Kiliansleite bei Bad Windsheim – das erste Schutzgrundstück des BUND Naturschutz
Heute, wo der BN eine Vielzahl von Schutzgrundstücken besitzt, ist ein Ankauf Routine: Schutzwürdigkeit bestimmen, Vertrag aushandeln, Vorsitzenden zum Notar schicken – fertig. Doch der Ankauf des ersten Grundstücks war ein Meilenstein der Verbandsgeschichte, dem viele weitere folgen sollten. Und er macht heute noch Freude – besonders im späten Frühjahr, wenn die Weinbergtulpen blühen.
Nicht in Oberbayern, wo der Bund Naturschutz 1913 gegründet wurde, fand der erste Ankauf eines Schutzgrundstücks statt, sondern in Mittelfranken, genauer in Bad Windsheim. Dort gab es schon nach dem Ersten Weltkrieg eine sehr aktive Bezirksgruppe. Ihr damaliger Vorsitzender, der Studienprofessor Dr. Robert Weinmann hatte eine gefährdete Art sozusagen vor der eigenen Haustür entdeckt, nämlich Tulipa sylvestris, die Wilde Tulpe oder Weinbergtulpe.
Kurzerhand kaufte er an der Kiliansleite nördlich von Bad Windsheim für 150 Reichsmark ein Hanggrundstück an, auf dem die Weinbergtulpe wuchs. Erst am 6. März 1933 ging es "endgültig" in das Eigentum des BN über, wie die "Blätter für Naturschutz", der Vorgänger der "N+U", noch im gleichen Monat stolz vermeldeten.
Doch mit dem Ankauf ist es nicht getan: Wenn man solche Flächen sich selbst überlässt, verbuschen sie binnen weniger Jahre und werden schließlich zu Wald. Davon zeugen die vielen Schlehen- und Wildrosenschösslinge, die auf der Kiliansleite wachsen und sie zum Teil schon "zurückerobert" haben. Das sieht zwar auch schön aus, aber es wäre das Ende der wilden Tulpe: Sie braucht Licht und lockere Böden – nicht umsonst heißt sie Weinbergtulpe. Deshalb hegt und pflegt die Ortsgruppe ihr Grundstück – seit mittlerweile 90 Jahren!
Die Kiliansleite liegt etwa zwei Kilometer nördlich von Bad Windsheim an der Kreisstraße NEA 40 nach Oberntief. Der Wanderparkplatz „Lochbrunnen“ liegt direkt unterhalb der Kiliansleite. Man geht ein paar Schritte in den Feldweg hinein, der von der Kreisstraße nach Westen abzweigt, und nutzt nach wenigen Metern den Grünweg, der nach rechts zum Hang der Kiliansleite abzweigt. In diesem Hang wächst sie, die Tulipa sylvestris, und der Hangstreifen links von dem Streuobstbestand ist unser erstes Schutzgrundstück. Aber auch der Streifen rechts der Obstbäume wurde inzwischen dem BN geschenkt und steht zur Entbuschung an.
Das Vorkommen der Wilde Tulpe erkennt man vor allem an den vielen blütenlosen Tulpenblättern in den Hecken. Um auch die Blüten zu sehen, muss man sich Ende April / Anfang Mai weiter nach links in Richtung des kleinen Weingartens bewegen. "Um zum Blühen zu kommen, dürfen die Zwiebeln nicht zu tief liegen", erklärt Bruno Täufer, der langjährige Vorsitzende der Ortsgruppe. "Das Hacken der Weinstöcke befördert sie nahe genug an die Oberfläche." Um unsere Tulpen wieder zum Blühen zu bringen, müsste man also wieder einen kleinen Weinberg anlegen …
Chronologie: der Ankauf des ersten BN-Schutzgrundstücks
Im Jahr 1926 kauft der BUND Naturschutz sein erstes Schutzgrundstück an. Auf der Kiliansleite bei Bad Windsheim wächst die seltene Wilde Tulpe. Die Fläche trägt die Flurstücknummer 3040, (in alten Karten aus der Zeit vor der Flurbereinigung die Nummer 3040/1.
April 1926
Antrag der BN-Bezirksgruppe Uffenheim an die „Bundesleitung“ auf Übernahme von einem Drittel der Kosten. Mit einem Schreiben teilte der damalige BN-Vorsitzende Staatsrat Eduard von Reuter am 19. Mai 1926 mit, dass der Bund Naturschutz „50 Mark andurch genehmige“. Bereits zuvor hatte das Bezirksamt Uffenheim einen Zuschuss von 50 Mark zugesagt, sofern die beiden anderen Instanzen - Bund Naturschutz und Stadt - ihre Hilfe nicht versagten.
8. Juni 1926
Studienprofessor Dr. Robert Weinmann, Vorsitzender der BN-Bezirksgruppe Uffenheim, schreibt an den Stadtrat von Windsheim mit der Bitte um einen Zuschuss von 50 Mark (ein Drittel des Kaufpreises) für den Kauf eines Grundstücks in der Gemarkung Windsheim für 150 Mark (Quelle: Stadtarchiv Bad Windsheim). Grund des Kaufs: Die dort noch wachsende und seltene Wilden Tulpe dauerhaft schützen, auch um dort mit den Schülern der Mittelschule botanische Versuche durchführen zu können.
