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Tiere und Pflanzen

Flussrenaturierung in Bayern

Flüsse und Auen sind äußerst wichtig für den Arten- und Hochwasserschutz. Doch perfekt können sie diese Aufgabe nur erfüllen, wenn sie noch intakt sind. Deshalb setzt sich der BUND Naturschutz (BN) für Flussrenaturierung in Bayern ein.

Warum Flussrenaturierung? Nur drei Prozent der Auen in Bayern gelten als „wenig beeinträchtigt“, der Rest leidet an Fehlern der Vergangenheit wie Flussbegradigungen sowie Deich- und Stauwerksbau. Ein großer Anteil der in Fluss und Aue lebenden Tiere und Pflanzen ist daher selten geworden oder sogar vom Aussterben bedroht. Faszinierende Lebens- und Erholungsräume gingen verloren, die Hochwassergefahr hat zugenommen und die Qualität des Grundwassers hat sich vielerorts verschlechtert. Was liegt da näher, als die vielfältigen Probleme gemeinsam zu lösen und an der Wurzel zu packen? Flussrenaturierung ist angesagt und an nahezu allen Fließgewässern Bayerns dringend nötig. Ein bayernweit bedeutendes Beispiel ist die Renaturierung an der Mittleren Isar durch das Wasserwirtschaftsamt München. Lange hat man die Isar in ein Steinkorsett gezwängt. Der Natur hat das nicht gut getan. Seit der Flussrenaturierung siedeln sich viele Pflanzen- und Tierarten wieder an dem schönen bayerischen Alpenfluss an.

Flussrenaturierung an der Isar

Die Isar entspringt im Karwendelgebirge und mündet bei Deggendorf in die Donau. Sie ist ein Alpenfluss und hatte vor der Regulierung breit verzweigte Flussarme und Kiesinseln, die sich ständig umlagerten. Doch vor etwa 100 Jahren war es vorbei mit der Wildnis: Der Fluss wurde begradigt, mit Ufersteinen befestigt und mit engen Deichen von den Auen getrennt. Etwa zwei Drittel seines Wassers werden zudem über den Isarkanal für die Wasserkraft abgezweigt. Trotzdem hat sich „die Reißende“, so die Bedeutung des Namens, einen Teil ihrer Natur bewahrt: Die Isar ist begleitet vom längsten zusammenhängenden Auwald Bayerns. Dieser bildet einen bedeutsamen Biotopverbund, der Teil des europäischen Schutzgebietsnetzes Natura 2000 ist. Für den BN war deshalb schon lange klar: Eine Flussrenaturierung soll der Isar helfen, mehr ihrer ursprünglichen Lebenskraft zurückzugewinnen.

Erfolg der Naturschützer

Bereits 1998 kämpfte der BN für mehr Wasser und befreite Ufer, damit die Isar ihr Bett aufweiten und Kiesbänke wieder umlagern kann. Hochwasser sollte mehr Platz bekommen und die Deiche dafür weiter landeinwärts verlegt werden. 1999 stellte der BUND Naturschutz dann zusammen mit anderen Vereinen ein Renaturierungskonzept für die Isar vor. Viele Werbeaktionen, Stellungnahmen, Gespräche und Exkursionen folgten. Auf Drängen der Naturschützer begann das Wasserwirtschaftsamt (WWA) München dann 2009 damit, die Isar aufzuwerten: Deiche wurden zurückverlegt, Steinmauern vom Ufer entfernt und Rampen für Fische durchlässig gestaltet. Außerdem wurde die Mindestwassermenge im Sommer erhöht.

Renaturierung: Die Isar ergreift ihre Chance

„Breitwasser statt Hochwasser“ lautet das Motto des BUND Naturschutz schon seit Jahren. Und die Isar hat ihre Chance ergriffen. Seit 2005 wird sie mit jedem Hochwasser wilder und natürlicher. Stellenweise hat sie sich bereits um mehr als eine Flussbreite verlagert und wieder in mehrere Flussarme aufgezweigt. Prallufer werden abgegraben und der Kies, den die Isar dort freisetzt, wird an Gleitufern zu neuen Kiesinseln umgelagert. Schon wenige Jahre nach der Befreiung von den Ufersteinen gestaltet die Isar bei Hochwasser die angrenzende Aue um und bringt die natürliche Lebensraumvielfalt zwischen nass und trocken zurück. Alte große Weiden, die am Prallhang von der Isar umgestürzt werden, und das entstandene Totholz tragen erheblich zur Strukturvielfalt bei und sind Ansatzpunkte für weitere Dynamik.

Auenbewohner kehren zurück

Noch ist die Isar kein Wildfluss, dafür sind die Einschränkungen noch zu groß. Aber wir erleben heute staunend und fasziniert – und für Bayern wohl einmalig – wie Wildnis und Artenvielfalt an den bayerischen Fluss zurückkehren. Kiesbrüter wie der Flussregenpfeifer finden auf den neuen Kiesinseln Lebensraum und am frischen, unbewachsenen Steilufer hat der Eisvogel Brutröhren angelegt. In der nun vielfältig strukturierten Flusssohle finden Kieslaicher wie Äsche und Huchen geeignete Laichgründe. Auf den Kiesinseln wachsen junge Weiden als Vorposten eines neuen Silberweiden-Auwaldes. Auch die früher an der Isar weit verbreitete Lavendelweide ist mit zahlreichen Jungpflanzen wieder da.

Für die Entwicklung der in Bayern stark gefährdeten Weidengesellschaften sind besonders die Deichrückverlegungen von hoher Bedeutung: In der Rosenau bei Langpreising ist schon wenige Jahre nachdem der Deich zwischen Aue und Isar an den Rand der Aue verlegt wurde eine Weidenvielfalt entstanden, die lange Jahre an der Mittleren Isar äußerst selten war.

Gebt den Fließgewässern in Bayern mehr Raum!

So wünschen wir es uns für alle bayerischen Fließgewässer: großräumige Konzepte und Umsetzungen, mutige Wege, Fixierungen entfernen und dann „den Fluss machen lassen“. Bayerns Gewässer brauchen endlich eine Schwerpunktsetzung der bayerischen Staatsregierung: Alle Ressorts müssen zusammenarbeiten, um den nötigen Raum und die gesellschaftliche Akzeptanz für die erforderlichen Maßnahmen an den Flüssen bereitzustellen. Die Förderungen müssen angepasst, Gesetze verbessert und weitere Zerstörungen verhindert werden – damit Flüsse und Auen wieder zu dem werden können, was sie Jahrtausende waren: Lebensadern für Mensch und Natur.