Ausbauwahn in den bayerischen Skigebieten
Der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) kritisiert die zahlreichen aktuellen Ausbaumaßnahmen in den bayerischen Skigebieten als eine neue Welle der Torschlusspanik: „Angesichts steigender Temperaturen und stagnierender Skifahrer-Zahlen werden die Skigebiete in einer Art Torschlusspanik und nach dem Prinzip Hoffnung aufgerüstet.“ kritisierte Prof. Dr. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BN, die aktuellen neuen Infrastrukturmaßnahmen im bayerischen Alpenraum. „Die Natur bleibt dabei auf der Strecke.“
Am Beispiel des „Stümpfling“ im Landkreis Miesbach hat jetzt der BN die Gesamtproblematik aufgezeigt. „Jede Neuerschließung zieht weitere Eingriffe nach sich und führt zu einer Aufrüstungsspirale.“ kritisiert Werner Fees, stellv. Sprecher des BN AK Alpen. Dabei unterbleibt systematisch eine Untersuchung und damit Berücksichtigung der Kapazität des Naturhaushalts und der Landschaft.
„Diese Salamitaktik hat mittlerweile auch niedrigere Skigebiete wie das Skigebiet am Stümpfling erfasst.“ Hier sind die Veränderungen an der Struktur und dem Bild der Landschaft in wenigen Jahren so intensiv geworden, dass der Erholungswert diese Tourismusgebietes für den Sommertourismus vermindert wird.
Der BN fordert zum wiederholten Male ein Gesamtkonzept für den Skisport in den bayerischen Alpen sowie umfassendere Genehmigungsverfahren mit einer strikten Beachtung der Alpenkonvention.
Klimaveränderung:
Die bayerischen Skigebiete liegen durch ihre Lage am Nordrand der Alpen in relativ geringer Höhe. Sie sind dadurch von der Klimaerwärmung besonders betroffen. Weniger Schneefall und eine kürzere Wintersaison werden gerade in geringen Höhenlagen erheblichen Einfluss auf den Wintersport in Bayern haben. In Höhenlagen zwischen 700 und 1000 Metern wird naxch Aussagen von Prof. Seiler die Schneedecke innerhalb der nächsten 40 Jahre um bis zu 50 % abnehmen. Nach Aussagen von Klimaforschern und auch Tourismusforschern sind daher Ausbaußnahmen für den Skisport unter 1200-1500 m ü.NN. nicht mehr sinnvoll.
Der Stümpfling (Gemeinden Rottach-Egern und Schliersee) liegt in einer Höhe von 1484 Metern über dem Meer.
Öffentliche Gelder:
Trotz klammer Kassen der Kommunen und rücksichtslosem Sparwahn des bayerischen Staatsregierung werden Infrastrukturmaßnahmen in Skigebieten nach wie vor von Staat und Kommunen finanziell gefördert. Sie es die Förderung von Bund und Land für Leistungszentren oder Großereignisse (z.B. Ski-WM) oder sei es die kommunale Finanzierung durch Beteiligungen an Skigebieten oder Beschneiungsanlagen. Für die künstliche Beschneiung wird sogar das Trinkwasser der Gemeinden angezapft.
Auch am Ausbau des Stümpflinggebietes sind die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee und indirekt auch die Gemeinden Schliersee sowie Rottach-Egern beteiligt.
Eingriffe in Natur und Landschaft:
Alle weiteren Erschließungsmaßnahmen in den Skigebieten führen zu einer Erhöhung der ökologischen Belastungen:
künstliche Beschneiung:
- Zunahme der Beunruhigung für Tiere durch Lärm
- Bergwaldrodung
- Veränderung der Vegetation
- Wasserverbrauch (Flüsse oder Trinkwasser)
- Energieverbrauch
Erhöhung von Kapazitäten:
- Zunahme der Beunruhigung im Skigebiet
- Landschaftsverbrauch bzw. Zerstörung von naturnahen Flächen durch Errichtung von neuen Bahnen, Leitungen, Erschließungsstraßen etc.
- Zunahme des Verkehrs und Zunahme des Flächenverbrauchs für Parkplätze u.a. weitere Folgeinvestitionen
Für den Ausbau am Stümpfling erfolgen gravierende Veränderungen des Landschaftsbildes und des Naturschutzwertes insbesondere durch den Bau des umfangreichen Beschneiungsteiches, durch den wertvoller Blockschuttwald und zugleich Schutzwald zerstört wird. Die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen können keineswegs als echte Kompensation der angerichteten Schäden angesehen werden. Das Landschaftsbild wird unwiederbringlich verändert und insbesondere der Schaden an Natur und Naturschutz durch die Beseitigung des Blockschutzwaldes und weiterer Biotopflächen ist überhaupt nicht ausgleichbar. Hier ist eindeutig eine Güterabwägung zu Gunsten des Skitourismus und zu Lasten der Natur erfolgt.
Unzureichende Genehmigungsverfahren:
Nach Ansicht des BN sind die Genehmigungsverfahren für Ausbaumaßnahmen in den bayerischen Skigebieten völlig unzureichend. Sowohl die Grenze der UVP-Pflicht als auch die (neuerlich gelockerten) Vorschriften für die künstliche Beschneiung ermöglichen durch Salamitaktik ökonomisch und ökologisch unsinnige Projekte.
Nötiges Gesamtkonzept:
Ausbaumaßnahmen laufen derzeit nicht nur am Stümpfling, sondern beispielsweise auch am Fellhorn, am Nebelhorn, am Höllwies Lift, im Gunzesrieder Tal (alle Lkr. OA), in Garmisch-Partenkirchen, am Götschen (Lkr. BGL), am Brauneck (Lkr. TÖL), teilweise in sehr geringer Höhenlage und teilweise mit erheblicher finanzieller Beteiligung von Kommunen.
Der Konkurrenz der österreichischen großen Skigebiete wird man auch mit bayerischen Schneekanonen nicht trotzen können. „Eine echte Lösung für den bayerischen Wintersport kann nur in einem Gesamt-Konzept liegen, das die Auswirkungen des Klimawandels auf den bayerischen Wintersport regional betrachtet und nicht in einem letztlich ruinösen Schneekanonenwettbewerb mit österreichischen Skiorten“, so der BN. Die Qualitäten der bayerischen Alpenorte liegen auf anderen Gebieten als dem alpinen Skisport und müssen weiterentwickelt werden.
Der BN fordert ein Gesamtkonzept bereits seit 5 Jahren – bisher erfolglos. Die 2005/ 2006 verstärkten Ausbaumaßnahmen in den bayerischen Skigebiet sind für den BN in Verbindung mit den immer konkreter werdenden Auswirkungen der Klimaerwärmung aktueller Anlass, diese Forderung an die bayerische Staatsregierung zu erneuern.