen den Städten und Gemeinden entstehen.

Das Volksbegehren sieht eine rechtlich bindende Verpflichtung vor, wonach für die am Gemeinwohl orientierte Bewirtschaftung im Bayern weiten Durchschnitt etwa 25.- € pro ha und Jahr an die Kommunen ausbezahlt. "Wenn sich der Staat aus der kommunalen Bewirtschaftung zurückzieht, soll er wenigstens das Geld da lassen", meint Sebastian Schönauer von der Interessensgemeinschaft Kommunale Trinkwasserversorgung.

Der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung stellt die bayerischen Gemeinden gleich mehrfach schlechter:
Zwar wird die bisherige Verpflichtung zur vorbildlichen Waldbewirtschaftung mit kostenträchtigen Investitionen zugunsten der Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes weiter in vollem Umfang festgeschrieben. Gleichzeitig werden aber die Kostenzuschüsse für qualifiziertes Forstpersonal, welches die Leistungen für die Allgemeinheit garantieren, langfristig ersatzlos gestrichen. "Dies stellt einen eindeutigen Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip dar", so Bürgermeister Peter Knobeloch, Gemeinde Schollbrunn. Seriöse Schätzungen beziffern die jährlichen Einbußen für alle bayerischen Gemeinden auf mindestens 60 Mio. €.

Ebenso entfällt die volle Kostenübernahme des Staates für Körperschaftswälder unter 50 Hektar Fläche - und dies obwohl solche Kleinwaldkomplexe schwieriger zu bewirtschaften, gleichzeitig aber für die flächendeckende Sicherung der Schutz- und Erholungsfunktionen besonders wertvoll und unverzichtbar sind.

Doch damit nicht genug:
Auch die Bewirtschaftung der Körperschaftswälder durch die staatliche Forstverwaltung ist nicht mehr gewährleistet - sie soll nur noch gegen volle Kostenerstattung erfolgen. Gemeinden, die weiterhin ihren Wald vom staatlichen Forstamt bewirtschaften lassen wollen, sollen künftig Vollkosten bezahlen. Schon jetzt hat Finanzminister Faltlhauser die Forstverwaltung gezwungen, die Entgeltsätze drastisch zu erhöhen. So muss die Gemeinde Aubstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) für die "staatliche Beförsterung" von gerade 60 Hektar Gemeindewald statt bisher 250.- €/Jahr künftig für die gleiche Leistung stolze 1.312.- € aufbringen.

Der Bayerischen Staatsregierung ist offensichtlich jedes Mittel recht, um diese massiven finanziellen Einbußen und Mehrbelastungen für die Gemeinden wenigstens formal rechtfertigen zu können: Im Gesetzentwurf der Staatsregierung wurde jegliche Qualitätsanforderung an das Forstpersonal gestrichen. Selbst ein städtischer Bademeister dürfte demnach die Leitung eines Stadtwaldes übernehmen. Dass dies katastrophale Auswirkungen auf die Qualität der Wälder haben muss ist offensichtlich. Und deshalb ist es schlicht gelogen, wenn der Staatsminister Miller behauptet, die Forstreform würde nicht "den Wald sondern nur die Verwaltung reformieren".

Die über 40 Verbände, die als Unterstützer des Volksbegehrens "Aus Liebe zum Wald" im überparteilichen Wald Bündnis Bayern zusammengeschlossen sind, befürchten, dass Gemeinden aufgrund der drohenden Konkurrenz des übermächtigen Staatsforstes beim Holzverkauf und wegen der weiter sinkenden Holzpreise gezwungen sein werden, ihren Waldbesitz ganz oder zumindest teilweise zu verkaufen.

Die Folgen hätten wir alle zu tragen. Denn dann entfiele für den an Privateigentümer verkauften Wald die Verpflichtung zur vorbildlichen Bewirtschaftung. Schon mittelfristig bestünde die Gefahr, dass diese Flächen für die Sicherung der Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes weitgehend verloren wären.

"Die Behauptung der Bayerischen Staatsregierung, den Kommunen entstehen im Vergleich zur geltenden Rechtslage keine zusätzlichen Kosten, ist Hohn und Spott angesichts dessen, dass ihnen Millionenbeträge gestrichen werden. Und trotz dieser Streichungen müssen die Gemeinden weiterhin bei der Waldbewirtschaftung hohe Standards einhalten, bei der Sicherung der Schutz- und Erholungsfunktionen ihrer Wälder künftig staatliche Aufgaben zum tarif übernehmen und Leistungen erbringen müssen, die grundsätzlich nur vom Staatswald eingefordert werden können", so Dr. Ralf Straußberger, Geschäftsführer des Wald Bündnisses Bayern.

