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Tiere und Pflanzen

Romberg bei Lohr: Wärmeinsel im trockenen Maintal

Der Romberg bei Lohr sollte x-mal überbaut werden. Hätte sich ein Lohrer Arzt nicht jedesmal vehement für den besonderen Lebensraum eingesetzt, wäre heute nichts mehr davon übrig. Den Retter zu ehren, fällt dennoch schwer.

Mit gemischten Gefühlen nähern wir uns dem Romberg, war doch derjenige, der am meisten zu seiner Erhaltung beigetragen hat, der Lohrer Arzt Dr. Hans Stadler (1875 bis 1962), ein Nationalsozialist der ersten Stunde und wütender Judenhasser. NSDAP-Mitglied seit 1922, ließ er sich schon 1933 als "Gau-Naturschutzbeauftragten" einsetzen. Als den "Vater der Nazibewegung" in der Schneewittchenstadt titulierte ihn der Lohrer Stadtrat – 1948. Auch nach dem Krieg stand er im Kontakt zu anderen Altnazis und äußerte sich antisemitisch.

Der BUND Naturschutz hat seine Geschichte, insbesondere auch die Rolle und das Verhalten des Verbands im Nationalsozialismus, zum 100-jährigen Verbandsjubiläum von renommierten und unabhängigen Historikern aufarbeiten lassen. Mit den Jahren 1913 – 1945 befasste sich der Naturschutz-Historiker Dr. Richard Hölzl. Sein Artikel "Naturschutz in Bayern zwischen Staat und Zivilgesellschaft (1913-45)" ist in der Reihe "Bund Naturschutz Forschung - 100 Jahre BUND Naturschutz in Bayern" (2013) erschienen. Die wichtigsten Stationen der BN-Geschichte


Immer wieder Zerstörung abgewendet

Andererseits ist unbestreitbar, dass der Romberg heute zerstört beziehungsweise überbaut wäre, wenn sich Stadler nicht immer wieder mutig und unbeirrbar für "seinen" Berg eingesetzt hätte. Selbst den Bau von drei großen Hitler-Jugend-Heimen konnte er 1944 verhindern. 1947 prozessierte er erfolgreich dagegen, dass sein gesamter Grundbesitz am Romberg – über zwölf Hektar – als Sühne enteignet und der Stadt Lohr als Siedlungsgelände übertragen wurde.

Im Jahr darauf, 1948, wollte ein neuer Bürgermeister dort ein Baugebiet ausweisen – und scheiterte. 1952 kam ein Architekt auf die Idee, am Rande des Schutzgebiets 50 Wohnhäuser für Arbeiter der gegenüberliegenden Glasfabrik zu errichten. 1957 zog die neu konstituierte Bundeswehr (Stadler: "Wehrmacht") den östlichen Teil des Rombergs als Übungsgelände in Betracht. Dass der Romberg von all diesen und manch anderen Plänen und Ideen verschont blieb, dieses Verdienst kann man Stadler nicht absprechen.

Gute Preise für Ödflächen

Bereits 1908, fünf Jahre vor Gründung des BUND Naturschutz, hatte Stadler den unterhalb des Romberg gelegenen kleinen See für 1.000 "Goldmark" (etwa 10.000 Euro) erworben, ihn für den gleichen Betrag einzäunen und seine Ufer aufforsten lassen. In den Folgejahren kaufte er laufend weitere Flächen hinzu, die vor Ort als "Rauhen" und Ödflächen minderer Qualität galten: "Ich zahlte gute Preise", erinnerte er sich 1957, "und die Besitzer waren froh, für ihre wertlosen Grundstücke einen Käufer zu finden."

Im BN, der zu diesem Zeitpunkt bereits in den "(NS-)Reichsbund für Volkstum und Heimat" eingegliedert war, trat Stadler ausweislich der Verbandszeitschrift "Blätter für Naturschutz" erstmals 1934 mit einem Aufruf "Deutsche Lehrer! Nationalsozialisten!" in Erscheinung, in dem er "die Lehrerschaft" zur Mitarbeit im BN, etwa als "Ortsführer", (und zum Beitritt) aufforderte. In Heft I/1935 folgte ein Aufsatz "Landschaftsschutz in Unterfranken". Nach dem Krieg wird Stadler seit 1950 und bis kurz vor seinem Tod als Mitglied des "Ausschusses" – dem Vorläufer des heutigen Landesbeirats – geführt.

Bereits seit 1942 ist der 230 Meter hohe Romberg Naturschutzgebiet, was ebenfalls maßgeblich auf Stadler zurückgeht. Das stand aber weiteren Begehrlichkeiten nicht im Weg. Heute ist die Besiedelung von Norden her bis an die Grenzen des NSG vorgerückt; man darf aber davon ausgehen, dass das Schutzgebiet hält, denn die Verordnung über das Naturschutzgebiet Romberg vom 8. Juni 1942 wurde am 10. Oktober 1997 von der Regierung von Unterfranken bestätigt und das Schutzgebiet auf fast 56 Hektar erweitert.