28. Juni 1926
Der Kaufvertrag wird geschlossen: Landwirt Johann Wilhelm Dasch aus Mailheim verkauft das Grundstück Pl. Nr. 3857 ½ im Lochbrunnen, eine Weinbergsfläche mit 0,160 Hektar, zum Kaufpreis von 120 Reichsmark an Dr. Robert Weinmann als Treuhänder für den Bund Naturschutz. Auf der Fläche wurde zu diesem Zeitpunkt kein Wein mehr angebaut.
7. Juli 1926
Dr. Weinmann teilt dem Stadtrat mit, dass der Bund Naturschutz das Grundstück am 28. Juni 1926 für 120 Reichsmark gekauft hat und bittet „zu der Kaufsumme nachträglich 30 Mark als Beisteuer zu bewilligen“. Der Kauf konnte nicht aufgeschoben werden, da der Besitzer an dem Grundstück Veränderungen vornehmen wollte.
Der Stadtrat von Windsheim bewilligt einen Zuschuss von 25 Mark, „wenn der Naturschutzbund als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird“. Die Zahlungsanweisung erging am 8. Juli an die Stadtkasse. Ob tatsächlich eine Zuschusszahlung erfolgt ist, ist unklar: Im Kassenbuch der Stadt Windsheim von 1926 ist kein Vermerk enthalten. (Quelle: Stadtarchiv Bad Windsheim)
14. Oktober 1926
Eintragung ins Grundbuch. Weshalb der Kauf nicht offiziell vom Bund Naturschutz, sondern von dessen Bezirksvorsitzenden als Privatperson getätigt wurde, ist nicht dokumentiert – vermutlich aber wegen der drohenden Veränderungen an dem Grundstück. Möglicherweise hat der Verkäufer die geplante Veränderung aber auch nur behauptet, um den Verkauf zu beschleunigen.
6. März 1933
Dr. Weinmann lässt das Grundstück am 6. März 1933 unentgeltlich auf den Bund Naturschutz in Bayern e.V. übertragen. Für den Bund Naturschutz handelt Studienrat Otto Hosseus, der inzwischen die Nachfolge von Dr. Weinmann als Bezirksgruppenvorsitzender übernommen hatte. Eine beglaubigte Vollmacht des BN-Vorsitzenden Staatsrat Eduard von Reuter lag vor.
11. April 1933
Der „Bund Naturschutz in Bayern, eingetragener Verein, Sitz München“ wird in das Grundbuch eingetragen. Auf den Seiten 3 und 4 des Grundstückübertragungsvertrages vom 6. März 1933 ist jedoch vermerkt, dass das Grundstück Pl. Nr. 3857½ bereits im Jahr 1926 vom „Bund Naturschutz in Bayern e.V.“, Bezirksgruppe Uffenheim, käuflich erworben worden ist. Herrn Dr. Robert Weinmann wurde das Grundstück danach als Treuhänder des genannten Vereins zugeschrieben.
Historische Dokumente
Hier finden Sie eine Sammlung wichtiger historischer Dokumente, die den Ankauf des ersten BN-Schutzgrundstücks in der Kiliansleite bei Bad Windsheim belegen. Alle Sokumente stehen als PDF zum Herunterladen zur Verfügung.
Recherchiert hat die Chronologie Bruno Täufer, der Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Bad Windsheim.
Wandern in der Kiliansleite
Die eigentliche Umrundung und Erkundung der Kiliansleite ist ein kurzer Weg, jedenfalls wenn man von dem Wanderparkplatz unterhalb des Hangs startet.
Wir gehen einfach in den Feldweg hinein, der von der Kreisstraße nach Westen abzweigt, und nutzen nach wenigen Metern den Grünweg, der nach rechts zum Hang der Kiliansleite abzweigt. In diesem Hang wächst sie, die Tulipa sylvestris, und der Hangstreifen links von dem Streuobstbestand ist unser erstes Schutzgrundstück. Aber auch der Streifen rechts der Obstbäume wurde inzwischen dem BN geschenkt und steht zur Entbuschung an.
Bei trockenem Wetter können wir unterhalb des Hanges nach links gehen, bis wir am Saum eines Mittelwaldes – eine für Franken typische Form der Waldwirtschaft – auf einen Weg treffen, in den wir nach rechts einschwenken. Er führt den Hang hinauf und trifft oben auf einen Feldweg. Wenn wir ihm entlang der Hangkante nach rechts folgen, treffen wir nach 700 Metern auf die Kreisstraße, auf der wir zum Parkplatz zurückkommen.
Schwenken wir stattdessen nach links und gehen dann bei nächster Gelegenheit hinauf auf die nächste Hangkante, können wir in östlicher Richtung über die Kreisstraße hinweg einem Weg folgen, der uns eine wunderbare Aussicht über die ganze Windsheimer Bucht ermöglicht. Von dort können wir entweder über Feldwege und Nebenstraßen nach Bad Windsheim zurückgehen, oder wir kehren auf dem Weg, den wir gekommen sind, zur Kiliansleite zurück.
- Ausgangspunkt: Wanderparkplatz "Lochbrunnen" unterhalb der Kiliansleite an der Kreisstraße NEA 40 von Bad Windsheim nach Oberntief
- Längere Variante: Vom Bahnhof Bad Windsheim durch den Kurpark und die Hans-Schmotzer-Allee nach Norden, bis zur Kreisstraße und dann 600 Meter auf der Straße zum Parkplatz am Lochbrunnen, circa drei Kilometer
- Länge: kürzeste Variante circa zwei Kilometer, auf bis zu elf Kilometer erweiterbar
- Höhenunterschied: circa 60 Meter
- Wegcharakter: Feldwege, Steige, Nebenstraßen
- Einkehr: Bad Windsheim