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Atomenergie ist lebensbedrohend und kein Beitrag zum Klimaschutz

Bund Naturschutz fordert Sofortausstieg

06.05.2005

Von 10. bis 12. Mai trifft sich in Nürnberg die internationale Atomlobby zur Jahrestagung Kerntechnik.
Dies ist ein weiterer Versuch, die Atomkraft als zukunftsträchtig und dem Klimaschutz dienlich darzustellen um sie gesellschaftsfähig zu machen.
Das Gegenteil ist der Fall: Die Atomkraftwerke bergen das größte bekannte Zivilisationsrisiko und haben wirksame Maßnahmen im Kampf gegen den Treibhauseffekt seit Jahrzehnten blockiert. Über dies ist Atomstrom der mit Abstand am höchsten subventionierte Strom und am freien Markt nicht konkurrenzfähig. Zurecht lehnt die große Mehrheit der Bevölkerung den Bau von Atomkraftwerken ab.

Der Bund Naturschutz fordert den sofortigen Ausstieg aus dieser riskanten und teueren Technologie.

Atomkraft, ein unkalkulierbares Risiko

Die Reaktorsicherheitsstudien der Bundesregierung (1979 und 1989) belegen, dass auch in deutschen Druckwasserreaktoren Unfälle größten Ausmaßes mit tausenden von Soforttoten und Hunderttausenden sog. "Langzeittoten" (Krebsopfer) möglich sind. Große Teile Deutschlands würden für Jahrhunderte unbewohnbar sein. Die Eintrittswahrscheinlichkeit liegt im Prozentbereich und ist deshalb alles andere als "hypothetisch". Wann sich der nächste SuperGAU ereignet, kann nicht vorhergesagt werden.
Zum Siedewasserreaktor, dem riskanteren Reaktortyp, (z.B. Gundremmingen und Isar 1 in Ohu bei Landshut) gibt es bezeichnenderweise überhaupt keine vergleichbaren Risikountersuchungen.

Entsorgung ungelöst

Bis heute gibt es in keinem Land eine Atommüllentsorgung, die die Folgen der Millionen Jahre strahlenden Atomabfallstoffe von den zukünftigen Generationen fernhält. Auch der Plan der Bundesregierung, im Einvernehmen mit der Bevölkerung an den zu suchenden Standorten ein unterirdisches Endlager zu errichten, ist wohl zum Scheitern verurteilt.

Daher ist es unverantwortlich, den Atommüllberg durch Weiterbetrieb der AKWs weiter anwachsen zu lassen. Erst wenn die Atommüllmenge nach dem Abschalten aller deutschen Atomkraftwerke fest steht, kann über eine sinnvolle Form der Entsorgung entschieden werden.


Atomkraft gefährdet Klimaschutz

Die Atomkraft hat bei der Reduzierung der Kohlendioxidemissionen nicht geholfen, im Gegenteil: "Ein Ausbau der Kernenergie dürfte gerade die angebotsorientierten Strukturen unserer Energiewirtschaft stabilisieren, die ein Haupthemmnis für die zur Erreichung des Klimaschutzziels unabdingbare Effizienzverbesserung darstellen". Außerdem "entspricht die Kernenergie nicht den Handlungsmaximen einer nachhaltigen Entwicklung." (Zitate aus der Studie des Umweltbundesamtes: Nachhaltiges Deutschland 1997 unter der Verantwortung der damaligen Umweltministerin Angela Merkel. Trotz des Ausbaus der Atomkraft in den 70er und 80er Jahren ist der CO2-Ausstoß (West-)Deutschlands gestiegen.

Hätte man - wie es der Bericht der Bundestagsenquetekommission bereits 1980 vorschlug - die Atomkraftwerke abgeschaltet und stattdessen die Effizienztechnik und die Erneuerbaren Energien umfassend ausgebaut, wäre der Kohlendioxidausstoß zurückgegangen und läge heute viel niedriger.

