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Fürther Naturerbe - begraben unter Beton und Asphalt?

27.07.2007

Anlässlich des aktuellen Auseinandersetzung um die geplante Bebauung des größten Sandbiotopes in Fürth am ehemaligen Flugplatz Atzenhof, besuchte der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner zusammen mit Herbert Schlicht, 1. Vorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, Kreisgruppe Fürth Stadt und Land, Reinhard Scheuerlein, 1. Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Fürth/Stadt sowie Waltraud Galaske, Vorstandsmitglied der BN-Kreisgruppe das Kernstück der SandAchse Franken in Fürth.

 

Der Bund Naturschutz lehnt die Ausweisung der bereits heute unter Naturschutz stehenden Flächen auch für eine Solarfabrik strikt ab.

 

"Wer glaubt, mit dem Verweis auf eine Solarfabrik alle Umweltbelange aushebeln zu können, ist auf dem Holzweg. Auch Solarfirmen müssen sich an die Regeln halten wie jede andere Firma auch. Es geht hier immerhin um das Fürther Naturerbe, das nicht unter Beton und Asphalt begraben werden darf", so Mergner. "Wir bezweifeln darüber hinaus die Redlichkeit der Antragsteller, die hier 50.000 Quadratmeter als Vorbedingung anmelden, aber nur 150 Arbeitsplätze schaffen wollen. Selbst Weltfirmen wie AEG mit der zehnfachen Mitarbeiterzahl brauchten nur wenig mehr Fläche. Man kann von so einer Firma durchaus verlangen, dass sie flächensparend baut. In Fürth sind im Flächennutzungsplan mit über 130 Hektar mehr als 1.300.000 Quadratmeter Gewerbeflächen vorhanden. Dazu muss man nicht in geschützte Biotope gehen."

 

Sandbiotope wie am ehemaligen Flugplatz Atzenhof existieren heute nur noch auf einem Prozent der Vorkommen, die sie über Jahrhunderte als typische Lebensräume unserer Heimat innehatten. Sie sind deshalb genauso bedroht wie in den 80er Jahren die Moore. Hier kommen mit der Sandgrasnelke, der Heidenelke oder der Blauflügeligen Ödlandschrecke und vielen anderen die typischen Arten der Sandlebensräume vor, die auf der Roten Liste stehen. Auch das bayerische Landesamt für Umwelt bewertet die Flächen in Atzenhof als überregional bedeutsam.

 

Die Stadt Fürth beteiligt sich seit 2000 am Projekt SandAchse Franken, das unter Trägerschaft des Landschaftspflegeverbandes Mittelfranken, des LBV und des BN durchgeführt wird. Für die Beteiligung brachte Fürth Eigenanteil von wenigen tausend Euro und die Mitarbeit von Personal des Umweltamtes z.B. in den Gremien der SandAchse auf. Durch die Fördergelder des Bayerischen Naturschutzfonds hat die Stadt mit dem Fördersatz von 75% ein Mehrfaches dafür erhalten. So wurde z.B. bei Mannhof eine Fläche zur Pflege und Entwicklung von Sandlebensräumen angekauft. Mit der vom Projekt durchgeführten Öffentlichkeitsarbeit profitierte Fürth als dem Naturschutz aufgeschlossene Stadt.

 

"Man kann sich nicht einerseits für den Erhalt des Naturerbes fördern und loben lassen, aber wenn es mal nicht passt, alles über Bord werfen - zumal es umweltfreundlichere Alternativen gibt", so Mergner.

 

"Wenn die Stadt Fürth der Meinung ist, dass die Lage am Hafen für Gewerbe besonders günstig ist, wie konnte sie es dann trotz ihrer Planungshoheit zulassen, dass hier der Golfplatz nach dem Abzug der Amerikaner ungeschmälert weiterbestehen und sich sogar noch weiter ausdehnen konnte?", so Reinhard Scheuerlein.

 

"Dass hier das 'Young and Free'-Festival in dieser Woche stattfinden konnte, ist okay, weil es auf einer Fläche stattfand, die bereits als Gewerbegebiet ausgewiesen ist. Dass aber parkende Autos und Busse auf dem angrenzenden Biotop zugelassen wurden, deutet auf einen Mangel an Bereitschaft hin, den Schutz solcher Flächen auch wirklich sicherzustellen", so Herbert Schlicht.

 

Solarfabrik statt Biotop?

Die aus Österreich stammende Firma ecoTec hat bei der Stadt Fürth angeklopft und sucht 5 Hektar Gewerbefläche mit Anschluss an den Hafen. Dafür will der Unternehmer Johann Söllinger, der mit seiner vorherigen Firma bereits einmal pleite gegangen ist, angeblich bis zu 150 Arbeitsplätze schaffen und 80 Mio. € investieren.

 

Die Stadt Fürth will der Firma nun ein Gelände am ehemaligen Flugplatz Atzenhof anbieten, bei dem 33.000 Quadratmeter Biotopfläche (Sandlebensräume) betroffen wären, von der ein beträchtlicher Teil bereits einmal als geschütztes Biotop nach Art. 13d des Bayerischen Naturschutzgesetzes kartiert wurde. Ein Teil der übrigen Fläche ist bereits heute als Gewerbegebiet ausgewiesen.

 

Das Argument mit dem RMD-Kanalanschluss ist jedoch offenbar nur ein Vorwand, da die nun geplante Fläche überhaupt nicht an den Kanal angrenzt. Damit wäre für möglicherweise angeliefertes Material doch noch eine Verladung auf LKW nötig. Von den Anlegestellen bis auf das Gelände können dabei Fahrwege bis zu einem Kilometer Länge auftreten.