Diese Vorgehensweise ist auch ein Schlag ins Gesicht vieler Kommunen, die bei der Waldbewirtschaftung bislang über ihre gesetzliche Verpflichtung hinaus Rücksicht auf Trinkwasser-, Hochwasser- oder Lawinenschutz, aber auch auf die Wünsche vieler Erholungssuchender genommen haben. Diese Aufwendungen lagen in den Körperschaftswäldern mit ca. 50.- € viermal so hoch wie beim privaten Waldbesitz.
Kein Wunder, dass nach den Städten München, Fürth und Lohr immer mehr Kommunen, wie z.B. Augsburg, Bad Staffelstein, Schwabach und Bischofsheim i. d. Rhön, das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald" unterstützen.

Anders als der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung bietet das Volksbegehren "Aus Liebe zum Wald" zahlreiche Vorteile für Gemeinden mit eigenem Waldbesitz und trägt damit dem Konnexitätsprinzip der Bayerischen Verfassung uneingeschränkt Rechnung:

1. Klare Definition der vorbildlichen Waldwirtschaft
Durch einen eigenen Artikel 2a werden die unverzichtbaren Aufgaben für das allgemeine Wohl erstmals definiert.

2. Im Zweifelsfall Vorrang für das Gemeinwohl
Die bereits bestehende Formulierung des Art 18, wonach der öffentliche Wald dem allgemeinen Wohl in besonderem Maße dient, wird unmissverständlich formuliert: Die Gemeinwohlfunktionen erhalten Vorrang vor der Nutzfunktion, ohne dass jedoch auf die ökologisch ebenfalls wichtige Holzproduktion verzichtet werden muss. Es ist sogar neu aufgenommen, dass die Holzerzeugung nach Masse und Wert möglichst zu steigern ist und die Walderzeugnisse nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu verwerten sind. Dieser Vorrang besteht ähnlich wie für die Staatswälder dann auch für die Gemeinden.

3. Personalkostenzuschuss gesetzlich abgesichert
Nur die Tatsache, dass im Körperschaftswald Gemeinwohlfunktionen in höherem Maße als im Privatwald erbracht werden, rechtfertigt es, die Kommunen personell und finanziell mit Steuermitteln zu unterstützen.

Deshalb wird im Gesetz des Volksbegehrens Art. 19 neu formuliert: Danach teilen sich Staat und Kommune die Personalkosten jeweils zur Hälfte. Aus der bisherigen "Kann"-Bestimmung wird eine "Ist"-Regelung. Im Fall der Stadt Lohr wären dies 70.000 - 100.000 €/Jahr - also deutlich mehr als bisher.

4. Mehr Freiheit in der Bewirtschaftung
Derzeit sind Kommunen mit eigenem Personal noch deutlich schlechter gestellt als Kommunen, die sich vom Staat bewirtschaften lassen.

Diese Ungleichbehandlung wird im Volksbegehren abgeschafft. Es ist für die Gewährung staatlicher Unterstützung den Kommunen freigestellt, ob sie ihren Wald mit eigenem Personal, durch Dritte oder vom Forstamt bewirtschaften lassen. Allerdings müssen die hohen Standards auch beim fachlich qualifizierten Personal erhalten bleiben.

5. Kommunen mit Schutzgebieten werden belohnt
Besondere Schutzgebiete sollen beim Bewirtschaftungsentgelt berücksichtigt werden, weil dort der Schutzzweck besonders wichtig ist. Als Beispiele sind im Gesetz aufgenommen die Schutz- und Erholungswälder, Waldflächen in Naturschutzgebieten, Naturwaldreservate und Natura 2000-Flächen. Auch bei dem Einsatz von eigenem Personal oder Dritten soll dies beim Zuschuss berücksichtigt werden.

Angesichts dieser eindrucksvollen Vorteile ist das Wald Bündnis Bayern überzeugt davon, dass immer mehr bayerische Kommunen erkennen werden, dass nur der Gesetzentwurf des Volksbegehrens ihre Interessen vertritt.

Die Verbände des Wald Bündnisses Bayern appellieren gleichzeitig an alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns, sich vom 16. - 29. November 2004 auch deshalb für das Volksbegehren einzutragen, um so den Bestand und die Qualität der Waldflächen ihrer Gemeinden sichern zu helfen.

Gerade diese Waldflächen sind im ländlichen wie im städtischen Bereich mitentscheidend für die Erholungs-, Freizeit- und Lebensqualität vieler bayerischer Gemeinden.