Die "Energie-Vision Bayern" des Bundes Naturschutz für das Jahr 2030 zeigt, dass es bei entschlossenem Handeln mit vorhandener Technik möglich ist, mehr als die Hälfte der derzeitigen Energieverschwendung zu unterbinden (d.h. den Primärenergieverbrauch zu halbieren) und den größten Teil des Restbedarfes mit Erneuerbaren Energien (Sonne, Wind, Wasser und Biomasse) zu decken. Der CO2-Ausstoß ginge auf einen geringfügigen Rest zurück.


Atomkraft, ein finanzielles Fiasko

Atomstrom hat über 50 Jahre lang Subventionen höchsten Ausmaßes erhalten. Sie ist dennoch bis heute nicht konkurrenzfähig gegen Kohle-, Gas- und andere Kraftwerke. Wie die Branchenzeitschrift "atomwirtschaft" in einer Rückschau berichtet, produziert sogar die Windkraft an günstigen Standorten die Kilowattstunde billiger als ein neues Atomkraftwerk.

Subventionen in unerreichter Höhe

Weit über 20 Mrd. Euro wurden von der Bundesregierung seit den 70iger Jahren in die Atomkraftforschung gesteckt.
Zur Markteinführung der Atomkraftwerke erhöhte sich der Durchschnittsstrompreis in Deutschland zwischen 1970 und 1985 um 5 Ct/kWh (während der Strompreis vor und nach dieser Zeit sank). Zum Vergleich: Derzeit fördert der Stromkunde die Markteinführung von Solar- und Windkraft mit rd. 0,5 Ct/kWh.
Den Stromkonzernen wurde erlaubt, für die spätere Entsorgung mehr als 35 Mrd. Euro steuerfrei und zu beliebiger Verfügung als Rücklage anzusammeln, die sie strategisch zur Marktmonopolisierung einsetzen.

Keine Haftpflichtversicherung

Die mit Abstand größte Subvention (d.h. der größte Marktvorteil gegenüber anderen Stromerzeugungsarten) stellt die Tatsache dar, dass Atomkraftwerke trotz deren hoher Unfallgefahr gesetzlich von einer angemessenen Haftpflichtversicherung befreit sind. Schon 1992 bezifferte der damalige Wirtschaftsminister diese Subvention auf ca. 3,60 DM (entspricht 1,80 Euro) pro Kilowattstunde!
Auf einem Markt mit fairen Randbedingungen für alle wäre Atomkraft nicht konkurrenzfähig. Seit 1985 wurde in Europa nur 1 neues Atomkraftwerk bestellt, aber 79 Anlagen + Baustellen wurden stillgelegt.

Von "Renaissance" keine Rede.

Seit 1995 bemüht sich die internationale Atomlobby unter dem Motto "Atomrenaissance" mit größtem Werbeetat der Bevölkerung und den Politikern einzureden, es gehe mit der Atomkraft wieder aufwärts.
Das Gegenteil aber ist der Fall. Während die internationale Atomenergieorganisation (IAEA) vor einem Jahrzehnt noch 62 in Bau befindliche Atomkraftwerke weltweit aufzählte, ist diese Zahl kontinuierlich auf gegenwärtig 25 geschrumpft. Und von diesen 25 sind einige Ladenhüter bereits mehr als 30 Jahre "in Bau", oder dienen (wie in Indien, China, Taiwan, Argentinien und dem Iran) eher der militärischen Abschreckung als der Energiegewinnung.
Die meisten der im letzten Jahrzehnt in Bau befindlichen Anlagen wurden aus Kostengründen storniert oder eingestellt, nur eine gute Handvoll wurde fertiggestellt und ging an das Netz.

Ende des Urans absehbar

Das Uran geht bald (nach Ansicht des Bayerischen Wirtschaftsministeriums in ca. 30 Jahren, also schneller als das Erdöl) weltweit zur Neige. Die von der Atomwirtschaft jüngst gemeldete Uranpreisverdoppelung (Feb. 03 bis Feb. 05) ist bereits das erste deutliche Zeichen für die absehbare Verknappung dieser seltenen und gefährlichen Energieressource.

Hoffnungsträger Finnland?