 

Daher wäre es genau so gut möglich, für die Ansiedlung einer Solarfabrik die auf der gegenüberliegenden Seite des Rhein-Main-Donau-Kanals bereits ausgewiesenen Gewerbeflächen mit geringfügig längerem Fahrweg heranzuziehen.

 

Kein Einzelfall

Es ist kein Einzelfall, dass sich Firmen der Solarenergie und ähnlicher Branchen entweder selbst landschaftlich reizvolle Orte aussuchen oder mit deren Image Schutzgebiete ausgehebelt werden sollen: Allein in Mittelfranken gibt es bereits zwei Beispiele:

 

In Schwabach versucht seit einigen Monaten eine Firma, die Brennstoffzellen produzieren will, im Landschaftsschutzgebiet eine Ansiedlung durchzusetzen und argumentiert mit dem schönen Ambiente, das gut zur Firmenphilosophie passe. Die Schwabacher Stadtspitze argumentierte genauso wie in Fürth mit der Bedeutung solcher Industrieansiedlungen auch unter dem Aspekt Klimaschutz

 

In Erlangen versuchte vor einigen Jahren die Fa. Ökologik Ecovest AG, die in der Finanzbranche tätig ist, im Landschaftsschutzgebiet an der Regnitz zu bauen und konnte gestoppt werden.

 

Stadt will Planung im Schnelltempo durchsetzen

Nachdem der Stadtrat mehrheitlich am 27. Juni 2007 die Bebauung befürwortete, soll nun das formale Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans und zur Aufstellung des Bebauungsplans in außergewöhnlicher Eile durchgepeitscht werden: Der BN erhielt die Unterlagen am 17. Juli und soll innerhalb von 10 Tagen eine fachlich fundierte Stellungnahme abgeben. Für ehrenamtlich tätige Verbände wie den BN ist das eine Zumutung und ein bisher nicht übliches Vorgehen.

 

In den erhaltenen Unterlagen ist weder in der FNP-Änderung noch im Bebauungsplan eine Festlegung auf eine Solarfabrik vorgesehen. In den Plänen ist nur ein ganz normales Gewerbegebiet ohne jegliche Einschränkungen hinsichtlich der zulässigen Branchen eingezeichnet. Da der Stadt Fürth die betreffende Fläche nicht gehört, ist die genannte Einschränkung gegenüber einem privaten Grundstückseigentümer nur dann rechtlich verbindlich, wenn sie im Plan eingetragen ist.

 

Die vorgelegten Pläne stellen demnach eine Missachtung des Stadtratsbeschlusses dar, der eine Einschränkung auf bestimmte Branchen vorgesehen hat. Dies bestätigt Befürchtungen des BN, dass auf der Fläche doch nur ein ganz gewöhnliches Gewerbegebiet etabliert werden soll.

 

Außerdem steht das politische Versprechen der Stadtspitze und der SPD-Fraktion im Raum, dass die Sandbiotope bestehen bleiben, wenn die betreffende Solarfirma doch einen anderen Standort als Fürth wählt.

 

Bayern weiterhin Vorreiter im Flächenverbrauch

Trotz gegenteiliger Zielaussagen auf höchster politischer Ebene ist Bayern mit einem täglichen Verlust von über 22 Fußballfeldern (15,8 Hektar = 158.000 Quadratmeter; aktuellster Stand 12/2005) nach wie vor trauriger Spitzenreiter unter den alten Bundesländern beim Flächenverbrauch und wird von den neuen Bundesländern nur von Sachsen-Anhalt übertroffen. Dabei wird meist landwirtschaftlich genutzter Boden in Siedlungs- und Verkehrsflächen umgewandelt. in 20 Monaten summiert sich der bayerische Landschaftsverbrauch auf die Fläche der Stadt Nürnberg, allerdings so hässlich wie das Gewerbegebiet Himmelkron, Lkr. Kulmbach oder das Gewerbegebiet Hallstadt (Lkr. Bamberg). Vor allem durch die Ausweisung neuer Gewerbegebiete im Außenbereich und neuer Straßentrassen verliert Bayern Stück um Stück sein Gesicht.

 

Rote Listen gefährdeter Arten werden nach wie vor länger

Die aktuelle bayerische Rote Liste belegt, dass die Bedrohung der Artenvielfalt in Bayern noch nicht überwunden ist, sondern weiter steigt. Insgesamt sind z.B. bei den (in der Roten Liste erfassten ca. 16.000) Tierarten Bayerns 51% aller Arten auf der Roten Liste.

 

V. a. im Bereich der offenen Agrarlandschaft sind negative Entwicklungen festzustellen. "Vom Aussterben bedroht“ sind z. B. Grauammer, Steinkauz und Wachtelkönig, „stark gefährdet“ sind Kiebitz, Braunkehlchen oder Schleiereule und selbst die früher über allen Äckern zwitschernde Feldlerche und das früher bei Jagden häufig erlegte Rebhuhn stehen heute unter "gefährdet" auf der Roten Liste. "Es sollte uns alarmieren, wenn praktisch alle Vogelarten landwirtschaftlich genutzter Flächen verschwinden", so Mergner.

 

Die Arten der Sandbiotope befinden sich seit Jahren in allen Roten Listen wieder. Insgesamt handelt es sich um 92 gefährdete Tierarten und um 46 gefährdete Pflanzenarten Bayerns, die an Sandbiotope wie in Fürth-Atzenhof gebunden sind.

 

Für Rückfragen:

Tom Konopka, Regionalreferent, Tel. 0911/81 87 8-24