Paradies für wärme- und trockenheitsliebende Arten

Als ehemaliger "Umlaufberg" des Mains ist der Romberg von hohen Sand-Schotterablagerungen bedeckt. Umlaufberg heißt, dass der Main beziehungsweise seine Vorläufer ihn früher auf der anderen Seite umflossen haben.

Gerade die offenen Südwest- und Südhangbereiche sind für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten ein bedeutsamer und bei uns selten gewordener Lebensraum. Er wird durch die Beweidung mit Schafen, Ziegen und auch Pferden erhalten. Für sonstige landwirtschaftliche Nutzungen ist der nährstoffarme und trockene Boden nicht besonders attraktiv, vereinzelt findet man Sandäcker mit teilweise seltenen Ackerwildkräutern wie dem Kleinen Mäuseschwänzchen. Etwa 30 Hektar sind mit artenarmen Kiefernforsten bestanden. Am Südwesthang verweisen alte Huteeichen auf die historische Weidenutzungsform.

Zeitweilig wurde am Romberg auch Wein angebaut, wie die Reste alter Weinbergsanlagen bezeugen. Besonders stolz sind die Lohrer darauf, dass am Romberg im Jahr 1913 erstmals im Frankenland die Rebsorte Müller-Thurgau versuchsweise angebaut wurde, heute die nach dem Silvaner wichtigste Rebsorte. Doch man gab den Weinbau schließlich auf und überließ vor allem die heißen, trockenen West- und Südhänge weitgehend sich selbst. Seither ist der Romberg wieder zu jenem Paradies für wärme- und trockenheitsliebende Pflanzen und Insekten geworden, das er seit der letzten Eiszeit war.

Biologische Raritäten

Wenn der Romberg ein eigenes Wappen hätte, wäre das Wappentier der Stierkäfer – ein Mistkäfer mit Geweih, der vom Kot pflanzenfressender Tiere lebt. Seine Löcher findet man überall im sandigen Boden. Was man von außen nicht sieht, ist, dass er im Boden eine ein- bis anderthalb Meter lange Wohn- und Brutkammer mit mehreren Seitengängen anlegt. Dass der Romberg regelmäßig beweidet wird, kommt ihm natürlich zugute.

Aber in dem Sandmagerrasen des Rombergs finden sich auch andere biologische Raritäten, die auf nährstoffreichen Böden von durchsetzungsstärkeren Arten verdrängt werden, wie etwa das Silbergras, die Sand-Grasnelke. Auf den offenen Sandflächen fühlen sich auch viele Wildbienenarten wohl, und in den Resten alter Weinbergsmauern Eidechsen, Schlingnattern und diverse Spinnenarten.

Dem Romberg vorgelagert liegt der sogenannte Stadlersee. In diesem Totarm des Mains wurden im 19. Jahrhundert zahlreiche kleine Becken für eine medizinische Blutegelzucht angelegt. Heute sind die Gewässer Lebensraum für zahlreiche Amphibien- und Schneckenarten sowie den seltenen Frühjahrs-Kiemenfußkrebs.

Zusätzlicher Stress durch Klimawandel

Es liegt nahe, die heiße und trockene Wärmeinsel des Romberg als "Vorschau" auf das künftige Klima im ohnehin warmen und trockenen Unterfranken zu interpretieren. Ein solcher Schluss ist aber nicht zulässig, weil das spezielle Kleinklima des Rombergs stark von seinem extrem mageren Sandboden geprägt ist, in dem Wasser rasend schnell versickert. Eher ist es umgekehrt: Der Klimawandel setzt die hochspezialisierte Lebensgemeinschaft am Romberg – wie alle Naturschutzgebiete – zusätzlichem Stress aus, und es ist durchaus offen, ob sie ihm gewachsen sein wird.


Den Romberg erwandern

Von der Lohrer Altstadt ist der Romberg in einem kurzen Spaziergang über die alte Mainbrücke leicht zu erreichen. Nach der Brücke rechts, also in südliche Richtung, in die Sendelbacher Straße einbiegen und dann nach etwa 500 Metern in den hangwärts gelegenen Friedhofweg schwenken. Direkt oberhalb des Friedhofs geht ein Steig kurz und steil den Berg hinan und mündet unmittelbar in einen Rundweg um den Romberg.

Wem dieser gerade einmal sechs Kilometer lange Rundweg nicht genügt, kann sich von der Website der Stadt Lohr einen Wanderführer herunterladen. Die Tour 6a beschreibt eine rund zwölf Kilometer lange Wanderung zur Wallfahrtskirche Mariabuchen, die auf dem Hinweg den Romberg durchquert und über den Ortsteil Steinbach nach Lohr zurückführt.

Ausgangspunkt und Ziel: Lohr Altstadt (oder Bahnhof (+1,3 km))

Gehzeit: ca. 1,5 Stunden (Tour 6a ca. 3 Stunden)

Höhenunterschiede: kurzer, knackiger Anstieg auf den Romberg, ansonsten gering

Einkehr: Lohr, Mariabuchen, Steinbach