BN-Gesetzesvorschlag: Privilegien für industrielle Massentierhaltungsanlagen abschaffen
Der BUND Naturschutz in Bayern hat die Erarbeitung eines Gesetzesvorschlags in Auftrag gegeben, um den Bau industrieller Tierhaltungsanlagen einzuschränken. Bisher hatten die Gemeinden keine Handhabe gegen die Errichtung von Megaställen auf ihrem Gebiet – dies soll geändert werden.
Stallanlagen mit mehr als 40.000 Tierplätzen für Geflügel, 2.000 Tierplätzen für Mastschweine oder 6.000 Tierplätzen für die Ferkelaufzucht sollen laut BN-Gesetzvorschlag nicht mehr als landwirtschaftliche, sondern als „industrielle Tätigkeit“ gewertet werden (gemäß der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieimmissionen). Diese Anlagen würden dann nicht mehr unter die sogenannte baurechtliche Privilegierung fallen und wären daher grundsätzlich unzulässig. „Damit würde es im Ermessen der Gemeinde liegen, ob ein Baugebiet ausgewiesen wird, in dem dann eine industrielle Tierhaltungsanlage gebaut werden könnte - oder eben nicht“, erklärt der Fachanwalt für Verwaltungsrecht Ulrich Werner, der den Gesetzentwurf für den BN erstellt hat. „Bisher haben die Antragsteller*innen bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen auch dann einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung, wenn sich die Gemeinde im Genehmigungsverfahren gegen die Errichtung der Anlage im Gemeindegebiet ausgesprochen hat“, so Werner weiter.
In § 201 Baugesetzbuch sollte auch klargestellt werden, dass die überwiegende Menge des Futters auf den Betriebsflächen tatsächlich selber erzeugt werden muss. Bisher ist die Genehmigungspraxis so, dass der Betrieb nur theoretisch dazu in der Lage sein muss. Der BN will außerdem, dass der Anteil des selbst angebauten Futters von 50 auf 75 Prozent erhöht wird. Wichtig ist zudem, dass die Betriebe verpflichtet werden sollen, auch die wichtigen Eiweißpflanzen selber anzubauen. Der regionale Anbau von Eiweißpflanzen würde auch zu einer Verbesserung des Grundwasserschutzes führen und einen erheblichen Beitrag zur Verringerung von CO2-Emissionen leisten.
„Wenn die Koalition ihre Ziele, die Entwicklung der Tierbestände an der Fläche zu orientieren und in Einklang mit den Zielen des Klima-, Gewässer- und Emissionsschutzes zu bringen umsetzen möchte, muss sie auch dafür sorgen, dass keine neuen Megaanlagen gebaut werden und den Anbau von Futterkomponenten neu regeln“, fordert der BN-Vorsitzende Richard Mergner.
Der BUND Naturschutz führt seit mehreren Jahren einen Rechtsstreit gegen den Bau einer industriellen Hähnchenmastanlage in Eschelbach im Landkreis Pfaffenhofen. Die Koalitionäre haben formuliert, „dass sie anstreben, Planungs- und Investitionssicherheit herzustellen.“ „Das ist überfällig“, so Mergner, „denn über eine entsprechende Gesetzesänderung hätte der Bau in Eschelbach an dem vom BN beklagten Ort verhindert werden können. Auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber muss im Bundesrat eine entsprechende Gesetzesinitiative unterstützen!“
BN-Agrarreferentin Marion Ruppaner kritisiert: „Große Ställe haben mit bäuerlicher Landwirtschaft nichts mehr zu tun. Deswegen dürfen sie auch nicht mehr privilegiert und auf der grünen Wiese gebaut werden. Die Zukunft der bäuerlichen Tierhaltung liegt bei einem flächenangepassten Tierbestand und der größtmöglichen Bereitstellung des Futters vom eigenen Betrieb.“
Hintergrund
Die privilegierte Errichtung von Tierhaltungsanlagen ist im Außenbereich ohne Obergrenzen möglich, wenn der Betrieb über eine ausreichende Flächenausstattung verfügt. Die Errichtung von sog. „Megaställen“ entspricht wegen der damit verbundenen Umweltauswirkungen und der erheblichen Flächeninanspruchnahme nicht dem baurechtlichen Bild der bäuerlichen Landwirtschaft. Tierobergrenzen in Anlehnung an die in der Industrieemissionsrichtlinie geregelten Schwellenwerte zur Definition einer industriellen Tätigkeit können hier Abhilfe schaffen.
Der BUND Naturschutz hat 2019 im Klageverfahren gegen die damals beantragten 144.000 Masthähnchenplätze in Eschelbacht Recht bekommen. Im erstinstanzlichen Urteil des Verwaltungsgerichts in München vom 22.3.2019, wurde der Begriff „das Futter“ so ausgelegt, dass die essentiellen anbaufähigen Futterbestandteile erfasst werden müssen. Dieses Verfahren ruht. Der Betreiber hat einen weiteren Bauantrag gestellt, und trotz ausstehender weiterer Klage des BN inzwischen die Anlage mit reduzierter Tierplatzzahl in Betrieb genommen.
Anlage: BUND Naturschutz Vorschlag für Gesetzesänderung (§ 201 BauGB)