Mit spektakulären Aktionen wie dem geplanten Neubau eines Atomreaktors in Finnland versucht die arg gebeutelte Atomindustrie sich selbst Mut zuzusprechen. Aber das Ruder ist nicht mehr herumzureißen. Auch dieses Projekt bleibt wahrscheinlich eine Eintagsfliege, denn es wurde wie üblich aus allen verfügbaren Töpfen hoch subventioniert, und ist somit kaum wiederholbar:
Das Baukonsortium Framatome / Siemens hat den finnischen sog. EPR-Reaktor weit unter Preis für 3 Mrd. Euro (Festpreis) angeboten.
Ein internationales Bankenkonsortium (an der Spitze die Bayer. Landesbank) stellt zwei dieser drei Mrd. Euro als Kredit mit dem geradezu sagenhaften Zins von 2,6 % zu Verfügung. Diese Vereinbarung wurde getroffen, obwohl es größte Zweifel daran gibt, ob der Kredit abgesichert ist. Denn der EPR-Reaktor wurde bisher noch nirgends auf der Welt gebaut und wird - wie alle Prototypen bisher - vermutlich mehr Kosten als Strom erzeugen, was einer fristgerechten Tilgung des Kredits entgegensteht.


Sofortausstieg nötig und machbar.

Die verfügbaren Kraftwerke im deutschen Verbundnetz hätten nach Angaben der Dt. Verbundgesellschaft im Dezember 2004 20.300 MW mehr an Strom liefern können als tatsächlich gebraucht wurde. Das ist soviel wie alle Atomkraftwerke zusammengenommen (zu diesem Zeitpunkt) produzierten. Die Stromversorgung wäre also auch ohne Atomkraft gesichert. Im Jahresmittel beläuft sich die Reserve sogar auf ein Mehrfaches der Atomstromproduktion. Einem Sofortausstieg - um einem drohenden SuperGAU zuvorzukommen - steht also technisch nichts im Wege.

Sofortausstieg in Deutschland wäre auch für andere Länder ein Zeichen, diese gefährliche Technologie lieber heute als morgen abzuschalten.




Forderungen:

Der Bund Naturschutz fordert die internationale Atomlobby angesichts der drohenden Folgen beim Weiterbetrieb und wegen der katastrophalen finanziellen Randbedingungen auf den Bau weiterer Atomkraftwerke einzustellen und sich zukunftsträchtigerer Energiealternativen zuzuwenden.


Der Bund Naturschutz fordert die Bundesregierung auf, dem Wunsch der übergroßen Mehrheit der deutschen Bevölkerung nach einer Beendigung der Atomkraftnutzung zu folgen und sofort aus der Atomenergie auszusteigen, da sich der nächste SuperGAU bereits morgen ereignen kann, da der Atommüllberg sonst weiter wächst und die notwendigen Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie der Umstieg auf erneuerbare Energien verhindert werden.

Der Bund Naturschutz fordert die bayerische Staatsregierung auf, der Bayer. Landesbank den hochsubventionierten Kredit für das finnische Atomkraftwerk zu untersagen und die freiwerdenden Zinshilfen dem Bayerischen Mittelstand zur Finanzierung umweltschonender Technologien (Effizienz und Erneuerbare Energien) zugänglich zu machen.

gez. Prof. Dr. Hubert Weiger
1. Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern e.V.

Bei Rückfragen:
Dr. Ludwig Trautmann-Popp, Energiereferent
Tel. 0951 / 51 906 09
Fax 0951 / 51 906 10






Datenquellen:

Strompreis Atomkraft/Windkraft: atw 12/2001
Forschungsförderung: Bundesforschungsministerium
Strompreiserhöhung: Bericht Elektrizitätswirtschaft Bundeswirtschaftsmini-
sterium 1960 bis 2000, danach eingestellt
Kosten der Haftpflichtversicherung: Bundeswirtschaftsministerium / Wirt-
schaftswoche 6. Nov. 1992
AKWs in Betrieb/Bau: Jahresberichte IAEA/atw (jeweils März-Ausgabe)
Ende des Urans: Mitreden und Bescheidwissen, Bay. Wirtschaftsministerium
Kraftwerksleistung: Dt. Verbundgesellschaft www.vgn-berlin.de
Reaktorunfallfolgen: Deutsche Risikostudie Kernkraftwerke, Bundesinnen-
ministerium 1979/89